Leitsatz (amtlich)

Zur Aussetzung nach § 148 ZPO, wenn die Klage-IR-Marke noch von einer österreichischen Basismarke abhängig ist und wenn bezüglich der österreichischen Basismarke ein Löschungsverfahren beim österreichischen Patentamt anhängig ist.

 

Normenkette

ZPO § 148; MarkenG § 55; Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken Art. 6

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 33 O 12133/02)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG München I vom 10.1.2003 – 33 O 12133/02 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin, eine US-amerikanische Corporation mit Sitz in Chicago/Illinois, die unter einer Anschrift in Wien auftritt, hat gegen den Beklagten, der seinen Wohnsitz in Österreich hat, Klage zum LG München I mit folgendem Antrag erhoben:

Der Beklagte wird verurteilt, in die Löschung der beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer 30200623.0 eingetragenen Wort-/Bildmarke „Excellence de luxe” einzuwilligen.

Die Klägerin ist Inhaberin der IR-Marke Nr. 752 916 „Excellence de luxe”, die auf der vom österreichischen Patentamt am 11.12.2000 eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 192 672 beruht; die internationale Registrierung datiert vom 31.1.2001. Der Beklagte hat bezüglich der genannten Basismarke beim österreichischen Patentamt mit Anwaltsschriftsatz vom 24.9.2001 einen Löschungsantrag gem. § 34 des österreichischen Markenschutzgesetzes wegen böswilliger Anmeldung gestellt (Anl. B 1). Das betreffende Verfahren ist beim österreichischen Patentamt unter dem Aktenzeichen Nr. 174/2001 anhängig. Darüber hinaus ist beim österreichischen Patentamt bezüglich der genannten Basismarke ein Löschungsantrag der J. anhängig (Aktenzeichen Nr. 83/2001), über den nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen des Beklagten vorrangig vor dem Löschungsantrag des Beklagten (Aktenzeichen Nr. 174/2001) zu entscheiden ist.

Mit Beschluss vom 10.1.2003 hat das LG München I das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim österreichischen Patentamt anhängigen Löschungsverfahrens gegen die dort eingetragene Marke Nr. 192 672 (Verfahren 83/2001 und 174/2001) ausgesetzt. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, die Frage der Bestandskraft der österreichischen Marke Nr. 192 672, welche Basismarke für die international registrierte Klagemarke IR 752 916 sei, sei von vorgreiflicher Bedeutung. Es wäre widersinnig, einer auf eine löschungsreife Marke gestützten Verletzungsklage stattzugeben, obgleich ein Löschungsverfahren bei dem jeweiligen Patent- oder Markenamt bereits anhängig sei. Nach dem Sachvortrag und den aktenkundigen Unterlagen erscheine das vom Beklagten angestrengte Löschungsverfahren vor dem österreichischen Patentamt auch nicht ohne Aussicht auf Erfolg. Auf diesen Beschluss wird Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 6.2.2003 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, eine Aussetzung nach § 148 ZPO sei unzulässig, da keine Vorgreiflichkeit gegeben sei. Der vorliegende Rechtsstreit sei entscheidungsreif, die Klägerin sei unstreitig Inhaberin der IR-Marke, so dass diese Frage nicht von dem Verfahren vor dem österreichischen Patentamt abhänge. Die dortige Basismarke befinde sich nicht etwa in einem „Schwebezustand”, dessen Auflösung abzuwarten wäre, sondern sei rechtmäßig eingetragen. Das vom Beklagten angestrengte Löschungsverfahren habe keine Aussicht auf Erfolg. Eine Bösgläubigkeit der Klägerin sei nicht gegeben. Erstens sei die Anmeldung und Eintragung einer Marke in Österreich nach damaliger Rechtslage gar nicht auf mehrere Berechtigte möglich gewesen. Zweitens wäre eine alleinige Eintragung selbst dann, wenn eine Mehrfacheintragung möglich wäre, auch unter Zugrundelegung der vom Beklagten angeführten Vereinbarungen gerechtfertigt gewesen.

Die Klägerin beantragt, den Beschluss, das Verfahren auszusetzen, aufzuheben und das Verfahren fortzuführen.

Der Beklagte beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung. Das LG sei zu Recht bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten des Löschungsverfahrens davon ausgegangen, dass Erfolgsaussichten bestünden.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 25.2.2003 nicht abgeholfen.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 567 Abs. 1 Nr. 1, § 252, § 569 ZPO), aber nicht begründet.

1. Die vom LG nach § 148 ZPO vorgenommene Aussetzung des Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim österreichischen Patentamt anhängigen Löschungsverfahrens gegen die dort eingetragene Marke Nr. 192 672 (Verfahren 83/2001 und 174/2001) ist ermessensfehlerfrei.

a) Die Aussetzung richtet sich im Streitfall nach § 148 ZPO, nicht nach den ggü. dieser Vorschrift grundsätzlich vorrangigen Art. 27, Art. 28 EuGVO. Letztere Vorschriften setzen voraus, dass bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Klagen wegen des...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge