Leitsatz (amtlich)

Ein Miteigentümer eines Grundstücks kann einen ideellen Bruchteil seines Grundstücksanteils nicht mit einer Eigentumsvormerkung belasten. Dies gilt auch dann, wenn hinsichtlich eines Bruchteils schon eine Eigentumsvormerkung eingetragen ist und nach Zuerwerb eine weitere Eigentumsvormerkung für einen Dritten allein hinsichtlich des hinzuerworbenen Grundstücksanteils beantragt wird (Abgrenzung zu BayObLGZ 2005, 285).

 

Normenkette

BGB §§ 883, 1008-1009; GBO § 28

 

Verfahrensgang

AG München - Grundbuchamt (Beschluss vom 01.02.2012)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 15.11.2012; Aktenzeichen V ZB 99/12)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des AG München - Grundbuchamt - vom 1.2.2012 insoweit aufgehoben, als der Antrag auf Vollzug der Auflassung des Beteiligten zu 1 an die Beteiligte zu 3 und die Eintragung einer Vormerkung für den Beteiligten zu 1 zurückgewiesen wurde. Insofern wird das AG München - Grundbuchamt - angewiesen, die beantragte Eintragung vorzunehmen.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

III. Die Beteiligten tragen die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aus einem Geschäftswert von 120.000 EUR.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird, soweit die Beschwerde zurückgewiesen wurde, zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 und 2, zu je 1/2 Miteigentümer eines Grundstücks, sind die Eltern der Beteiligten zu 3. Dieser überließen sie mit notarieller Urkunde vom 12.12.2011 je einen Miteigentumsanteil von 4/10 an dem Grundstück und erklärten die Auflassung. In Ziff. VI. der Urkunde vereinbarten sie mit der Beteiligten zu 3 ein Rückforderungsrecht dergestalt, dass beide Elternteile unabhängig voneinander unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt sein sollten, die Rückübereignung des jeweiligen Miteigentumsanteils zu verlangen. Zur Sicherung des jeweils begründeten bedingten Übereignungsanspruchs der Beteiligten zu 1 und 2 wurde die Eintragung je einer Auflassungsvormerkung hinsichtlich des jeweiligen 4/10 Anteils im Gleichrang untereinander bewilligt.

Mit Schreiben vom 23.12.2011 hat der Notar hilfsweise beantragt, die Urkunde in der Weise zu vollziehen, dass zunächst nur die Überlassung des dem Beteiligten zu 1 zustehenden Bruchteils an die Beteiligte zu 3 mit der Eigentumsvormerkung für diesen eingetragen werden solle und anschließend dann die Überlassung durch die Beteiligte zu 2 samt Rückauflassungsvormerkung.

Das Grundbuchamt hat diese Eintragungsanträge mit Beschluss vom 1.2.2012 zurückgewiesen, da eine Belastung ideeller Bruchteile bei Eigentumsvormerkungen nicht möglich sei, sondern - bei gemeinsamer Eintragung - nur der gesamte neu gebildete Anteil belastet werden könne. Bei einem Teilvollzug sei zwar die Vormerkung hinsichtlich eines Bruchteils für den zuerst übertragenen Anteil eintragbar. Nach Eintragung der Übertragung des zweiten Bruchteils sei aber nur der gesamte, dann bestehende Miteigentumsanteil der Beteiligten zu 3 mit der Vormerkung zu belasten.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beteiligten im notariellen Beschwerdeschreiben vom 6.2.2012. Die Beteiligte zu 3 würde die Miteigentumsanteile schon belastet erwerben, so dass die Rückauflassungsvormerkung auch nur hinsichtlich des Bruchteils einzutragen sei.

Der Beschwerde hat das AG am 21.2.2012 nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde ist nach §§ 11 Abs. 1 RpflG i.V.m. § 71 Abs. 1, § 73 GBO statthaft und vom Notar namens aller drei Beteiligten als Antragsberechtigten - wenn auch nicht namentlich bezeichnet (vgl. Demharter, GBO, 28. Aufl., § 15 Rz. 20) - in zulässiger Weise eingelegt (§ 15 Abs. 2 GBO).

1. Soweit mit der Beschwerde der ursprüngliche Antrag auf gleichzeitigen Vollzug der Auflassungen und Vormerkungen verfolgt wird, hat diese keinen Erfolg; denn durch Übertragung des jeweiligen 4/10-Miteigentumsanteils an die Beteiligte zu 3 entsteht bei dieser ein einheitlicher Miteigentumsanteil zu 8/10, von dem nicht ein nur ideeller Bruchteil mit einer Rückauflassungsvormerkung gesichert werden kann.

a) Ob der Eigentümer einen Bruchteil seines Grundstücksanteils mit einer Eigentumsvormerkung belasten darf, ist im Gesetz nicht geregelt. §§ 1095, 1106, 1114 BGB bestimmen für das dingliche Vorkaufsrecht, die Reallast und die Hypothek, dass die Belastung eines Bruchteils nur möglich ist, wenn er in dem Anteil eines Miteigentümers besteht. Bei weiteren Grundstücksrechten, bei denen, ebenso wie für die Vormerkung als einem mit dinglicher Wirkung ausgestaltetem Sicherungsmittel eigener Art (Palandt/Bassenge, BGB, 71. Aufl. § 883 Rz. 2), eine gesetzliche Regelung fehlt, wird die Frage, ob die Belastung eines ideellen Anteils des Eigentums möglich ist, unterschiedlich beantwortet. Für (Grund-) Dienstbarkeiten (vgl. BGHZ 36, 187/189) oder das Erbbaurecht (vgl. Palandt/Bassenge § 1 ErbbRG § 1 Rz. 1) wird sie in der Regel verneint, während beim Nießbrauch die Belastung eines ideellen Anteils durch den Alleineigentümer für zulässig erachtet wird (BayObLGZ 1930, 342). In Rechtsprechung und Literatur wird im Üb...

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