Leitsatz (amtlich)
1. Für einen Stichtag im Juni 2013 ist eine Marktrisikoprämie von 5,0 % (nach persönlichen Steuern) angemessen.
2. Das Gericht kann im Spruchverfahren zur Ermittlung der angemessenen Abfindung gem. § 305 AktG im Rahmen der Unternehmensbewertung nach der Ertragswertmethode die im Diskontierungssatz anzusetzende Marktrisikoprämie auch unter den Mittelwert der vom Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW empfohlenen Bandbreite absenken.
3. Der Verrentungszinssatz für die Errechnung des angemessenen garantierten Ausgleichs nach § 304 AktG kann sich jedenfalls dann nicht nach dem stichtagsbezogenen Risiko des beherrschenden Unternehmens richten, wie es im Risiko-Spread einer langfristigen Unternehmensanleihe zum Ausdruck kommt, wenn der Markt zum Stichtag objektiv bestehende nicht unerhebliche wert- und risikorelevante Verhältnisse des beherrschenden Unternehmens, wie die Manipulation von Abgaswerten bei ... AG, nicht kannte.
Normenkette
AktG §§ 304-305
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
2. Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 2, 12, 18, 28, 29, 30, 32, 40, 43 - 47, 49, 55, 57 - 60, 62, 64, 65, 68, 71, 72, 74, 76 - 78, 80, 83, 85, 86, 89, 92 - 94, 96, 98, 118, 121, 138, 142, 144 - 146, 151, 153 wird der von der Antragsgegnerin gem. Ziffer 4.3 des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags zwischen der Antragsgegnerin und der M. S. zu zahlende jährliche feste Ausgleich je Aktie auf 5,50 EUR brutto abzüglich etwaiger Körperschaftssteuer und etwaigem Solidaritätszuschlag nach dem jeweils für diese Steuern für das betreffende Geschäftsjahr geltenden Steuersatz festgesetzt. Im Übrigen werden die Beschwerden dieser Antragsteller zurückgewiesen.
3. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Beschwerdeverfahren trägt die Antragsgegnerin.
4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren sowie der Wert für die von der Antragsgegnerin an die Gemeinsame Vertreterin der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten Aktionäre zu zahlenden Vergütung werden auf EUR 7,5 Mio. festgesetzt.
5. Die Vergütung für die Gemeinsame Vertreterin der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten Aktionäre wird auf 14.430,54 EUR festgesetzt.
Gründe
A. I. Gegenstand des Verfahrens sind die Barabfindung und der Ausgleich der außenstehenden Aktionäre nach Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen der Antragsgegnerin, einer 100%-igen Tochter der V. A., und der M. S. (im Folgenden auch: die Gesellschaft).
Satzungsgemäßer Unternehmensgegenstand der Gesellschaft ist die Beteiligung an Unternehmen aller Art, insbesondere des Maschinen-, Anlagen- Fahrzeug- und Motorenbaus, des Handels und der Herstellung solcher Erzeugnisse sowie der Bearbeitung von Werkstoffen aller Art. Am 6.6.2013 war ihr Grundkapital von EUR 376.422.400,00 in 140.974.350 Stammaktien und 6.065.650 stimmrechtslose Vorzugsaktien eingeteilt; die Antragsgegnerin hielt 105.769.788 Stammaktien und 2.626.244 Vorzugsaktien, die sie am 16.4.2013 von der V. A. übertragen erhalten hatte.
Am 26.4.2013 schlossen die Gesellschaft und die Antragsgegnerin einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, dem die Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin am 25.4.2013 und die Hauptversammlung der Gesellschaft am 6.6.2013 zustimmten. Der Vertrag sieht eine jährliche Ausgleichszahlung für den Wegfall des Gewinnabführungsanspruchs in Höhe von EUR 3,30 brutto je Stamm- und Vorzugsaktie abzüglich Körperschaftssteuerbelastung und Solidaritätszuschlag sowie alternativ eine einmalige Barabfindung von EUR 80,89 je Stamm- und Vorzugsaktie vor.
Die Absicht zum Vertragsabschluss wurde mit Ad hoc-Mitteilung am 9.1.2013 an die Finanzmärkte bekanntgemacht. Im Zeitraum zwischen 9.10.2012 und 8.1.2013 betrug der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht veröffentlichte gewichtete Durchschnittskurs EUR 79,03 je Stamm- und EUR 73,39 je Vorzugsaktie.
Die von der Antragsgegnerin und der Gesellschaft beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (im Folgenden auch: die Bewerterinnen) P. A. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und K. A. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ermittelten in der gemeinsamen gutachtlichen Stellungnahme (Anlage LL 2) zum Stichtag 6.6.2013 nach dem Ertragswertverfahren einen Unternehmenswert der Gesellschaft von EUR 11,894 Mrd, eine Barabfindung von EUR 80,89 je Stamm- und Vorzugsaktie und eine Brutto-Ausgleichszahlung von EUR 3,30.
Dabei gingen sie von einer Detailplanungsphase 2013 bis 2017 aus. Sie setzten bei der Kapitalisierung der künftigen Überschüsse den Basiszinssatz mit 2,5 % vor Steuern an, den Risikozuschlag mit 5,82 % für 2013, 6,06 % für 2014, 5,95 % für 2015, 5,7 % für 2016 und 5,67 % für 2017 sowie 5,4 % in der Phase der ewigen Rente (aus Marktrisikoprämie von 5,5 % nach Steuern und verschuldeten Betafaktoren, ermittelt aus einer Peer Group, von 1,06, ...