Leitsatz (amtlich)
1. Zur Grundbuchberichtigung auf der Grundlage eines Erbvertrags mit Nacherben- und Ersatznacherbenanordnung bei Übertragung der Nacherbenanwartschaft.
2. Überträgt der Nacherbe sein Anwartschaftsrecht auf den Vorerben, so ändert dies nichts an der Notwendigkeit, einen Nacherben- und Ersatznacherbenvermerk im Grundbuch einzutragen. Dieser hat die Übertragung der Nacherbenstellung auf den Vorerben zum Ausdruck zu bringen.
3. Verfügt der nicht befreite Vorerbe mit Zustimmung des (aller) Nacherben über zur Erbschaft gehörenden Grundbesitz, bedarf es zur Wirksamkeit des Geschäfts nicht auch der Zustimmung von Ersatznacherben noch sind diese sonst im Grundbucheintragungsverfahren zu beteiligen (Fortführung zu Senat vom 9.2.2015, 34 Wx 416/14).
Normenkette
BGB §§ 2100, 2112-2113; GBO §§ 22, 35 Abs. 1, § 51
Verfahrensgang
AG Passau (Beschluss vom 04.09.2014; Aktenzeichen Karpfham Blatt 4008) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des AG Passau - Grundbuchamt - vom 4.9.2014 aufgehoben.
II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, die Eintragungsanträge der Beteiligten zu 1 und 2 nicht wegen fehlenden Erbennachweises zurückzuweisen.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1 ist gemeinsam mit seiner am 10.5.1995 verstorbenen Ehefrau Ingeborg B. im Grundbuch je zur Hälfte als Miteigentümer von zwei Miteigentumsanteilen verbunden mit dem Sondereigentum an zwei Ferienhausappartements (Nr. 71 = Bl. 4031 und Nr. 72 = Bl. 4032) eingetragen. Laut aktuellem Grundbuchstand sind seine Ehefrau und er weiter in derselben Anlage Miteigentümer an Anteilen sämtlicher Wohnungseigentümer, verbunden mit dem Sondereigentum an den Appartements Nr. 10 (Bl. 3974) und Nr. 48 (Bl. 4008). Mit Erbvertrag vom 7.6.1993, teileröffnet am 19.6.1995, hatten sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben eingesetzt, zum Nacherben ihre Kinder Bettina B. und Markus B. (= Beteiligter zu 2) bestimmt, zu Ersatznacherben deren Abkömmlinge. Vereinbart waren außerdem Vermächtnisse zugunsten beider Kinder.
Der Beteiligte zu 1 ist als Vorerbe nicht befreit.
Mit notariellem Vertrag vom 27.8.2013 ("Übertragung von Nacherbenanwartschaften") überließ der Beteiligte zu 1 dem Beteiligten zu 2 die Wohnung Nr. 71 samt den Miteigentumsanteilen an den Appartements Nrn. 10 und 48. Die Auflassung wurde erklärt. Die weitere Nacherbin Bettina W. stimmte der Überlassung des Wohnungseigentums mit Urkunde vom 29.11./11.12.2013 zu.
Im Vertrag vom 27.8.2013 (Abschn. II.) übertrugen ferner der Beteiligte zu 2 und Bettina W. ihre Nacherbenanwartschaften an den Beteiligten zu 1, der Beteiligte zu 2 als Gegenleistung für die Überlassung des Wohnungseigentums. Die Beteiligten äußerten in der Urkunde die Meinung, die Übertragung der Nacherbenanwartschaften stelle sich als Austauschgeschäft dar, die Verfügungen der Erblasserin seien so auszulegen, dass in diesem Fall eine Ersatznacherbfolge als nicht angeordnet gelten müsse, somit der Beteiligte zu 1 Vollerbe würde. Die Urkunde enthält indessen auch den notariellen Hinweis, dass die Übertragung der Nacherbenanwartschaften möglicherweise einem Ersatznacherben gegenüber nicht verbindlich sei, die gemeinsame Auslegung der heutigen Beteiligten hinsichtlich des Erbvertrags binde die Ersatznacherben nicht.
Außerdem ließ sich der Beteiligte zu 1 ein durch Vormerkung zu sicherndes Rückerwerbsrecht einräumen (Abschn. IX.). Hinsichtlich der nicht übertragenen Wohnungseigentumseinheiten bewilligten und beantragten die Parteien die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung der Erbfolge nach Ingeborg B. ausdrücklich unter Nichteintragung eines etwaigen Nacherbenvermerks (Abschn. IV.).
Die Beteiligten beauftragten den Notar, den grundbuchamtlichen Vollzug durchzuführen, und erteilen ihm umfassende Vollmacht, Eintragungsbewilligungen und Erklärungen auch rechtsgeschäftlicher Art zur Durchführung dieser Urkunde abzugeben, alle Anträge einzeln und unabhängig voneinander zu stellen oder zurückzunehmen (Abschn. VII.4.).
Unter dem 16.12.2013 stellte der Notar gemäß § 15 GBO Antrag zum Vollzug der Auflassung, der Eintragung der Vormerkung, der ebenfalls vereinbarten Lastenfreistellung und der Grundbuchberichtigung. Auf den Hinweis des Grundbuchamts, der Nacherbenvermerk sei wegen der ausdrücklich angeordneten Ersatznacherbfolge jeweils einzutragen, legte der Notar im Schreiben vom 28.2.2014 dar, dass im Fall einer entgeltlichen Übertragung der Nacherbenanwartschaften eine Ersatznacherbfolge als nicht angeordnet zu gelten habe. Er wies aber darauf hin, dass gegebenenfalls von Amts wegen ein Nacherbenvermerk einzutragen wäre, aus dem sich ergeben müsse, dass die Nacherbfolge nur für den Fall greifen könne, dass die eingesetzten Nacherben zum Zeitpunkt der Nacherbfalls nicht mehr lebten, etwa in der Form:
Nacherbfolge ist angeordnet. Die eingesetzten Nacherben Markus B. und Bettina W. haben ihre Anwartschaften auf den Vorerben übertragen. Ersatznacherbfolge ist angeordnet.
Mit Zwischenverfügung vom 6.5.2014 setzte das Grundbuchamt Fri...