Leitsatz (amtlich)
Für die Anfechtung eines Negativbeschlusses verbunden mit dem Antrag auf Feststellung, dass zu diesem Tagesordnungspunkt überhaupt kein Beschluss gefasst wurde, kann ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben sein (hier: Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund).
Normenkette
WEG § 23 Abs. 4, § 26 Abs. 1, § 43
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 20.07.2006; Aktenzeichen 6 T 2073/06) |
AG Fürstenfeldbruck (Aktenzeichen 1 UR II 114/05) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der weiteren Beteiligten wird der Beschluss des LG München II vom 20.7.2006 in der Kostenentscheidung und Geschäftswertfestsetzung (Ziff. 4 und 5) aufgehoben.
II. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München II vom 20.7.2006 zurückgewiesen.
III. Von den Gerichtskosten der ersten Instanz haben die Antragsteller samtverbindlich 1/3 und die weitere Beteiligte 2/3 zu tragen. Darüber hinaus hat die weitere Beteiligte den Antragstellern die Hälfte der ihnen in der ersten Instanz erwachsenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Von den Gerichtskosten der zweiten Instanz haben die Antragsteller samtverbindlich 1/5 und die weitere Beteiligte 4/5 zu tragen. Von den außergerichtlichenKosten der Antragsteller hat die weitere Beteiligte diesen 2/3 zu erstatten.
Im Übrigen findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten in den beiden Rechtszügen nicht statt.
IV. Der Geschäftswert wird wie folgt neu festgesetzt:
1. Der amtsgerichtliche Geschäftswert wird bis zur Teilrücknahme des Beschlussanfechtungsantrags durch den Schriftsatz vom 26.12.2005 auf 19.000 EUR und seit dem auf 16.000 EUR festgesetzt.
2. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird bis zu der in der mündlichen Verhandlung vom 20.7.2006 erfolgten Teilrücknahme der Beschwerde auf 16.000 EUR und danach auf 13.000 EUR festgesetzt.
V. Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die weitere Beteiligte zu tragen.
VI. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 13.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten (S.-GmbH) verwaltet wird. Hinsichtlich der Verwaltung kam es zu Streitigkeiten zwischen den Eigentümern und der Verwalterin. Am 2.11.2005 fand eine Eigentümerversammlung statt, die von einem Geschäftsführer der Verwalterin, Herrn S., geleitet wurde. Die Beschlussfähigkeit der Versammlung wurde von ihm festgestellt. Im Protokoll der Eigentümerversammlung, welches nur von Herrn S. unterschrieben ist, weil im Übrigen die Unterschriften verweigert wurden, ist Folgendes festgehalten:
Tagesordnungspunkt (TOP) 3:
(...) Sodann beraten die Wohnungseigentümer in der Zeit von 20.40 Uhr bis 21.00 Uhr ohne Mitwirkung der S.-GmbH über ihr weiteres Vorgehen. Nach Beendigung dieser Beratung stellt Herr S. folgenden Antrag:
Die Eigentümergemeinschaft möge beschließen:
Die S.-GmbH wird mit sofortiger Wirkung als Verwalterin abberufen.
Für den Antrag: keine Stimme
Gegen den Antrag: keine Stimme
Enthaltungen: keine Stimme
Der Antrag ist damit abgelehnt. (...)
Tatsächlich wurden zu diesem (ersten) unter TOP 3 aufgeführten Beschlussantrag weder Ja- noch Nein-Stimmen abgegeben. Sämtliche vertretenen Eigentümer haben sich der Stimme enthalten.
Die Antragsteller haben beim AG beantragt, den ersten unter TOP 3 festgehaltenen Beschluss für ungültig zu erklären und festzustellen, dass in dieser Versammlung kein Sachbeschluss dazu gefasst wurde, dass die Verwalterin sofort abberufen werde. Weiter haben die Antragsteller beantragt, die Verwalterin zu verpflichten, eine ordnungsgemäße Niederschrift über die Eigentümerversammlung vom 2.11.2005 zu fertigen. Zudem haben sie eine gerichtliche Anweisung an die Verwalterin für zukünftige Fälle über die ordnungsgemäße Erstellung eines Protokolls beantragt. Hinsichtlich eines weiteren Tagesordnungspunkts (TOP 11) haben sie ihre Anträge zurückgenommen. Das AG hat mit Beschluss vom 17.3.2006 den Antrag auf Ungültigerklärung des ersten unter TOP 3 gefassten Beschlusses wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig und die Anträge im Übrigen als unbegründet abgewiesen sowie den Antragstellern samtverbindlich die Gerichtskosten auferlegt. Den Geschäftswert hat es auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gegen diese Entscheidung haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. In der mündlichen Verhandlung haben sie ihre Anträge, soweit sie nicht den unter TOP 3 verkündeten Beschluss betrafen, zurückgenommen. Das LG hat in seiner Entscheidung vom 20.7.2006 den Beschluss des AG aufgehoben, den ersten Beschluss der Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 2.11.2005 zu TOP 3 für ungültig erklärt und festgestellt, dass zu diesem Tagesordnungspunkt kein Beschluss der Wohnungseigentümer ergangen ist. Den Geschäftswert hat es für Amts- und LG hinsichtlich des Antrags zu TOP 3 auf 26.094,90 EUR und für die zurückgenommenen Anträge mit jeweils rund 3.000 EUR festgesetzt. Di...