Leitsatz (amtlich)

Wird eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) durch Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Hand aufgelöst, so ist § 61 Abs. 1 KostO für die Eigentumsumschreibung auf den letztverbleibenden Gesellschafter nicht anwendbar (Fortführung von OLG München vom 13.11.2009, 34 Wx 089/09, NJW-RR 2010, 501).

 

Normenkette

KostO §§ 60, 61 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 27.11.2009; Aktenzeichen 13 T 16586/09)

AG München - Grundbuchamt

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des LG München I vom 27.11.2009 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Als alleinige Eigentümerin eines Grundstücks war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bestehend aus den Gesellschaftern R. und der Beteiligten zu 1, einer GmbH, im Grundbuch eingetragen. R. hielt 10 % und die Beteiligte zu 1 die restlichen 90 % der Gesellschaftsanteile. Mit privatschriftlichem Vertrag vom 20.2.2009 veräußerte R. seine Gesellschaftsanteile an die Beteiligte zu 1, die nunmehr alle Gesellschaftsanteile in ihrer Hand hält. Die Gesellschaft ist damit aufgelöst. Aufgrund Berichtigungsbewilligung vom 26.2.2009 wurde die Beteiligte zu 1 unter ihrer damaligen Bezeichnung am 14.4.2009 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Mit Kostenrechnung vom 14.5.2009 hat das Grundbuchamt für die Eintragung der Beteiligten zu 1 eine volle Gebühr i.H.v. 19.901,30 EUR nach § 60 Abs. 1 KostO aus einem Geschäftswert von 17.076.000 EUR erhoben. Das Grundbuchamt ging, ebenso wie der Vertreter der Staatskasse (Beteiligter zu 2), für den Wert der Eigentumsumschreibung vom Wert des gesamten Grundstücks aus.

Der Erinnerung mit dem Ziel, den Geschäftswert nur nach dem Bruchteilswert von 10 % (1,7 Mio. EUR) anzusetzen, hat der Kostenbeamte nicht abgeholfen. Mit Beschluss vom 13.8.2009 hat das AG - Grundbuchamt - die Erinnerung zurückgewiesen. Die Beschwerde hat das LG - Beschwerdekammer - mit Beschluss vom 27.11.2009 zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen. Gegen den Beschluss des LG richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. Diese ist der Ansicht, dass nach § 61 Abs. 1 Satz 1 KostO nur 10 % des Grundstückswerts für die Gebührenberechnung angesetzt werden dürfe, da ein Ausschluss nach § 61 Abs. 3 KostO nicht vorliege. Da die Beteiligte zu 1 Gesellschafterin der GbR gewesen sei, sei sie auch als Mitberechtigte des Gesamthandsvermögens i.S.d. § 61 Abs. 1 Satz 1 KostO anzusehen.

II. Gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG - RG ist das bis 31.8.2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist zulässig, da sie das LG als Beschwerdegericht zugelassen hat (§ 31 Abs. 3 Satz 5, § 14 Abs. 5 KostO). Das im Übrigen formgerecht eingelegte Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

Das AG habe zu Recht einen Geschäftswert von 17.076.000 EUR bei der Kostenberechnung für die Eigentumsumschreibung zugrunde gelegt.

Seit der Entscheidung des BGH vom 29.1.2001 (NJW 2001, 1056 = BGHZ 146, 341) sei die GbR selbst Eigentümerin des Grundstücks. Durch die Übertragung des Gesellschaftsanteils von R. auf die Beteiligte zu 1 sei die GbR aufgelöst worden. Somit sei das Eigentum nicht innerhalb einer bestehenden Gesamthandsgemeinschaft auf einen der Mitberechtigten übergegangen, sondern von der GbR auf die Beteiligte zu 1 übertragen worden. Für diesen echten Rechtsübergang sei die volle Gebühr aus dem vollen Wert des Grundstücks anzusetzen. Dem stehe nicht entgegen, dass § 61 Abs. 3 KostO die GbR nicht ausdrücklich erwähne. Ebenso wenig liege ein Verstoß gegen die Richtlinie 69/335/EWG vor, weil keine Steuer erhoben werde.

2. Der Senat teilt im Ergebnis die rechtliche Beurteilung des LG.

a) Das Grundbuchamt ist für die Kostenberechnung beim Geschäftswert vom Gesamtwert des Grundstücks ausgegangen (§ 60 Abs. 1 KostO). § 61 KostO, eine Sondervorschrift für die Bestimmung des Geschäftswerts, ist hier nicht anwendbar.

Die GbR fällt nicht unter die in § 61 Abs. 1 KostO privilegierten Gesamthandsgemeinschaften. Soweit in der Kommentarliteratur dies noch anders dargestellt wird (vgl. Korintenberg/Lappe, KostO, 18. Aufl., § 61 Rz. 1, jedoch zweifelnd unter Hinweis auf Dümig Rpfleger 2002, 53; Hartmann Kostengesetze 40. Aufl., § 61 KostO Rz. 9; Assenmacher/Matthias KostO 16. Aufl. Stichwort "Gesellschaft bürgerlichen Rechts"; bereits a.A. Rohs/Wedewer KostO Stand April 2010 § 60 Rz. 5b), wurde noch nicht die Konsequenz aus der Rechtsprechung des BGH zur (Teil-) Rechtsfähigkeit der GbR (BGHZ 146, 341; 179, 102/107) gezogen (s. OLG München vom 13.11.2009 = NJW-RR 2010, 501).

Die Rechtsprechung des Senats (NJW-RR 2010, 501) hat in der Literatur heftige (teils polemische) Kritik erfahren (Weigl MittBayNot 2010, 155; Bachmayer NotBZ 2010, 161/166 unter III.3.). Auch unter deren Berücksichtigung besteht kein Anlass, diese zu ändern.

Mit der Rechtsprechung des BGH zur (Teil-) Rechtsfähigkeit, die der Gesetzgeber im Grundsatz übernommen hat (vgl. ERVGBG vom 11.8.2009, BGBl. I, 2713; Beschlussempfehlung ...

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