Leitsatz (amtlich)
1. Unter § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG fällt auch der Antrag, festzustellen, dass ein Eigentümerbeschluss mit einem bestimmten (in der Versammlungsniederschrift protokollierten) Inhalt nicht zustande gekommen ist. Offen bleibt, ob ein solcher Antrag der Monatsfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG unterliegt (wie BayObLG v. 7.12.1995 - 2Z BR 72/95, BayObLGZ 1995, 407 = BayObLGReport 1996, 18).
2. Ein Antrag auf Ungültigerklärung des in der Niederschrift ausgewiesenen Beschlusses kann im Einzelfall in einen Antrag auf Feststellung, dass ein Beschluss zu diesem Tagesordnungspunkt nicht zustande gekommen ist, umgedeutet werden; er setzt entsprechend § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse an der Feststellung voraus.
Normenkette
WEG § 23 Abs. 1, 4, § 43 Abs. 1 Nr. 4; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 15.12.2005; Aktenzeichen 1 T 16864/05) |
AG München (Aktenzeichen 483 UR II 251/05) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des LG München I vom 15.12.2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass in der Eigentümerversammlung vom 11.2.2005 zu den Tagesordnungspunkten 2, 4 und 5.1 keine Beschlüsse gefasst wurden.
II. Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 13.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus zwei selbständigen Gebäudekomplexen besteht. Das Gesamtgrundstück ist durch die Begründung von Sondereigentum und Sondernutzungsrechten in zwei Flächen aufgeteilt. Der Antragsteller hält 36/100-stel Miteigentumsanteile verbunden mit dem Sondereigentum an dem Anwesen R.-straße 26a; der Antragsgegner hält 64/100-stel Miteigentumsanteile verbunden mit dem Sondereigentum an der Einheit R.-straße 26. Das Stimmrecht bemisst sich nach der Größe der Miteigentumsanteile.
Gemäß § 4 der Gemeinschaftsordnung (GO) ist dem jeweiligen Eigentümer das alleinige Nutzungsrecht an denjenigen Teilen, Anlagen und Einrichtungen der zu seinem Wohnungseigentum gehörenden Gebäude, die nicht Gegenstand des Sondereigentums sind, eingeräumt. Nach § 7 GO ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, die seinem Sondereigentum unterliegenden Gebäudeteile und die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes und des Grundstücks, die seiner alleinigen Nutzung unterliegen, ordnungsgemäß instand zu halten und instand zu setzen sowie auf seine Kosten zu unterhalten.
Laut dem vom Antragsgegner am 25.2.2005 gefertigten Protokoll wurden in der Eigentümerversammlung vom 11.2.2005 unter den Tagesordnungspunkten (TOP) 2, 4, 4.1, 4.2, 5.1, 5.2 und 9 folgende Beschlüsse gefasst:
TOP 2
Dr. L. (= der Antragsteller) ist verpflichtet, seine Entscheidung und Vergabe zur Instandhaltung/Instandsetzung der Fensterläden bis zum 31.3.2005 Dr. Dr. S. (= der Antragsgegner) bekannt zu geben.
TOP 4
Die Wohnungseigentümer haben auf jeweils eigene Kosten die ihrer alleinigen Nutzung unterliegenden Bestandteile streichen zu lassen.
Das bedeutet für Dr. Dr. S.: Die beiden Garagentore mit seitlichen Einfassungen und 1 ½ Garagenpfeiler sowie die seitliche Garagenvorplatzmauer (Nord).
Für Dr. L.: sein Garagentor mit seitlichen Einfassungen mit ½ Garagenpfeiler, die seitliche Garagenvorplatzmauer (Süd) sowie die Gartenmauer entlang der Straße mit Gittereinsätzen streichen zu lassen.
Das innerbereichliche Trenngitter ab Abfallhäuschen bis zur Sickerfläche NW des Hauses R.-straße 26a ist als Gemeinschaftseigentum mit Kostenschlüssel 50: 50 wegen Flächengleichheit der südlichen und nördlichen Stahlgitterseite instand zu halten.
Die Eigentümer haben (ohne Tonnenhäuschenbereich) bis 30.4.2005 die im gemeinschaftlichen Eigentum befindlichen Trenngitter und die zur Hälfte zu übernehmenden Bestandteile instand zu setzen. Dr. L. unterrichtet seine Mieter über den Malertermin (BGB § 554). Dr. L. hat bis zum 15.4.2005 für den Zweck der Streicharbeiten (Instandsetzung) zunächst den Betrag von 613,56 EUR auf das Konto (...) zu überweisen.
TOP 4.1
Dr. L. wird aufgefordert, seine Stellungnahme zur Wiederherstellung des Milchkästchens unter den vorgenannten Gegebenheiten bis zum 15.4.2005 an Dr. Dr. S. bekannt zu geben. Wenn dieses Milchkästchen wieder hergestellt werden soll, dann muss auch der über der oberen Torangel quergerissene Torpfeiler in Sichtbeton wieder instand gesetzt, d.h. abgetragen und neu aufgezogen werden. Gemäß Beschluss des BayObLG handelt es sich um eine bauliche Veränderung, die bei nachgewiesenem, notwendigem Gebrauch nicht zulässig ist.
Ohne hinreichende Begründung des Dr. L. zum Wegfall des Milchkästchens bis zum 30.3.2005 ist dieses in der ursprünglichen Art bei gleichzeitiger fachgerechter Instandsetzung des jetzt quergerissene Torpfeilers in Sichtbeton wieder herzustellen.
Die Kosten für die Wiederherstellung hat Dr. L. zu tragen.
TOP 4.2
Dr. L. hat entgegen allen Hinweisen zur ges...