Leitsatz (amtlich)
1. Der Vollstreckungsgegenantrag in Wohnungseigentumssachen ist dem Erkenntnisverfahren zugehörig. Demgemäß ist im Beschwerderechtszug originär die Kammer und nicht der Einzelrichter zuständig.
2. Zur Auslegung eines Titels, der zur Entfernung eines "zwischen" zwei Garagenstellplätzen angebrachten Gitters verpflichtet.
Normenkette
BGB § 1004; ZPO § 767; WEG § 45 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Kempten (Beschluss vom 24.05.2007; Aktenzeichen 41 T 2035/06) |
AG Kempten (Aktenzeichen 5 UR II 46/06) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Kempten (Allgäu) vom 24.5.2007 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG Kempten (Allgäu) zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner, ein Ehepaar, sind oder waren Teileigentümer einer Tiefgarage. Der Antragstellerin gehört das Sondereigentum an zwei Stellplätzen mit den Nrn. 1 und 2. Der Eigentumsübergang wurde am 11.1.2006 im Grundbuch eingetragen. Den Antragsgegnern gehörte das Sondereigentum an dem neben dem Stellplatz Nr. 2 gelegenen Stellplatz Nr. 3, das inzwischen veräußert ist. Die Antragstellerin hatte vor ihrem Eigentumserwerb im Grenzbereich zwischen den beiden Tiefgaragenstellplätzen Nr. 2 und Nr. 3 ein Metallgitter errichtet.
Im Vorverfahren wurde der Rechtsvorgänger der Antragstellerin mit Beschluss des AG vom 17.11.2005 u.a. dazu verpflichtet, das in der Tiefgarage zwischen den Stellplätzen Nr. 2 und Nr. 3 befindliche Gitter zu entfernen. Den Antragsgegnern wurde eine vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses mit Rechtsnachfolgeklausel für den im Beschluss bezeichneten Schuldner, also nun lautend auf die Antragstellerin als Schuldnerin, erteilt.
Nachdem das ursprünglich angebrachte Trenngitter entfernt worden war, hat die Antragstellerin erneut ein Trenngitter, diesmal um einige Zentimeter in Richtung ihres Stellplatzes Nr. 2 versetzt und möglicherweise auf dessen Fläche, angebracht.
Die Antragsgegner betreiben gegen die Antragstellerin die Zwangsvollstreckung aus dem umgeschriebenen Beschluss.
Die Antragstellerin hat am 4.7.2006 beim AG beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss vom 17.11.2005 für unzulässig zu erklären. Das AG hat ohne mündliche Verhandlung mit Beschluss vom 30.8.2006 den Antrag abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat die Beschwerdekammer des LG durch ihre Einzelrichterin mit Beschluss vom 24.5.2007, ebenfalls ohne mündliche Verhandlung, zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
II. Verfahrens- und materiellrechtlich ist das bis 30.6.2007 geltende Wohnungseigentumsgesetz anzuwenden (vgl. § 62 Abs. 1 WEG n.F.; Elzer WuM 2007, 295/305).
Das zulässige Rechtsmittel gegen die entgegen § 16 Abs. 2 FGG formlos übersandte Entscheidung des Beschwerdegerichts (§ 45 Abs. 1 WEG, § 29 Abs. 1, 2 und 4, § 22 Abs. 1 FGG) hat bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen Erfolg.
1. Zuständig für Entscheidungen über sofortige Beschwerden in Wohnungseigentumssachen, zu denen der Vollstreckungsgegenantrag als dem Erkenntnisverfahren zugehörig rechnet (§ 45 Abs. 3 WEG, § 767 ZPO analog; vgl. BayObLG ZMR 1999, 183; OLG Düsseldorf v. 16.5.1997 - 3 Wx 211/97, OLGReport Düsseldorf 1997, 281 = NJW-RR 1997, 1235; Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 45 WEG Rz. 8), sind die LG (§ 19 Abs. 2 FGG), und in diesen funktionell eine Zivilkammer (§ 30 Abs. 1 FGG). Ob die Kammer in voller Besetzung oder durch ihren Einzelrichter entscheidet, richtet sich gem. § 30 Abs. 1 Satz 3 FGG nach § 526 ZPO. Hiernach ist der Einzelrichter der Kammer als Beschwerdegericht nur zuständig, wenn ihm die Kammer durch Beschluss die Sache zur Entscheidung überträgt. Dies ist unterblieben, weil die Kammer die Sache fehlerhaft dem originären Einzelrichter gem. § 45 Abs. 3 WEG, § 568 ZPO zugeordnet hat.
Dadurch ist gegen den gesetzlichen Richter verstoßen (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), was einen zwingenden Aufhebungsgrund bildet (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, §§ 546, 547 Nr. 1 ZPO).
2. Überdies leidet das Verfahren an dem weiteren Mangel der unterbliebenen mündlichen Verhandlung (§ 44 Abs. 1 WEG). Die mündliche Verhandlung dient der Herbeiführung einer gütlichen Einigung, daneben der Sachverhaltsaufklärung und der Gewährung rechtlichen Gehörs. Die mündliche Verhandlung ist grundsätzlich auch in der Beschwerdeinstanz durchzuführen. Sie bildet den Normalfall. Nur dann, wenn die hiermit verfolgten Absichten, also gütliche Einigung und Sachaufklärung, ohnehin nicht erreicht werden können und die Gewährung rechtlichen Gehörs anderweitig sichergestellt ist, kann das Gericht im Einzelfall auf deren Durchführung verzichten. Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles ist zu begründen (vgl. KK-WEG/Abramenko § 44 Rz. 2 und 5 m.w.N.). Die mündliche Verhandlung ist, wohl wegen der fehlerh...