Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung für eine Präimplantationsdiagnostik bei Vorliegen einer schweren Erbkrankheit
Leitsatz (amtlich)
Private Krankenversicherung: Zur Frage der Erstattung von Kosten für eine Präimplantationsdiagnostik (PID) bei Vorliegen einer schweren Erbkrankheit.
Normenkette
SGB V § 27 Abs. 1, § 27a; ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 13.06.2018; Aktenzeichen 26 O 12775/17) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 13.06.2018, Aktenzeichen 26 O 12775/17, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Parteien streiten um die Kostenerstattungspflicht für Maßnahmen der Fortpflanzungsmedizin in der privaten Krankenversicherung. Das Landgericht hat der Klägerin zwar einen Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine IVF-Behandlung zuerkannt, nicht aber für die Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik (PID) verbunden mit einer ICSI-Behandlung. Gegen diesen klageabweisenden Teil des Urteils richtet sich die Berufung der Klägerin.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 13.06.2018, Aktenzeichen 26 O 12775/17, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 12.09.2018 (Bl. 136/142 d.A.) Bezug genommen.
Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung vom 27.09.2018 (Bl. 143/147 d.A.) geben zu einer Änderung keinen Anlass.
1. Klarstellend wird zunächst darauf hingewiesen, dass der Senat im vorangegangenen Hinweis lediglich offen gelassen hat, ob er an seiner Auffassung festhält, dass die bloße Trägerschaft eines vererblichen Gendefekts - anders als eine körperlich bedingte Unfruchtbarkeit - schon keine Krankheit im Sinne der üblichen Tarifbedingungen, wie sie nach der Rechtsprechung auszulegen sind, darstellt; er hat dort nicht zum Ausdruck gebracht, dass er nun der Gegenauffassung zuneigt. Eine Krankheit im Sinne eines anomalen, regelwidrigen Körperzustands bereits darin zu sehen, dass eine versicherte Person durch ihre genetische Disposition ein erhöhtes Risiko zur Hervorbringung von Nachkommen aufweist, die die Veranlagung für eine (schwerwiegende) Erbkrankheit besitzen, erscheint problematisch. Auf diese Frage kommt es, wie im Hinweis dargelegt, aber nicht entscheidungserheblich an, da jedenfalls keine Heilbehandlung einer Krankheit der Klägerin vorliegt.
2. Mit der Bezugnahme auf Ausführungen des Bundessozialgerichts zur Problematik von Leistungsansprüchen für eine PID in der gesetzlichen Krankenversicherung in dessen Urteil vom 18.12.2014, BSGE 117, 212, (vgl. Hinweis unter Ziffer 3. a), Seite 4) wurden vom Senat weder die GKV-Regelungen als Leitbild für den Versicherungsfall in der privaten Krankenversicherung herangezogen noch die unterschiedlichen Regelungen zu den Leistungsvoraussetzungen in den beiden Systemen verkannt. In den in Bezug genommenen Randnummern 14 und 15 (bei juris) befasst sich das Bundessozialgericht ausdrücklich mit einem etwaigen Anspruch des dortigen, an der auf einem Gendefekt beruhenden Krankheit CADASIL leidenden Klägers auf Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V und nicht mit einem etwaigen Anspruch auf Rechtsgrundlage des § 27a SGB V als Gegenstand der künstlichen Befruchtung - Letzteres wird erst nachfolgend ab Randnummer 17 erörtert. Nur hinsichtlich der Erwägungen zur Krankenbehandlung hält der Senat eine parallele Bewertung aus den bereits dargestellten Gründen für angezeigt, da sich insoweit die je maßgeblichen Definitionen nicht in erheblicher Weise unterscheiden. Insofern hat das Bundessozialgericht in Randnummer 14 insbesondere ausgeführt, dass zur Krankenbehandlung auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit gehörten, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war, und im Weiteren (Randnummer 15), dass durch die PID-IVF-Behandlung beim dortigen, an CADASIL leidenden Kläger keine Funktionsbeeinträchtigung erkannt, geheilt, gelindert oder ihre Verschlimmerung verhütet werden sollte und die PID-IVF auch keine Leistung zur Herstellung der Zeugungsfähigkeit sei. In der privaten Krankenversicherung zählt in vergleichbarer Weise zum Krankheitsbegriff unter anderem auch eine auf körperlichen Ursachen beruhende Unfähigkeit, auf natürlichem Wege Kinder...