Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Leitet ein Antragsteller wegen eines Mangels ein selbständiges Beweisverfahren gegen zwei Antragsgegner ein und verklagt er schließlich nur einen von beiden als für den Mangel allein Verantwortlichen, so hat der Antragsteller im Falle des Obsiegens im Hauptsacheverfahren gegen diesen Anspruch auf Erstattung der gesamten Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Senats - zuletzt OLG München, Beschl. v. 16.8.1999 - 11 W 2144/99, JurBüro 2000, 39; Beschl. v. 24.2.2000 - 11 W 898/00, JurBüro 2000, 484 - im Anschluss an BGH v. 22.7.2004 - VII ZB 9/03, MDR 2005, 87 = BGHReport 2004, 1521 = Rpfleger 2004, 734).
Normenkette
ZPO § 913
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 07.10.2004; Aktenzeichen 1 O 3105/02) |
Tenor
I. Unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des LG Traunstein vom 7.10.2004 werden die vom Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 5.612,43 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit 28.7.2004 festgesetzt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Wert der Beschwerde beträgt 2.279,28 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde dagegen, dass die von ihr bezahlten Gerichts- und Sachverständigenkosten beim Ausgleich nicht vollständig berücksichtigt worden seien. Bei richtiger Berechnung ergebe sich nicht nur ein Überschuss der Klägerin i.H.v. 2.340,94 EUR, sondern tatsächlich i.H.v. 4.620,22 EUR. Sie habe nach Abzug der Erstattungsbeträge insgesamt 6.930,33 EUR an Gerichts- und Sachverständigenkosten verauslagt. Im Kostenfestsetzungsbeschluss seien jedoch nur Gerichtskosten i.H.v. 3.511,41 EUR beim Ausgleich berücksichtigt worden.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO) und zu einem ganz überwiegenden Teil auch begründet.
1. Der Rechtspfleger ist zutreffend davon ausgegangen, dass die im selbstständigen Beweisverfahren entstandenen Gerichtskosten (Gerichtsgebühren und Sachverständigenkosten) zu den Gerichtskosten des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens zählen (OLG München MDR 1987, 328; BGH v. 18.12.2002 - VIII ZB 97/02, MDR 2003, 596 = BGHReport 2003, 643 = NJW 2003, 1322). Dies wird von den Parteien nicht angegriffen.
2. Weitere Voraussetzung für eine Berücksichtigung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens im Hauptsacheprozess ist die Identität der Parteien und der Gegenstände beider Verfahren (OLG München, Beschl. v. 24.2.2000 - 11 W 896/00, JurBüro 2000, 484; Beschl. v. 16.8.1999 - 11 W 2144/99, JurBüro 2000, 39, jeweils m.w.N.).
a) Wie vom Rechtspfleger im angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt, vertrat der Senat bisher die Auffassung, dem obsiegenden Kläger seien im Kostenfestsetzungsverfahren die Gerichtskosten des selbstständigen Beweisverfahrens nur anteilig zu erstatten, sofern sich dieses gegen einen weiteren, später nicht mitverklagten Antragsgegner gerichtet hat (OLG München, Beschl. v. 24.2.2000 - 11 W 896/00, JurBüro 2000, 484; ebenso OLG Hamburg v. 1.7.1993 - 8 W 100/93, 8 W 101/93, MDR 1993, 1130; Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 91 Rz. 66; Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 48 BRAGO, Rz. 28).
b) Mit Beschluss vom 22.7.2004 hat der BGH nunmehr entschieden, dass die obsiegende Partei auch dann Anspruch auf Erstattung der gesamten Gerichtskosten des selbstständigen Beweisverfahrens hat, wenn dieses gegen zwei Antragsgegner eingeleitet worden war und nur einer von beiden schließlich verklagt wurde (BGH, Beschl. v. 22.7.2004 - VII ZB 9/03, MDR 2005, 87 = BGHReport 2004, 1521 = Rpfleger 2004, 734).
Der Senat hält deshalb nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung fest und folgt der Auffassung des BGH. Die Kosten der beiden selbstständigen Beweisverfahren sind somit im vorliegenden Fall grundsätzlich in vollem Umfang zu berücksichtigen.
c) Im Verfahren 3 OH 2581/01 weicht jedoch der Streitwert erheblich von dem des Hauptverfahrens ab, wie bereits im angefochtenen Beschluss festgestellt. Dies ändert zwar grundsätzlich nichts an der gebotenen Identität der Verfahrensgegenstände, wenn die Abweichung beim Streitwert lediglich auf eine unterschiedliche Bewertung durch die mit der Angelegenheit befassten Gerichte zurückzuführen ist (OLG München v. 31.5.1995 - 11 W 1350/95, MDR 1995, 1073 = OLGReport München 1996, 60).
Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn mit der Klage nicht alle im selbständigen Beweisverfahren geltend gemachten Mängel verfolgt werden (OLG München, Beschl. v. 16.8.1999 - 11 W 2144/99, JurBüro 2000, 39). Dies war im Verfahren 3 OH 2581/01 der Fall. Die Klägerin hatte dort pauschal die Behauptung aufgestellt, im gesamten Kellergeschoss des streitgegenständlichen Anwesens sei an allen Innenwänden und Außenwänden Feuchtigkeit von unten aufgezogen, die Ursache und die Kosten der Mängelbeseitigung sollten festgestellt werden. Aufgrund dieser weiten Fassung des Antrages wurde der Streitwert entsprech...