Entscheidungsstichwort (Thema)

Rahmengebühren des PKH Anwalts

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bestimmung der Höhe einer Rahmengebühr durch den beigeordneten Rechtsanwalt ist für das Festsetzungsverfahren nach § 128 BRAGO unverbindlich, wenn von dem Rechtsanwalt die Umstände des Einzelfalls und die gesetzlichen Bemessungskriterien ersichtlich nicht beachtet worden sind.

 

Normenkette

BRAGO § 12 Abs. 1, § 118 Abs. 1, § 128

 

Verfahrensgang

AG Augsburg (Beschluss vom 11.07.2003; Aktenzeichen 403 F 2977/02)

 

Tenor

I. Der Beschluss des AG Augsburg vom 11.7.2003 wird dahin gehend abgeändert, dass das Wort „kostenpflichtig” entfällt.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Für das vorliegende Verfahren zur Regelung des Umgangs zwischen dem Antragsteller und dem gemeinsamen Kind der Parteien hat das AG der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 23.1.2003 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … bewilligt. Der Geschäftswert des Verfahrens ist auf 3.000 Euro festgesetzt worden.

Nachdem die Parteien im Termin vom 23.1.2003 eine Vereinbarung zur Regelung des Umgangs getroffen hatten, hat die Urkundsbeamtin beim AG die an Rechtsanwalt … aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung mit Beschluss vom 27.3.2003 auf 571,30 Euro festgesetzt. Dagegen hat Rechtsanwalt … Erinnerung eingelegt, die das AG durch richterlichen Beschluss vom 11.7.2003 „kostenpflichtig” zurückgewiesen hat. Gegen diesen Beschluss hat Rechtsanwalt … Beschwerde eingelegt. Er wendet sich dagegen, dass anstelle der von ihm geltend gemachten 9/10-Geschäfts- und Besprechungsgebühr jeweils nur eine 7,5/10-Gebühr festgesetzt worden ist. Die Bestimmung der geltend gemachten 9/10-Gebühr habe er nach billigem Ermessen getroffen und dabei berücksichtigt, dass die vorliegende Angelegenheit für die Antragsgegnerin aufgrund der äußerst gespannten Trennungssituation von großer Bedeutung gewesen sei und auch seine anwaltliche Tätigkeit aufgrund einer Vielzahl von durchzuführenden Besprechungen, Telefonaten und zu fertigenden Schriftsätzen an das Gericht umfänglich und von gewisser Schwierigkeit gewesen sei. Nach Meinung des Beschwerdeführers ist die von ihm vorgenommene Bestimmung einer 9/10-Gebühr bezüglich der Geschäfts- und Besprechungsgebühr für das Gericht verbindlich, weil er die vom AG als angemessen erachtete Mittelgebühr von jeweils 7,5/10 nicht um mehr als 20 % überschritten habe.

II. Auf die nach § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Beschwerde des Rechtsanwalts war der Beschluss des AG Augsburg vom 11.7.2003 lediglich dahin gehend abzuändern, dass das Wort „kostenpflichtig” im Tenor des angefochtenen Beschlusses entfällt. Denn das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei (§ 128 Abs. 5 S. 1 BRAGO). Auch Kosten werden in diesem Verfahren nicht erstattet (§ 128 Abs. 5 S. 2 BRAGO). Der Beschluss, mit dem über die Erinnerung nach § 128 Abs. 3 BRAGO entschieden wird, enthält deshalb keine Kostenentscheidung (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., Rz. 41 zu § 128 BRAGO), wie der Beschwerdeführer mit Recht beanstandet.

Im Übrigen erweist sich die Beschwerde als unbegründet.

Zutreffend ist die Vorinstanz davon ausgegangen, dass die Gebühren für den der Antragsgegnerin beigeordneten Rechtsanwalt nach § 118 BRAGO festzusetzen sind, weil es sich bei dem vorliegenden Verfahren zur Regelung des Umgangsrechts um eine isolierte Familiensache handelt, die sich verfahrensrechtlich nach den Bestimmungen des FGG richtet (§§ 621 Abs. 1 Nr. 2, 621 a Abs. 1 ZPO).

Die einzelnen Rahmengebühren des § 118 Abs. 1 BRAGO sind nach § 12 Abs. 1 BRAGO zu bemessen. Nach dieser Vorschrift bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insb. der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen.

1. Der Senat teilt die Auffassung der Vorinstanz und des Bezirksrevisors, dass es sich nach den in § 12 Abs. 1 S. 1 BRAGO genannten Kriterien bei dem vorliegenden Verfahren um einen Durchschnittsfall handelt, der für die Geschäfts- und Besprechungsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BRAGO) jeweils nur den Ansatz einer Mittelgebühr von 7,5/10 rechtfertigt.

Das Verfahren ist – nach Anhörung des Kindes und des Jugendamts, aber ohne Beweiserhebung – im ersten Termin beendet worden. Von dem der Antragsgegnerin beigeordneten Rechtsanwalt sind nur zwei Schriftsätze (vom 29.10.2002 und 11.12.2002) im Umfang von vier bzw. zwei Seiten bei Gericht eingereicht worden; der im Termin vom 23.1.2003 übergebene Schriftsatz enthielt lediglich eine Wiederholung des bereits mit Schriftsatz vom 29.10.2002 gestellten Prozesskostenhilfegesuchs. Von den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers sind insgesamt vier Schriftsätze beim AG eingereicht worden, die ebenfalls nicht besonders umfangreich gewesen sind. Die Auffassung des AG, dass es sich um einen Durchschnittsfall gehandelt hat, ist unter diesen Umständen...

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