Leitsatz (amtlich)
Die vom Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in seiner Funktion als Vertretungsorgan erteilte Notarvollmacht zur Vertretung der Gesellschaft erlischt mit Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen des Gesellschafters.
Normenkette
BGB §§ 714, 727 Abs. 2 S. 3, § 728 Abs. 2 S. 1, § 728 S. 2, § 730 Abs. 2 S. 1, § 730 S. 2; InsO §§ 35, 80 Abs. 1, § 117 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird die Zwischenverfügung des AG Neu-Ulm - Grundbuchamt - vom 17.1.2017 unter Einschluss der vorausgegangenen Zwischenverfügung vom 31.3.2016 dahingehend abgeändert, dass das Eintragungshindernis (fehlende Vollmacht des Notars bei Erklärung der Bewilligung gemäß Urkunde vom 17.9.2015 - URNr. X XXX/XXX) behoben werden kann durch Vorlage folgender Erklärungen, jeweils in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO: 1. Genehmigungserklärung des Insolvenzverwalters über das Vermögen der XXX, Rechtsanwalt XXX, XXXX, XXX XXX, zur Bewilligung vom 17.9.2015 - URNr. X XXX/XXX -
oder (alternativ zu 1.) 2. a. vorbehaltlose, uneingeschränkte Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters über das Vermögen der XXX - Rechtsanwalt XXX, XXX, XXX - betreffend den Gesellschaftsanteil der Insolvenzschuldnerin XXX an der XXX X XXX, XXX X, XXX XXX, gerichtet an die Insolvenzschuldnerin XXX und (kumulativ zu 2. a.) 2. b. Nachweis des Zugangs der unter 2. a. bezeichneten Freigabeerklärung bei der Insolvenzschuldnerin, der geführt werden kann durch aa. Bevollmächtigung des Notars zur Entgegennahme der Freigabeerklärung gemäß Ziff. 2. a. durch die Insolvenzschuldnerin in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO und (kumulativ zu 2. b. aa.) bb. Eigenurkunde des Notars über den erfolgten Zugang sowie (kumulativ zu 2. a. und b.) 2. c. Genehmigungserklärung der XXX (haftungsbeschränkt), vertreten durch den Geschäftsführer XXX, XXX, XXX XXX, zur Bewilligung vom 17.9.2015 - URNr. X XXX/XXX -. Frist zur Vorlage wird gesetzt bis: XX. Juni XXXX. Das AG Neu-Ulm - Grundbuchamt - wird ermächtigt, diese Frist nach eigenem Ermessen zu verlängern.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Beteiligten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Beschwerdeverfahrens, soweit es ohne Erfolg geblieben ist.
IV. Insoweit wird der Geschäftswert des Verfahrens auf 5.000 EUR festgesetzt.
V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Im Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch sind als Eigentümerin eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung X. X XXX, die Beteiligte zu 1, und als deren Gesellschafterinnen die X. X. XXX sowie die X. XXX- und XXX eingetragen. Zu notarieller Urkunde vom 7.4.2015 verkaufte die XXX unter Mitwirkung ihrer durch die jeweiligen Geschäftsführer handelnden Gesellschafterinnen das Wohnungs- und Teileigentum an den Beteiligten zu 2. Zur zugleich beurkundeten Auflassung erklärten die Beteiligten (Ziff. III.1. der Urkunde):
Die Vertragsteile sind sich über den vereinbarten Eigentumsübergang einig. Diese Einigung enthält keine Bewilligung und keinen Eintragungsantrag; die Beteiligten verzichten auf ein eigenes Bewilligungs- und Antragsrecht. Diese Erklärungen werden ausdrücklich nicht in diese Urkunde aufgenommen, auch wenn die vorstehende Auflassung unbedingt erklärt ist. Die Beteiligten bevollmächtigen vielmehr den Notar, in einer Eigenurkunde die Bewilligung für die Beteiligten und den Antrag im Namen des Käufers zum Vollzug der Rechtsänderung gegenüber dem Grundbuchamt abzugeben.
Nach Eintragung der bewilligten Vormerkung zur Sicherung des Eigentumsübertragungsanspruchs am 21.4.2015 wurde am Anteil der X. X. XXX auf gerichtliche Ersuchen am 21.5.2015 vermerkt, dass Verfügungen des Eigentümers der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters bedürfen, und am 19.8.2015, dass das Insolvenzverfahren eröffnet ist (Zweite Abteilung, laufende Nrn. X und X).
Am 18.9.2015 beantragte der Urkundsnotar namens des Erwerbers die Eintragung - unter anderem - der Auflassung unter Löschung der Vermerke zur (vorläufigen) Insolvenz. Hierzu legte er die Eigenurkunde vom 17.9.2015 vor, in welcher er den Vollzug der Auflassung unter Bezugnahme auf die ihm erteilte Vollmacht bewilligte. In rechtlicher Hinsicht führte er aus, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschafterin einer XXX lasse die Verfügungsbefugnis der XXX unberührt. Die Mitwirkung des Insolvenzverwalters sei daher nicht erforderlich. Bei Erklärung der Auflassung (und Erteilung der Notarvollmacht) sei die XXX wirksam vertreten gewesen. Die dem Notar erteilte Vollmacht sei weiterhin gültig. Selbst bei einem Gesellschafterwechsel durch Anteilserwerb trete der neue Gesellschafter in alle Rechte und Pflichten des ausscheidenden Gesellschafters ein; erteilte Vollmachten bestünden unabhängig vom Wechsel fort. Nichts anderes könne gelten, wenn ein Gesellschafter lediglich die Verfügungsbefugnis über seinen Gesellschaftsanteil verliere.
Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 31.3.2016 hat das Grundbuch...