Leitsatz (amtlich)
Die Verfügung in einem Testament, ein Abkömmling solle vom eingesetzten Erben im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen finanziell abgefunden werden, ist ohne weitere konkrete Anhaltspunkte für einen entsprechenden Erblasserwillen nicht als Zuwendung eines Vermächtnisses in Höhe des Pflichtteilsanspruchs zu qualifizieren.
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 08.05.2014; Aktenzeichen 14 O 2954/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München II vom 8.5.2014 - 14 O 2954/13, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des LG München II ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesen Urteilen jeweils vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht Ansprüche aus einem Testament gegen den Beklagten geltend.
Die Klägerin ist eines von vier Kindern der am 13.1.1995 verstorbenen Erblasserin Elisabeth Maria A. Diese hatte am 26.12.1980 ein privatschriftliches Testament verfasst, das folgenden Wortlaut hat (Anlage K1):
"S., den 26.12.1980
Mein letzter Wille
Ich Elisabeth A. geb. M. geb. 7.12.1930 in S. verfüge nach dem plötzlichen Tode meines Mannes:
Wenn mir etwas passiert und ich plötzlich sterben sollte, geht das ganze Anwesen A. in S. mit allem lebenden und toten Inventar, einschließlich aller Immobilien auf meinen ältesten Sohn Franz A. geb. am 18.8.1963 über. Dieser übernimmt dafür die Verpflichtung für seine jüngeren Geschwister Josef Alois und Gertraud zu sorgen und sie finanziell abzufinden. Dies muss im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen in der Weise geschehen, dass das Anwesen erhalten bleibt.
Ich habe dies im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte und aus freien Willen geschrieben.
Elisabeth A.
geb. M.".
Das Testament wurde am 7.3.1995 den Kindern der Erblasserin eröffnet. Am 9.3.1995 wurde dem Beklagten ein Erbschein als Alleinerbe erteilt. Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus dem bäuerlichen Anwesen mit Gastwirtschaft; finanzielle Mittel oder Wertgegenstände waren nicht vorhanden.
Die Klägerin behauptet, die Erblasserin habe vor Abfassung des Testaments vom 26.12.1980 beabsichtigt, ihrem Sohn Josef das bäuerliche Anwesen nach dem Tod zu übereignen. Sie habe dies ihrem Sohn Josef mitgeteilt und ihn darüber informiert, dass er dann seine Geschwister abfinden müsse, indem er ihnen bebaubare Grundstücksflächen übereigne. Da Josef A. das Anwesen nicht übernehmen wollte, habe die Erblasserin sodann entschieden, dass der Beklagte Erbe werden und die Geschwister abfinden solle. Vor ihrem Tod habe die Erblasserin in mehreren Gesprächen bestätigt, dass der Beklagte aufgrund des Testaments verpflichtet sei, der Klägerin ein bebaubares Grundstück zu übereignen.
Die Klägerin ist der Ansicht, maßgeblich für die Auslegung des Testaments sei der wahre Wille der Erblasserin. Dieser sei im Testament durch die Worte "finanziell abfinden" auch hinreichend angedeutet.
Ansprüche der Klägerin aus dem Testament seien im Hinblick auf die Verjährungsverzichtserklärung des Beklagten (Anlage K 7) nicht verjährt. Der Feststellungsantrag sei zulässig, da zur Verjährungsunterbrechung nötig.
Die Klägerin hat beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als abweichende Erbin abzufinden, indem er aus seinem Grundstück an der A. Straße 6 in ... S. mit der Flurnummer ... 59/2 der Gemarkung S. eine Fläche von rund 1.000 m2 herausmisst und an die Klägerin übereignet; dabei wird der Beklagte verurteilt, das Grundstück wie folgt herauszumessen: Nördlich an der Grenze zum Grundstück Flurnummer ... 59/11 eine 5,40 m breite Zuwegung über die gesamte Grundstückslänge des Grundstücks Flurnummer ... 59/11. In Fortsetzung der westlichen Grundstücksgrenze des Grundstücks Flurnummer ... 59/11 und dem Grundstück Flurnummer ... 59/9 19,35 m in nördlicher Richtung; von diesem Punkt aus im rechten Winkel 32,85 m Richtung Osten; von diesem Punk wiederum im 90-Grad-Winkel 24,50 m Richtung Nord-Osten; von diesem Punkt aus an der Grundstücksgrenze ... 59/9 entlang bis zur Grundstücksgrenze der Grundstücke ... 59/11.
(Hinsichtlich der beigefügten Skizze wird auf S. 2 der Klageschrift, Bl. 2d. A, verwiesen).
2. Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, zugunsten der Klägerin ein Grundstück von rund 1.000 m2 aus den Ländereien der Landwirtschaft herauszumessen, auf dem Baurecht geschaffen werden kann und der Beklagten zu übereignen; er ist verpflichtet, an der Schaffung des Baurechts mitzuwirken.
3. Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin nach Elisabeth A. dergestalt finanziell abzufinden, dass die gesetzlichen Bestimmungen in der Weise eingehalten werden, dass das vererbte Anwesen nach Elisabeth A...