Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zum Ausschluss unbekannter Gläubiger
Leitsatz (amtlich)
Stehen dem Eigentümer eines mit einem Briefgrundpfandrecht belasteten Grundstücks naheliegende und mit zumutbaren Aufwand zu erschließende, aber ungenutzte Erkenntnisquellen hinsichtlich des Verbleibs des Briefs offen, so ist die Person des Gläubigers nicht schlechthin unbekannt.
Normenkette
BGB § 1116 Abs. 1, §§ 1162, 1170; FamFG §§ 447, 449; GNotKG § 22 Abs. 1; GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 4. Juli 2017 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 155.250 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte ist aufgrund Auflassung vom 22.8.2006 seit 30.6.2011 als Eigentümer der mit dem aufzubietenden Grundpfandrecht belasteten Wohnung im Wohnungseigentumsgrundbuch eingetragen. In der Dritten Abteilung des Grundbuchs ist unter lfd. Nr. 3 seit 15.12.2006 zu seinen Gunsten eine verzinsliche Grundschuld über 155.250 EUR, für die die Erteilung eines Briefs nicht ausgeschlossen ist, unter Bezugnahme auf die notarielle Bewilligungsurkunde vom 10.11.2006 eingetragen.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 8.3.2017 beantragte der Beteiligte wegen dieser Grundschuld die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zum Ausschluss unbekannter Gläubiger. Zur Begründung machte er geltend, er habe die als sofort fälliges Recht bestellte Grundschuld zu unterschriftsbeglaubigter Urkunde (ebenfalls) vom 10.11.2006 an eine Gesellschaft in der Rechtsform einer Limited mit Sitz in Kanada abgetreten und werde nun von einer Gesellschaft in der Rechtsform einer GmbH mit Sitz in Deutschland auf Zahlung in Anspruch genommen. Diese berühme sich der Briefgrundschuld unter Verweis auf eine Abtretungsvereinbarung vom 1.3.2016, nach deren Inhalt die Briefgrundschuld von der ersten Zessionarin an eine unter identischer Adresse in Kanada residierende Gesellschaft in der Rechtsform der Corporation (Namenszusatz: Inc.) und von dieser an die sich als Gläubigerin bezeichnende GmbH jeweils unter Übergabe des Grundschuldbriefs abgetreten worden sei. Der aus Anlass der ersten Abtretung an die Zessionarin verschickte Grundschuldbrief sei jedoch nach den - trotz entsprechender Aufforderung nicht näher erläuterten - Angaben der Anspruchstellerin nicht mehr im Original vorhanden; der Verbleib sei ihm, dem Beteiligten, trotz Nachfragen bei der angeblichen Gläubigerin und deren anwaltlichen Vertreter nicht bekannt.
Zur Glaubhaftmachung legte er vor: eine von ihm abgegebene undatierte eidesstattliche Versicherung des Inhalts, dass ihm nicht bekannt sei, wo sich der Grundschuldbrief befinde, Nachforschungen erfolglos geblieben seien und die Grundschuld nicht in einer zum Neubeginn der Verjährung führenden Weise anerkannt worden sei; Kopien der Grundschuldbestellungsurkunde, der Abtretungserklärungen vom 10.11.2006 und 1.3.2016 und des Grundschuldbriefs vom 18.12.2006; Auszüge aus einer anwaltlich geführten Korrespondenz, nämlich die an die GmbH bzw. deren anwaltliche Vertretung adressierten Schreiben des vom Beteiligten bevollmächtigten Rechtsanwalts vom 20.1.2017 und 30.1.2017 sowie die anwaltlichen Antwortschreiben vom 26.1.2017 und 20.2.2017. Daraus ergibt dass, dass die GmbH unter dem 20.1.2017 aufgefordert wurde, "Ihre behauptete Rechtsstellung nachzuweisen" und zu diesem Zweck eine aktuelle notariell beglaubigte Kopie des Grundschuldbriefs sowie der dazugehörigen Abtretungserklärung zukommen zu lassen. Die behauptete Rechtsstellung wurde im Schreiben dahingehend wiedergegeben, die GmbH (wörtlich: "Ihre Firma") berühme sich einer Briefgrundschuld gegen den Beteiligten und habe zur Herbeiführung einer Löschung der Grundschuld eine "Lösung durch Zahlung eines Vergleichsbetrages vorgeschlagen". Gemäß dem anwaltlichen Antwortschreiben vom 26.1.2017 (Anlage GKZ 8) teilte die Gegenseite mit, die Grundschuldbriefe lägen im Original nicht mehr vor, es könne jedoch eine notarielle Verlustanzeige mit Kraftloserklärung der Grundschuldbriefe erklärt und eine Löschungsbewilligung erteilt werden. Eine diesbezügliche notarielle Regelung einschließlich des Vergleichsbetrags wurde vorgeschlagen. Die unter dem 30.1.2017 angemahnten Nachweise über die Rechtsstellung beantwortete die Gegenseite unter dem 20.2.2017 durch Übersendung einer Kopie über die am 1.3.2016 unterzeichnete und am 14.2.2017 von einem deutschen Notar unterschriftsbeglaubigte Kettenabtretung der gegenständlichen Eigentümerbriefgrundschuld, wonach das Recht von der ersten Zessionarin an eine an identischer Adresse residierende und von derselben Direktorin vertretene sowie dem Namen nach konzernverbundene Gesellschaft abgetreten und von dieser an die GmbH weiterabgetreten werde. Im Vereinbarungstext ist als Erklärung festgehalten, dass der "deutsche Grundpfandbrief, Gruppe ..., mit Unterschrift unter diesen Vertrag im Original übergeben" bzw. "am heutigen Tage der ... (GmbH) übergeben" werde.
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