Leitsatz (amtlich)

Zur Löschung eines im Grundbuch für einen Vorerben eingetragenen vererblichen Vorkaufsrechts genügt neben seiner Bewilligung die des derzeit einzigen Nacherben nicht, wenn laut testamentarischer Anordnung die leiblichen Abkömmlinge des Vorerben zu Nacherben bestimmt sind und künftige leibliche Abkömmlinge nicht auszuschließen sind.

 

Normenkette

BGB §§ 1094, 2113; GBO §§ 19, 22

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München - Grundbuchamt - vom 29. März 2018 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Vormals waren nach Erbauseinandersetzung vom 14.4.1978 die Brüder L. und J.G. als Eigentümer von Grundbesitz zu je 1/2 im Grundbuch eingetragen. Sie hatten sich gegenseitig ein dingliches Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle eingeräumt, das vererblich aber sonst nicht übertragbar sein sollte. In Abteilung II wurde daher am 2.10.1978 unter lfd. Nr. 4 ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle für Herrn L.G. gemäß Bewilligung vom 14.4.1978 eingetragen.

Herr L.G. ist im Jahr 1982 verstorben. Er wurde beerbt von der Beteiligten zu 3 und Frau H. Letztere wurde nach Zuschlagbeschluss vom 12.7.1984 im Zwangsversteigerungsverfahren zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft als Alleineigentümerin eingetragen. Das dingliche Vorkaufsrecht zugunsten von L.G. blieb im Grundbuch eingetragen.

Frau H. verstarb 1992 und wurde beerbt vom Beteiligten zu 2, dem sie zuvor schon einen Miteigentumsanteil am Grundstück übertragen hatte. Zusammen mit dem Übergang des verbliebenen Miteigentumsanteils aufgrund Erbfolge wurde diesbezüglich in Abteilung II ein Nacherbenvermerk eingetragen, wonach Nacherben der H. die Abkömmlinge des Vorerben, derzeit die Beteiligte zu 1 ist. Der Nacherbenvermerk wurde nach Bewilligung durch die Beteiligte zu 1 und einen als Pfleger für die unbekannten Nacherben nach H. bestellten Rechtsanwalt mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts am 15.3.2005 gelöscht.

Der Beteiligte zu 2 ließ das Grundstück seiner Tochter, der Beteiligten zu 1 am 13.12.2002 auf, diese wurde am 6.11.2012 im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen.

Mit Urkunden vom 12.3.2018 und 13.3.2018 bewilligten und beantragten die Beteiligten zu 2 und 3 das Vorkaufsrecht zu löschen, die Beteiligte zu 1 stimmte der Löschung zu und bewilligte diese ebenfalls.

Nach Beiziehung der Akten des Nachlassgerichts zu den Erbfällen erließ das Grundbuchamt am 29.3.2018 fristsetzende Zwischenverfügung. Der Beteiligte zu 2 habe die verstorbene Frau H. als Vorerbe beerbt, als Nacherben seien die Abkömmlinge des Vorerben, derzeit die Beteiligte zu 1 bestimmt. Da die Nacherben jedoch nicht abschließend bekannt seien, müsste ein Pfleger für unbekannte Beteiligte die erforderliche Zustimmung zur Löschung abgeben, die gerichtlich zu genehmigen sei.

Mit Schreiben des Notars vom 26.4.2018 hat er hiergegen "auch für die Eigentümerin" (Beteiligte zu 1) Beschwerde eingelegt. Ein Hinzutreten weiterer Nacherben durch Adoption sei ausgeschlossen, da im Testament als Nacherben die leiblichen Nachkommen des Beteiligten zu 2 bestimmt seien. Zudem sei das Vorkaufsrecht ohnehin von Amts wegen zu löschen, da es in Folge des Verzichts keine Berechtigten mehr gebe.

Der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk sei zudem im Rahmen der Übertragung des Eigentums vom Beteiligten zu 2 auf die Beteiligte zu 1 gelöscht worden. Die Löschung sei von dem als Pfleger für die unbekannten Nacherben bestellten Rechtsanwalt bewilligt und dies vormundschaftsgerichtlich genehmigt worden. Da der Nachlass von Frau H. zudem überschuldet gewesen sei, seien die Rechte der unbekannten Nacherben wegen Überschuldung des Nachlasses aufgegeben worden.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Der Erbschein nach H. vom 11.11.1992 beinhalte - anders als das Testament - keine Angabe, dass Nacherben nur die leiblichen Abkömmlinge des Beteiligten zu 2 sein sollten. Zudem gebe es bei Männern keine Altersgrenze für das Erzeugen von leiblichen Abkömmlingen. Eine Löschung scheide daher weiterhin aus.

II. 1. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) ist statthaft (§ 71 Abs. 1, § 73 GBO). Die Vertretungsbefugnis des Notars im Beschwerdeverfahren folgt schon aus dem Umstand, dass er die maßgeblichen Grundbucherklärungen beurkundet oder beglaubigt hat (§ 15 Abs. 2 GBO). Er hat bei Beschwerdeeinlegung alle Beteiligten vertreten; in seinem Beschwerdeschreiben hat der Notar nämlich angegeben, er lege die Beschwerde "auch für die Eigentümerin" ein, mithin nicht nur für die Beteiligte zu 1 als diejenige, zu deren Gunsten die Löschung erfolgen soll, sondern auch die Beteiligten zu 2 und 3 als diejenigen Antragsberechtigten, deren Recht durch die Löschung betroffen wäre (§ 13 Abs. 2 GBO).

2. Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn ein Recht an einem Grundstück kann nur gelöscht werden, wenn entweder die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen ist (§ 22 Abs. 1, § 2...

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