Entscheidungsstichwort (Thema)
Inhaltskontrolle eines nach Scheidung vereinbarten Unterhaltsverzichts
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 532 F 5196/03) |
Tenor
Der Beklagten wird für den 2. Rechtszug mit Wirkung ab 16.12.2003 Prozesskostenhilfe bewilligt für ihre Berufungsanträge gemäß Berufungsentwurf vom 15.12.2003.
Zur Wahrung der Rechte wird Rechtsanwalt Sp., München, beigeordnet.
Zugleich wird angeordnet, auf die voraussichtlichen Kosten der Prozessführung (Gerichts- und Rechtsanwaltskosten) aus dem Einkommen monatliche Raten i.H.v. 75 Euro zahlbar am 1. jeden Monats, erstmals am 1.5.2004, an die zuständige Gerichtskasse (Landesjustizkasse) zu zahlen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um nachehelichen Ehegattenunterhalt.
Aus ihrer am 7.3.1986 geschlossenen Ehe sind zwei minderjährige Kinder hervorgegangen: M., geb. 24.3.1988 und S., geb. 8.6.1993, die seit der im Februar 2000 erfolgten Trennung der Parteien bei der Beklagten leben. Die Ehe ist seit dem 24.4.2001 rechtskräftig geschieden (AG München - 532 F 8375/00).
Im Scheidungstermin vom 24.4.2001 haben die Parteien eine Scheidungsvereinbarung abgeschlossen, in der sie u.a. auch den nachehelichen Unterhalt der Beklagten geregelt haben (dort Ziff. 1.2 und 1.3). Hierbei hat sich der Kläger verpflichtet, an die Beklagte monatlich 850 DM (= 434 Euro) Unterhalt zu bezahlen. Basis der Vereinbarung waren prägende Erwerbseinkünfte des Klägers von 4.183,54 DM und solche der Beklagten von 953 DM. Der sich rechnerisch hieraus ergebende Unterhalt von 740 DM wurde vergleichsweise auf 850 DM angehoben, ohne dass sich hieraus eine Verpflichtung des Klägers für künftige Abänderungen ergeben sollte.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 14.10.2002 wurde die Beklagte aufgefordert, hinsichtlich des Ehegattenunterhalts auf ihre Rechte aus dem Titel zu verzichten, da sie nunmehr in einer verfestigten neuen Lebensgemeinschaft lebe (§ 1579 Nr. 7 BGB), sich zudem ihr Einkommen seit Vergleichsschluss erhöht habe. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.10.2002 erklärte die Beklagte daraufhin Verzicht auf nachehelichen Unterhalt, den der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 22.10.2002 annahm.
Nachdem sich die Beklagte am 30.3.2003 wieder von ihrem neuen Partner getrennt hatte, machte sie vorgerichtlich ab 1.5.2003 wiederum Unterhalt in der seinerzeit vereinbarten Höhe geltend. Der Beklagte wandte hiergegen den Unterhaltsverzicht ein, zumindest sei aber eine Abänderung der seinerzeitigen Vereinbarung vorzunehmen. Die Beklagte erziele mittlerweile höhere Einkünfte als im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, lebe mietfrei bei ihrer Mutter, auch für den freiwillig bezahlten Unterhalt i.H.v. 110 DM sei heute kein Raum mehr.
Da die Beklagte hiermit nicht einverstanden war, erhob der Kläger Vollstreckungsgegenklage mit dem Ziel, die Zwangsvollstreckung aus der Vereinbarung zum Ehegattenunterhalt ab 1.5.2003 für unzulässig zu erklären. Hilfsweise beantragte er daneben die Abänderung der vorgenannten Vereinbarung dahin gehend, dass ab 1.11.2002 nachehelicher Ehegattenunterhalt nicht mehr geschuldet sei.
Mit Endurteil vom 12.11.2003 hat das AG - FamG - München der Vollstreckungsabwehrklage vollumfänglich stattgegeben. In der Begründung führt das AG im Wesentlichen aus, die Beklagte habe wirksam vollumfänglich auf nachehelichen Unterhalt verzichtet.
Hiergegen möchte die Beklagte in Abhängigkeit von Bewilligung von Prozesskostenhilfe Berufung einlegen mit dem Ziel der Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung und der Klageabweisung.
Der Beklagten ist Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Berufungsverfahren zu bewilligen, da hierfür hinreichende Erfolgsaussichten bestehen, § 114 ZPO.
1. Zwischen den Parteien ist ein wirksamer und unbedingter Verzicht auf nachehelichen Unterhalt zustandegekommen, § 1585c BGB. Das geltende Recht kennt keinen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten (BGH v. 11.2.2004 - XII ZR 265/02, MDR 2004, 573 = BGHReport 2004, 516).
Dabei ist entgegen der Ansicht der Beklagten nach dem eindeutigen Wortlaut der Verzichtserklärung von einem unbedingten Verzicht auszugehen, der den gesamten Unterhalt betrifft (vgl. Palandt, BGB, § 1585c Rz. 4 ff.). Hierbei war auch nicht das weitere Zusammenleben mit einem neuen Lebenspartner Geschäftsgrundlage des Verzichts. Ein solche Bedingung hätte dann in der Verzichtserklärung zum Ausdruck gebracht werden müssen, was nicht geschah.
2. Ob diese vom gesetzlichen Scheidungsfolgenrecht abweichende Verzichtsvereinbarung zulässig ist oder aber zu Lasten der Beklagten hierdurch eine unbillige einseitige Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für sie unzumutbar erscheint, ist nach der neueren BGH-Rechtsprechung im Wege der Inhaltskontrolle zu überprüfen (vgl. BGH v. 11.2.2004 - XII ZR 265/02, MDR 2004, 573 = BGHReport 2004, 516).
a) Bedenken gegen die Wirksamkeit des Unterhaltsverzichts im Hinblick auf § 138 BGB bestehen nicht.
Die Beklagte war im Zeitpunkt ihres Verzichts berufstätig, verfügte...