Leitsatz (amtlich)

Zur Beiordnung eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten für die Vollstreckung eines Unterhaltstitels durch Eintragung einer Zwangshypothek.

 

Normenkette

FamFG § 78 Abs. 2; ZPO § 121 Abs. 2, § 867 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Neu-Ulm (Beschluss vom 12.10.2016)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des AG Neu-Ulm - Grundbuchamt - vom 12.10.2016 in Ziff. 2 (Zurückweisung des Antrags auf Anwaltsbeiordnung für das Betreiben der Zwangsvollstreckung durch Eintragung einer Zwangshypothek) aufgehoben.

II. Der Beteiligten wird im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe für die Eintragung der Zwangshypothek gemäß Antrag vom 27.9.2016

Rechtsanwältin H. S.,...

beigeordnet.

 

Gründe

I. Über ihre Verfahrensbevollmächtigte beantragte die Beteiligte als Gläubigerin einer in drei Versäumnisbeschlüssen titulierten Unterhaltsforderung beim Grundbuchamt die Eintragung einer Zwangshypothek in den Grundbesitz des Schuldners. Zugleich ersuchte sie um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung. Das Grundbuchamt nahm die Eintragung vor und bewilligte mit Beschluss vom 12.10.2016 mit Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten Verfahrenskostenhilfe, versagte jedoch die Anwaltsbeiordnung als nicht erforderlich. Gegen die ablehnende Entscheidung richtet sich die Beteiligte mit der Beschwerde, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat. Die Berechnung der Vollstreckungsforderung sei anhand der bezifferten Titel unschwer möglich; es könne davon ausgegangen werden, dass die Beteiligte als selbständige Gewerbetreibende fähig sei, den Eintragungsantrag zu Protokoll der Geschäftsstelle des Grundbuchamts zu stellen.

II. Die gemäß § 76 Abs. 2 FamFG, § 567 Abs. 1, § 127 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde, über die nach § 76 Abs. 2 FamFG, § 568 Satz 1 ZPO die Einzelrichterin des Senats entscheidet, hat in der Sache Erfolg.

Zum Anspruch der bedürftigen Partei auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gehört nach § 78 Abs. 2 FamFG die Beiordnung eines Rechtsanwalts in den Fällen, in denen eine anwaltliche Vertretung wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage zur sachgerechten Rechtsdurchsetzung erforderlich erscheint. Da diese Voraussetzung erfüllt ist und die mandatierte Anwältin auch tatsächlich im Verfahren tätig geworden ist, ist die Beiordnung trotz zwischenzeitlicher Beendigung des Eintragungsverfahrens nachträglich vorzunehmen (Zempel/Völker in Prütting/Gehrlein ZPO 8. Aufl. § 121 Rn. 6).

Für das Verfahren auf Eintragung einer Zwangshypothek (§ 867 Abs. 1 ZPO) kommt bei bewilligter Verfahrenskostenhilfe schon deshalb regelmäßig auch die Anwaltsbeiordnung in Betracht, weil die maßgebliche Rechtsmaterie für den juristischen Laien regelmäßig nicht ohne weiteres, erst recht nicht in angemessener Zeit, zu durchdringen ist. Die Doppelnatur der Eintragung als Maßnahme der Zwangsvollstreckung und zugleich als verfahrensrechtliches Grundbuchgeschäft erfordert die Beachtung zivilprozessualer und grundbuchrechtlicher Vorschriften (vgl. Senat vom 2.10.2015, 34 Wx 294/15 = Rpfleger 2016, 222; Zöller/Stöber ZPO 31. Aufl. § 867 Rn. 1 m.w.N.; Demharter GBO 30. Aufl. Anhang zu § 44 Rn. 68, 69). Dem juristisch nicht einschlägig vorgebildeten Unterhaltsgläubiger muss in dieser verfahrensrechtlich komplexen Situation schon mit Blick auf die Art der titulierten Forderung eine zügige Rechtsdurchsetzung unter Zuhilfenahme anwaltlicher Unterstützung zugestanden werden (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 2011, 128; MüKo/Wache ZPO 5. Aufl. § 121 Rn. 10).

Nach den maßgeblichen konkreten Umständen des Einzelfalls (vgl. BGH FamRZ 2010, 288; Senat vom 13.9.2013, 34 Wx 358/13 = NJW-RR 2014, 84; Zöller/Geimer § 121 Rn. 7) kann zudem eine - aus der Sicht eines juristischen Laien - einfache Sachlage nicht angenommen werden. Die Höhe der zu beantragenden Zwangshypothek erschloss sich nicht ohne weiteres durch einfache Rechenoperation aus den drei Vollstreckungstiteln. Weil ein Titel den monatlich laufend fällig werdenden Unterhalt betrifft, war zuvor die Höhe des vollstreckbaren Betrags nach Maßgabe des § 751 Abs. 1 ZPO zu ermitteln. Dieser Umstand bedingte auch ausweislich der Akte Nachfragen des Grundbuchamts und Abklärungsbedarf. Dass die Beteiligte als selbständig tätige Floristin über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen würde, um die Immobiliarvollstreckung aus Unterhaltstiteln ohne anwaltliche Hilfe zu betreiben, kann ohne konkrete Anhaltspunkte, die hier fehlen, nicht angenommen werden.

Da ein bemittelter Gläubiger in einer vergleichbaren Situation vernünftigerweise ebenfalls auf anwaltliche Hilfe zurückgreifen würde, ist die von der Beteiligten ausgewählte und zur Vertretung bereite Rechtsanwältin antragsgemäß beizuordnen (vgl. BVerfG NJW 2011, 2039).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Fundstellen

Haufe-Index 10022176

FamRZ 2017, 747

FuR 2018, 207

Rpfleger 2017, 220

AGS 2018, 424

RVGreport 2017, 114

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge