Entscheidungsstichwort (Thema)

Erinnerung. Pflichtverteidigergebühren. Längenzuschlag. Dauer der Hauptverhandlung. Mittagspause

 

Normenkette

VV-RVG Nr. 4122; RVG § 56 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; VV-RVG Nr. 4123

 

Tenor

  • I.

    Die Erinnerung des Rechtsanwalts Wolfgang H. gegen den Festsetzungsbeschluss des Oberlandesgerichts München vom 7. Juni 2017 wird als unbegründet verworfen.

  • II.

    Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

1. Der Senat hat Rechtsanwalt H. mit Beschluss vom 22.11.2012 der Angeklagten Z. als Pflichtverteidiger beigeordnet.

2. Mit Festsetzungsbeschluss vom 7. Juni 2017 befand der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle über gesetzliche Gebührenansprüche des Antragstellers aus dem Mai 2017. Im Zuge der Entscheidung kam es zu einer Absetzung eines beehrten Längenzuschlags nach Nr. 4123 VV RVG für den 30. Mai 2017 (für eine Hauptverhandlung von mehr als 8 Stunden Dauer). Nach Abzug einer pauschalen Mittagspause von einer Stunde durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle verblieb für diesen Sitzungstag nur eine Verhandlungsdauer von 7 Stunden und 23 Minuten, die nur die Zubilligung des um 178,00 € niedrigeren Längenzuschlags nach Nr. 4122 VV RVG rechtfertigte.

3. Gegen diesen pauschalen Abzug einer Mittagspause von einer Stunde wendet sich der Antragsteller mit einer Erinnerung vom 12. Juni 2017, die er zugleich auch auf alle sonstigen Festsetzungsbeschlüsse erstreckte, bei denen es wegen des Abzugs einer einstündigen Mittagspause zu Abstrichen oder Ausfällen bei den Längenzuschlägen nach den Nrn. 4122 und 4123 VV RVG kam

4. Der Erinnerungsführer verweist zur Begründung seiner Auffassung auf den Beschluss des Oberlandesgericht Brandenburg vom 23. August 2016 (Az.: 2 Ws 76/16) mit dem die Mittagspause als nicht abzugsfähig bei der Ermittlung der Längenzuschläge gekennzeichnet wurde. Überdies verweist er darauf, dass er in den mittäglichen Unterbrechungen regelmäßig verfahrensbezogene Gespräche mit anderen Verteidigern und früher auch mit der Mandantin geführt habe.

Der Vertreter der Staatskasse hat gegenüber dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Stellung genommen (das Schreiben datiert vermutlich vom 13. Juni 2017) und im Ergebnis den Abzug einer Mittagspause von einer Stunde befürwortet.

Nach Vorliegen dieser Stellungnahme half der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Erinnerung mit Beschluss vom 19. Juni 2017 nicht ab und legte die Angelegenheit dem Senat zur Entscheidung vor.

Der Erinnerungsführer erwiderte mit einem Schriftsatz vom 1. Juli 2017 auf die Stellungnahme, die der Bezirksrevisor gegenüber dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Abgegeben hatte. Er vertritt nach wie vor die Auffassung, die Mittagspause sei der Verhandlungszeit im Rahmen der Nrn. 4122, 4123 VV RVG zuzurechnen.

Ergänzend wird zum Verfahrensgang und hinsichtlich des wechselseitigen Vortrags auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Erinnerung (§ 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 RVG) hat in der Sache keinen Erfolg. Der Senat entscheidet durch den Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG).

1. Die Frage, ob und in welchem Umfang Pausen bei der Feststellung der Dauer einer Hauptverhandlung zu berücksichtigen sind ist in der Rechtsprechung umstritten. Zum derzeitigen Meinungsstand wird auf die Darstellung unter Ziffer II. der Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg vom 23. August 2016 verwiesen.

2. Das Oberlandesgericht München vertrat und vertritt die Auffassung, dass bei der Festsetzung eines Längenzuschlags die Zeit der Mittagspause in die Dauer der Teilnahme an der Hauptverhandlung nicht einzurechnen ist (vgl. hierzu Beschluss vom 23. Oktober 2008, 4 Ws 150/08, Beschluss vom 12. November 2007, 2 Ws 807-809/07, Beschluss vom 1. Februar 32007, 1 Ws111707, Beschluss vom 21. November 2011, 6 Ws 20/11). Der 6. Strafsenat setzt im Gegenständlichen Verfahren pauschal eine Mittagspause von einer Stunde ab (vgl. Beschluss vom 24. März 2014, 6 St [k] 8/14, , Beschluss vom 28. März 2014, 6 St [k] 7/14, Beschluss vom 1. April 2014, 6 St [k] 9/14, Beschluss vom 10. November 2016, 6 St [k] 23/16)

Zur Rechtfertigung dieser Praxis ist darauf hinzuweisen, dass nach dem klaren Wortlaut der Nrn. 4110, 4116 und 4122 VV RVG für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt Längenzuschlägen anfallen, wenn er mehr als 5 Stunden und bis zu 8 Stunden an der Hauptverhandlung teilnimmt. Eine Teilnahme an der Hauptverhandlung setzt voraus, dass sie stattfindet. Ist die Hauptverhandlung unterbrochen, kann der Rechtsanwalt im Sinne der genannten Vorschriften an ihr grundsätzlich nicht teilnehmen. Das gilt jedenfalls für Mittagspausen, die sich im üblichen zeitlichen Rahmen - den der Senat auf Grund der bisherigen Übung in dem vorliegenden Verfahren mit einer Stunde veranschlagt (vgl. auch Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 28.7.2011, 1 Ws 148/11, zit. nach juris, Rdn. 9; OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.10.2007, 1 Ws 541/07, zit. nach juris, Rdn. 14) - bewegen. Eine derartige Mittag...

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