Entscheidungsstichwort (Thema)
Sicherheitsleistung für urheberrechtliche Geräteabgabe
Leitsatz (amtlich)
Zu Grund und Höhe der nach § 107 Abs. 1 S. 1 VGG gegenüber einer Verwertungsgesellschaft zu leistenden Sicherheit. (Rn. 14 - 33)
Normenkette
UrhG § 54 Abs. 1; VGG Art. 92 Abs. 1 Nr. 2, Art. 107 Abs. 4
Tenor
I. Die Vollziehung des Beschlusses der Schiedsstelle vom 28.07.2022, Az. SchUrh 147/18 SL, wird gemäß § 107 Abs. 4 VGG mit der Maßgabe zugelassen, dass der Antragsgegnerin aufgegeben wird, für die Erfüllung des verfahrensgegenständlichen Anspruchs aus § 54 Abs. 1 UrhG für die von ihr im Zeitraum 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2015 in der Bundesrepublik Deutschland veräußerten oder in Verkehr gebrachten Personal Computer (PC) bis spätestens 31. März 2023 der Antragstellerin in Höhe von EUR 143.730,46 durch eine unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete, schriftliche Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts Sicherheit zu leisten.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf EUR 23.955,08 festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt die Zulassung der Vollziehung einer von der Schiedsstelle nach § 107 Abs. 1 VGG angeordneten Sicherheitsleistung.
Die Antragstellerin ist ein Zusammenschluss der deutschen Verwertungsgesellschaften, die urheberrechtliche Vergütungsansprüche wegen nach § 53 Abs. 1 oder Abs. 2 UrhG erlaubter Vervielfältigungen gemäß § 54 UrhG geltend machen können. Die Antragsgegnerin ist ein im Bereich des Vertriebs von Personal Computern (PCs) tätiges Unternehmen mit Sitz in ... Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2018 beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Schiedsstellenverfahrens gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 2 VGG. Das daraufhin eingeleitete und nach wie vor andauernde Schiedsstellenverfahren wird von der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen Sch-Urh 147/18 geführt. Mit der Einleitung des Schiedsstellenverfahrens beantragte die Antragstellerin darüber hinaus zugleich die Anordnung einer Sicherheitsleistung gemäß § 107 Abs. 1 VGG.
Nachdem die Antragsgegnerin keine Auskünfte erteilt hatte und das Schiedsstellenverfahren nach Ablauf der Jahresfrist gemäß §§ 105 Abs. 1 Satz 1, 128 Abs. 1 Satz 1 VGG nicht beendet war, erhob die Antragstellerin am 2. März 2020 eine isolierte Auskunftsklage zum Oberlandesgericht München. Unter dem Aktenzeichen 6 Sch 12/20 WG erging daraufhin am 2. Juli 2020 ein Versäumnisurteil, das letztlich in Rechtskraft erwuchs. Nach Erlass zweier Zwangsmittelbeschlüsse am 14. Oktober 2020 und 22. Juli 2021 erteilte der Gesellschafter der Antragsgegnerin, Herr ..., mit E-Mail vom 3. August 2021 mit, dass die Antragsgegnerin im Jahr 2015 insgesamt 16.725 PCs in Deutschland in Umlauf gebracht habe, wobei eine pauschale Business-Quote von 50% anzusetzen sei (Anlage BS 5). Auf weitere Nachfrage ergänzte Herr W., dass daneben keine kleinen mobilen PCs und keine professionellen Workstations in Umlauf gebracht worden seien.
Die Antragstellerin vertrat insoweit die Ansicht, dass mangels näherer Nachweise sämtliche von der Antragsgegnerin in Verkehr gebrachte PCs als Verbraucher-PCs zu behandeln seien. Unter Bezugnahme auf zwischen der Antragstellerin, der VG Wort und der VG Bild-Kunst einerseits und dem BITKOM bzw. dem Verband Computerhersteller e. V. (BCH) andererseits geschlossene Gesamtverträge, in welchen ein Vergütungssatz für Verbraucher-PCs in Höhe EUR 13,1875 pro Stück sowie für gewerblich genutzte PCs (Business-PCs) in Höhe von EUR 4,00 pro Stück vereinbart wurde (Anlagen BS 3, BS 4a und BS 4b), berechnete sie daher eine zu zahlende Vergütung in Höhe von EUR 220.560,94. Da die Antragsgegnerin zudem die Melde- und Auskunftspflichten gemäß §§ 54e, 54f UrhG verletzt habe, ist die Antragstellerin der Auffassung, darüber hinaus den doppelten Vergütungssatz verlangen zu können.
Unter dem 15. September 2021 übersandte die Antragstellerin der Antragsgegnerin, die Zahlungsaufforderungen Nr. ZP00524xx und Nr. ZP00524xx in Höhe von jeweils EUR 220.560,94 (Anlage BS 1, Seiten 7 bis 10 des Beschlusses der Schiedsstelle vom 28. Juli 2022). In der Zahlungsaufforderung mit der Nr. ZP0052479 wies die Antragstellerin darauf hin, dass es sich bei dem zu bezahlenden Betrag in Höhe von EUR 220.560,94 um die "Summe Doppelter Vergütungssatz" handele. Dem war zugleich ein Sternchenvermerk mit dem Wortlaut "Doppelter Vergütungssatz gem. § 54e Abs. 2 UrhG i. V.m. 54f Abs. 3 UrhG" beigefügt.
Die Antragsgegnerin leistete daraufhin am 7. Dezember 2021 eine Zahlung in Höhe von EUR 220.560,94, wobei sie im Verwendungszweck auf die Zahlungsaufforderung Nr. ZP00524xx Bezug nahm. Mit E-Mail vom 13. Dezember 2021 bestätigte die Antragstellerin den Eingang der Zahlung vom 7. Dezember 2021. Zugleich wies die Antragstellerin darauf hin, dass es sich um zwei Zahlungsaufforderungen handele, von denen die Zahlung der Rechnung Nr. ZP000524xx nun noch ausstehe. Dara...