Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz, Unterlassung, Auskunft, Erinnerung, Kostenentscheidung, Gegenstandswert, Auslegung, Vorabentscheidung, Rechnungslegung, Sicherheitsleistung, Leistung, Zahlung, Teilurteil, Kostenrechnung, Auskunft und Rechnungslegung, Sinn und Zweck, erste Instanz

 

Tenor

Die Schlusskostenrechnung des Oberlandesgerichts München vom 07.06.2021 (Rechnungsnr. ...487) wird dahingehend abgeändert, dass anstelle der 4,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 1220 KV-GKG in Höhe von 50.144,00 EUR, eine 2,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 1222 KV-GKG in Höhe von 25.072,00 EUR festgesetzt wird.

 

Gründe

I. Mit ihrer Klage vor dem Landgericht München I (Az. 21 O 3891/19) nahm die Klägerin die Beklagte wegen Patentverletzung in Anspruch.

Mit Urteil des Landgerichts vom 30.10.2020 wurde die Beklagte antragsgemäß zur Auskunft (Tenor I.1), Rechnungslegung (Tenor I.2) und Unterlassung (Tenor I.3) verurteilt. Weiter wurde die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz festgestellt (Tenor II). Das Urteil wurde für die Klägerin jeweils gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung von 1.800.000,00 EUR für Ziff. I1 (Auskunft) und I.2 (Rechnungslegung) sowie von 18.000.000,00 EUR für Ziff. I.3 (Unterlassung) und im Übrigen in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Die Beklagte legte gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 30.10.2020 form- und fristgerecht Berufung ein, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt, vorab beantragte sie eine Höherfestsetzung der Sicherheitsleistung.

Das Oberlandesgericht München als Berufungsgericht entsprach mit Teilurteil vom 17.12.2020 (Az. 6 U 6389/20 Kart) unter Zurückweisung im Übrigen teilweise dem Antrag der Beklagten auf Erhöhung der Vollstreckungssicherheit gemäß § 718 Abs. 1 S.1 ZPO, indem die Sicherheitsleistung für Ziff. I.3. (Unterlassung) auf 1.637.000.000,00 EUR und für Ziff. I.1 (Auskunft) und Ziff. I.2. (Rechnungslegung) einheitlich auf 11.000.000,00 EUR angehoben wurde. Die Kostenentscheidung blieb der Endentscheidung vorbehalten.

Im weiteren Verlauf kam es zu einer außergerichtlichen Einigung der Parteien in deren Folge die Klage durch die Klagepartei mit Schriftsatz vom 01.06.2021 und mit Zustimmung der Beklagtenpartei zurückgenommen wurde. Kostenanträge wurden nicht gestellt.

Durch Kostenrechnung des Oberlandesgerichts München vom 07.06.2021 wurden ausgehend von einem Gegenstandswert von 3.000.000,00 EUR eine 4,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 1220 KV-GKG in Höhe von 50.144,00 EUR gegen die Beklagte und Berufungsklägerin festgesetzt.

Gegen die Kostenrechnung legte die Beklagte und Berufungsklägerin mit Schriftsatz vom 01.07.2021 Erinnerung ein unter Hinweis auf die Senatsrechtsprechung (OLG München, 13.02.2003 - 11 W 662/03) und mit dem Antrag, die Gerichtsgebühren nach Nr. 1222 KV GKG wegen der Klagerücknahme auf 2,0 zu reduzieren.

Die Bezirksrevisorin bei dem Oberlandesgericht München nahm mit Schreiben vom 10.08.2021 als Vertreterin der Staatskasse zur Erinnerung Stellung und hielt die Gerichtskostenerinnerung für unbegründet. Die zitierte Senatsrechtsprechung sei noch zur alten Rechtslage ergangen und nicht mehr anwendbar. Nach dem Wortlaut der Nr. 1222 KV GKG komme nach Erlass eines Teilurteils eine Gebührenermäßigung auch nach vollständiger Klagerücknahme nicht mehr in Betracht.

Der Gerichtskostenerinnerung der Beklagtenpartei half die Kostenbeamtin nicht ab und legte die Akten dem Senat zur Entscheidung vor.

II. Die gemäß § 66 Abs. 1 GKG zulässige Erinnerung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

1. Entgegen der Auffassung der Kostenbeamtin und der Bezirksrevisorin schließt der Erlass eines Teilurteils zur Höhe der Vollstreckungssicherheit nach § 718 Abs. 1 ZPO bei nachfolgend erfolgter vollständiger Klagerücknahme im Berufungsverfahren die Annahme einer Gebührenermäßigung von 4,0 auf 2,0 nach Nr. 1222 KV-GKG nicht aus.

a) Diese Frage wird in der Literatur nicht einheitlich beantwortet. Während ein gewichtiger Teil der Kommentarliteratur (DörndorferBeckOK Kostenrecht, 34. Edition, Stand 01.07.2021, zu GKG KV 1222 Rn. 9; Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, Teil 1: Gerichtskostengesetz (GKG) KV GKG Nr. 1222 Rn. 57) eine Gebührenermäßigung in diesem Fall verneint, bejaht ein anderer Teil (BDZ/Zimmermann, 5. Aufl. 2021, GKG KV 1222 Rn. 12) die Anwendbarkeit der Nr. 1222 KV-GKG unter Verweis auf den Beschluss des OLG München vom 13.02.2003 - 11 W 662/03.

b) Obwohl die Senatsentscheidung vom 13.02.2003 noch zur alten Fassung des Ermäßigungstatbestandes erging, welcher maßgeblich auf die Terminsbestimmung abstellte, hält der Senat die darin enthaltenen Erwägungen auch unter Anwendung des neuen Gebührentatbestandes nach Nr. 1222 KV-GKG, welcher die Gebührenermäßigung davon abhängig macht, dass abgesehen von den in Nr. 1222 Ziff. 2 KV-GKG genannten, privilegierten Urteilsarten, keine Urteile oder Beschlüsse in der Hauptsache ergingen, für weiterhin zutreffend. Das Argument, dass der Gesetzgeber bei Neufass...

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