Leitsatz (amtlich)
1. Der Vorstand hat den Aktionären auf deren Verlangen in der Hauptversammlung Auskunft über die Kosten der Gewährung von Bezugsrechten an Vorstand, Arbeitnehmer und Aufsichtsrat zu geben.
2. Ermächtigt die Hauptversammlung gleichzeitig Vorstand und Aufsichtsrat, sich gegenseitig Bezugsrechte zu gleichwertigen Bedingungen einzuräumen, so ist das nicht nur mit der Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Festsetzung der Vergütung für den Aufsichtsrat, sondern auch mit der vom Aufsichtsrat auszuübenden Kontrolle des Vorstandes unvereinbar.
Normenkette
AktG § 111 Abs. 1, § 113 Abs. 1, § 131 Abs. 1, § 186 Abs. 4, § 192 Abs. 2 Nr. 3, § 193 Abs. 2 Nr. 4, § 221 Abs. 4, § 241 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 5 HKO 14099/00) |
Tenor
I. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt bis zur Erledigterklärung des Rechtsstreits hinsichtlich der Anfechtung des Beschlusses vom 4.7.2000 unter dem Tagesordnungspunkt 9.3 180.000 Euro, ab da bis zur Erledigterklärung der übrigen Hauptsache 162.000 Euro und von da an 30.000 Euro.
Gründe
I. Die Kläger sind Aktionäre der Beklagten und fochten die unter den Tagesordnungspunkten 9.2 und 9.3 auf deren ordentlicher Hauptversammlung vom 4.7.2000 gefassten Beschlüsse über die Ermächtigung des Aufsichtsrates zur Begebung von Aktienoptionen an Arbeitnehmer und Mitglieder des Vorstandes sowie die Ermächtigung des Vorstandes zur Begebung von Optionsschuldverschreibungen an Mitglieder des Aufsichtsrates nebst Schaffung eines jeweils entsprechenden bedingten Kapitals von 90.000 Euro, 72.000 Euro und 18.000 Euro, eingeteilt in Aktien zu jeweils 1 Euro, an, hilfsweise begehrten sie die Feststellung der Nichtigkeit dieser Beschlüsse.
Das LG München I hat am 7.12.2000 die angefochtenen Beschlüsse für wirksam gehalten und die Klage abgewiesen (LG München v. 7.12.2000 – 5 HKO 14099/00, ZIP 2001, 287 ff.). Mit ihrer Berufung verfolgten die Kläger ihr Klageziel weiter. Nachdem der jeweilige Zeitraum zur Begebung der Optionen und Optionsschuldverschreibungen am 31.12.2001 abgelaufen ist, ohne dass von den Ermächtigungen Gebrauch gemacht worden ist, haben die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt und jeweils beantragt, der Gegenseite die Kosten aufzuerlegen.
Die Kläger hielten den Beschluss zu TOP 9.2 schon deshalb für nichtig, weil insoweit nicht ordnungsgemäß geladen worden sei. Der zum hierfür notwendigen Bezugsrechtsausschluss schriftlich zu verfassende Bericht des Vorstands sei in der im Bundesanzeiger Nr. 99 vom 25.5.2000 veröffentlichten Einladung (Anl. 3 zu Bl. 36/37) nicht bekannt gemacht worden. Auch fehle es diesem Beschluss an dem anzugebenden Erfolgsziel. Der Beschluss zu TOP 9.3 sei nichtig, da die Begebung von Stock Options für Aufsichtsratsmitglieder nach deutschem Recht nicht vorgesehen sei und die beschlossene Begebung von Optionsschuldverschreibungen das unterlaufe. Ferner stützten die Kläger ihre Anfechtung auf die Nichtbeantwortung entscheidungserheblicher Fragen des Klägers zu 3) nach dem Grund für die Entwicklung des zum 31.12.1999 i.H.v. 688.000 DM bilanzierten Beteiligungsinvestment und den Gesamtkosten des Optionsplanes sowie die Verletzung des § 87 Abs. 1 AktG durch unangemessene Gesamtbezüge des Vorstandes in Folge des für den Vorstand beschlossenen Optionsplanes. Schließlich beanstandeten die Kläger, dass es durch die angefochtenen Beschlüsse ins Ermessen von Vorstand und Aufsichtsrat gestellt worden sei, sich gegenseitig überhöhte Bezüge zu bewilligen.
Die Beklagte sah die angefochtenen Beschlüsse dagegen für wirksam an. Ein Vorstandsbericht sei nicht notwendig gewesen, da in § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG anders als z.B. in § 221 Abs. 4 AktG keine Verweisung auf § 186 Abs. 4 S. 2 AktG enthalten sei. Das sei kein gesetzgeberisches Versehen, wie aus dem Regierungsentwurf zum KonTraG hervorgehe. Auch sei die Börseneinführung der Gesellschaft im Hinblick auf die dabei zu erfüllenden Voraussetzungen ein zulässiges Erfolgsziel. Durch die Einführung des § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG habe der Gesetzgeber entsprechend dem Regierungsentwurf zum KonTraG die Gewährung von Optionsanleihen oder Optionsschuldverschreibungen ausdrücklich nicht einschränken wollen. Zudem sei die Vergütungskompetenz der Hauptversammlung nach § 113 AktG durch den Beschluss zu TOP 9.3 nicht angetastet worden. Im Übrigen hätten die Kläger die Ausführungen zum inneren Wert der Aktie nicht verstanden und ihre Frage nach den Kosten der Optionspläne habe, da auf die Zukunft gerichtet, nicht beantwortet werden können.
II. Gemäß § 91a Abs. 1 ZPO waren die Kosten des Rechtsstreits in beiden Zügen der Beklagten aufzuerlegen. Ohne übereinstimmende Erledigterklärung hätte die Nichtigkeit der angefochtenen Beschlüsse der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 4.7.2000 festgestellt werden müssen. Die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 9.2...