Leitsatz (amtlich)
Wirksamkeit einer postmortalen Vollmacht zur Löschung einer zugunsten des Erblassers eingetragenen Rückauflassungsvormerkung trotz angeordneter Testamentsvollstreckung.
Normenkette
BGB § 168; GBO §§ 18-19
Verfahrensgang
AG München - Grundbuchamt (Aktenzeichen DF-18947-7) |
Tenor
Die Zwischenverfügung des AG München - Grundbuchamt - vom 18.5.2012 wird aufgehoben.
Gründe
i. Mit notarieller Urkunde vom 23.12.2002 überließ Herbert M. seinem Sohn, dem Beteiligten, Wohnungs- und Teileigentum. Für den Veräußerer wurde für einen aufschiebend bedingten Rückerwerbsanspruch eine Rückauflassungsvormerkung bewilligt und am 29.1.2003 zusammen mit dem Eigentumsübergang im Grundbuch eingetragen. Der Veräußerer verstarb am 4.3.2010. Im notariellen Testament vom selben Tag hatte er den Beteiligten zum Erben eingesetzt und ihn mit Vermächtnissen belastet. Im Hinblick auf deren Erfüllung und die Erfüllung der Grundbesitzauseinandersetzung wurde Testamentsvollstreckung angeordnet. Die Sterbeurkunde befindet sich in beglaubigter Abschrift beim Grundbuchamt. In der notariellen Urkunde vom 23.12.2002 bevollmächtigte der Übergeber für seinen Todesfall den Erwerber - den Beteiligten -, die Löschung der zu ihren (gemeint: seinen) Gunsten im Grundbuch eingetragenen Vormerkung unter Vorlage einer Sterbeurkunde zu bewilligen.
Unter dem 12.5.2012 hat der Notar gem. § 15 GBO die Löschung unter Vorlage einer Bewilligung des Beteiligten beantragt. Mit Zwischenverfügung vom 18.5.2012 hat das Grundbuchamt Frist zur Behebung folgenden Eintragungshindernisses gesetzt: Der Erblasser habe Testamentsvollstreckung angeordnet, diese sei mit seinem Tod eingetreten. Die dem Erben (Beteiligten) im Überlassungsvertrag erteilte Vollmacht zur Löschung der Vormerkung sei mit Eintritt des Todes und Wirksamwerden der Testamentsvollstreckung erloschen. Zur Löschung der Vormerkung sei die Vorlage einer Bewilligung der Testamentsvollstrecker nebst Testamentsvollstreckerzeugnis in grundbuchtauglicher Form erforderlich.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten, die damit begründet wird, dass die Vollmacht nicht durch den Todesfall erloschen, sondern als postmortale Vollmacht gerade dafür erteilt sei. Die Vollmacht sei dem Beteiligten auch nicht als Erben, sondern als dem Erwerber des Grundbesitzes erteilt und daher von der Erbenstellung unabhängig. Daher sei es unerheblich, ob er durch eine Testamentsvollstreckung beschwert sei. Bei der dem Erwerber erteilten postmortalen Löschungsvollmacht handle es sich um ein übliches Verfahren, diesem die Löschung der Vormerkung nach Versterben des Veräußerers zu ermöglichen, ohne Erbe zu sein und ohne eine Erklärung der Erben zu benötigen.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die zulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügung (§ 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1, § 71 Abs. 1 und § 73 GBO) hat zumindest vorläufig Erfolg.
1. Die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) ist aufzuheben, unabhängig davon, ob man die Rechtsansicht des Grundbuchamts teilt. Folgt man dieser, so liegt nämlich ein nicht behebbares Eintragungshindernis vor, so dass der Löschungsantrag sofort zurückzuweisen wäre (BayObLG Rpfleger 1986, 176; vgl. Demharter, GBO, 28. Aufl., § 18 Rz. 12 und Rz. 32). Denn die nach Meinung des Grundbuchamts zur Löschung erforderliche Bewilligung der Testamentsvollstrecker (§ 19 GBO, § 2205 BGB) liegt nicht vor. Die Zwischenverfügung mit ihrer rangwahrenden Wirkung dient aber nicht dazu, erst die Schaffung der Eintragungs- bzw. der Löschungsgrundlagen zu ermöglichen (vgl. auch OLG Frankfurt ZEV 2012, 377).
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Mit der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist davon auszugehen, dass bereits eine transmortale, also vor und über den Tod hinaus geltende Vollmacht selbständig neben der Testamentsvollstreckung stehen und dem Vollmachtnehmer eigenständige, vom Erblasser und nicht vom Testamentsvollstrecker abgeleitete Befugnisse verleihen kann (vgl. auch wegen weiterer Nachweise OLG München vom 15.11.2011 - 34 Wx 388/11, FGPrax 2012, 14; OLG Frankfurt ZEV 2012, 377 jeweils zur Generalvollmacht; Palandt/Weidlich BGB, 71. Aufl. vor § 2197 Rz. 12). Dabei mag es Fälle geben, in denen die Wirkung durch die Rechte des Testamentsvollstreckers eingeschränkt wird, sobald dieser das Amt angenommen hat (vgl. Staudinger/Reimann BGB Neubearb. 2012 § 2197 Rz. 68). Das Verhältnis ist jedoch anders zu beurteilen, wenn anzunehmen ist, dass nach dem Willen des Erblassers die Rechte des Testamentsvollstreckers durch die des Bevollmächtigten eingeschränkt sein sollen (vgl. Senat, a.a.O.; Staudinger/Reimann, a.a.O.; MünchKomm/Zimmermann BGB, 5. Aufl. vor § 2197 Rn. 15). Da beide, Testamentsvollstrecker wie Bevollmächtigter, ihre Befugnisse vom Erblasser herleiten, ist dessen Erklärung auszulegen (vgl. MünchKomm/Zimmermann vor § 2197 Rz. 15 a.E.). Die Auslegung nach den Maßstäben des § 133 BGB kann und muss das Grundbuchamt unabhängig von der Schwieri...