Leitsatz (amtlich)

1. In Verfahren in Wohnungseigentumssachen kann § 84 ZPO entsprechend angewandt werden.

2. Geht von unterschiedlichen Bevollmächtigten eines Verfahrensbeteiligten nicht ausschließbar zeitgleich bei Gericht eine Rechtsmittelrücknahmeerklärung und eine Erklärung, das Rechtsmittel durchführen zu wollen, ein, sind die sich widersprechenden Erklärungen wirkungslos mit der Folge, dass das Rechtsmittelverfahren fortzusetzen ist.

3. Der einzelne Wohnungseigentümer hat unabhängig von seinen individuellen Rechten ggü. dem Bauträger gegen die Gemeinschaft einen Anspruch auf erstmalige Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustands des gemeinschaftlichen Eigentums. Er kann von der Gemeinschaft nicht dazu gezwungen werden, aus einem von ihm vorgenommenen Restkaufpreiseinbehalt mit den ihm entstehenden Ersatzvornahmekosten für eine Mängelbeseitigung gegen den Restkaufpreisanspruch aufzurechnen.

 

Normenkette

WEG § 21 Abs. 3, 5 Nr. 2; ZPO §§ 84, 563 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 24.11.2005; Aktenzeichen 1 T 4071/05)

AG München (Beschluss vom 02.02.2005; Aktenzeichen 482 UR II 1285/04)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners zu 1) wird der Beschluss des LG München I vom 24.11.2005 dahingehend abgeändert, dass die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zu 1) gegen den Beschluss des AG München vom 2.2.2005 zurückgewiesen wird.

II. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners zu 1) zurückgewiesen.

III. Der Antragsgegner zu 1) trägt die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Er hat die in diesem Rechtszug dem Antragsteller und den Antragsgegnern zu 2) entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.400 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus fünf Wohneinheiten bestehenden Anlage, die im Jahr 2004 von der weiteren Beteiligten zu 2) wurde und derzeit von der weiteren Beteiligten zu 1) verwaltet wird.

Die Wohnungseigentümer fassten in der Eigentümerversammlung vom 27.9.2004 zu Tagesordnungspunkt (TOP) 6 folgenden Beschluss:

Der Wohnungseigentümer mit der Nr. 3 wird verpflichtet, seine Wohnungseingangstüre instand setzen zu lassen, nach dem System W., um den Anforderungen an den Schallschutz und den Vorgaben der Baubeschreibung zu genügen.

Diesen Beschluss hat der Antragsteller, Sondereigentümer der Wohnung Nr. 4, im Beschluss versehentlich mit Nr. 3 bezeichnet, angefochten. Das AG hat mit Beschluss vom 2.2.2005 den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 27.9.2004 für ungültig erklärt. Gegen diese Entscheidung haben die zunächst von der gleichen Anwaltssozietät vertretenen Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerdekammer hat den Antragsgegnern am 19.4.2005 schriftlich die Rücknahme ihres Rechtsmittels empfohlen.

Am 7.7.2005 fand eine Eigentümerversammlung statt, an der alle Wohnungseigentümer teilnahmen. Die Wohnungseigentümer fassten nunmehr den Beschluss, "dass den Empfehlungen des Vizepräsidenten des LG Folge geleistet und das Rechtsmittel zurückgenommen wird. Dazu wird der Verwalter ausdrücklich beauftragt und bevollmächtigt. Herrn RA Dr. K. ist dahingehend das Mandat zu entziehen."

Unter den Beteiligten ist strittig, ob der Beschluss verkündet wurde. Ein Antrag auf Ungültigerklärung wurde nicht gestellt.

Mit Schreiben vom 12.7.2005, beim LG eingegangen am 14.7.2005, hat die damalige Verwalterin die Zurücknahme des Rechtsmittels erklärt. Demgegenüber haben die bisherigen anwaltlichen Bevollmächtigten der Wohnungseigentümer mit ebenfalls am 14.7.2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz erklärt, sie würden den Wohnungseigentümer L. (Antragsgegner zu 1) weiterhin vertreten, dieser halte sein Rechtsmittel für begründet und bleibe bei seinen Anträgen. Mit Schriftsätzen vom 8.8./5.9.2005 haben sie dies wiederholt und erklärt, ihre Sozietät betreibe das Verfahren für den Miteigentümer L. weiter.

Das LG ist von einer wirksamen Zurücknahme der Beschwerde ausgegangen und hat mit Beschluss vom 24.11.2005 die Antragsgegner samtverbindlich dazu verpflichtet, die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und dem Antragsteller die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Gegen diese Entscheidung richtet sich das Rechtsmittel des Antragsgegners zu 1).

II. Das Rechtsmittel ist als sofortige weitere Beschwerde statthaft (§ 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 WEG; § 27 Abs. 1 und 2, § 29 Abs. 2 und 4 FGG). Das LG hat, ohne eine Hauptsacheentscheidung zu treffen, erstmalig über den Kostenpunkt entschieden (vgl. § 20a Abs. 2 FGG). In diesem Fall ist statthaftes Rechtsmittel trotz des Wortlauts in § 20a Abs. 2 FGG die sofortige weitere Beschwerde (Weitnauer/Mansel, WEG, 9. Aufl., § 47 Rz. 4, m.w.N.). Das hat zur Folge, dass der Senat, wie auch sonst in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit üblich, als Rechtsbeschwerdegericht entscheidet.

Unter Anlegung eines insoweit grundsät...

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