Leitsatz (amtlich)
1. Der Beschluss über eine umfassende Fassaden- und Balkonsanierung, der solche Fassadenteile von der Sanierung ausnimmt, die sich im Zug der Maßnahme als nicht sanierungsbedürftig erweisen, kann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Es ist nicht zwingend erforderlich, vorab den Sanierungsumfang, etwa durch Gutachten, im Einzelnen festzulegen.
2. Auslegung einer Gemeinschaftsordnung, die Balkone trotz ihrer Zugehörigkeit zum Gemeinschaftseigentum der ausschließlichen Benutzung des Wohnungseigentümers, vor dessen Wohnung sie liegen, zuordnet und zugleich festlegt, dass der Wohnungseigentümer hierfür alle Kosten der Instandhaltung, mit Ausnahme des Balkonanstrichs, allein zu tragen hat.
Normenkette
WEG §§ 10, 16 Abs. 2, § 21 Abs. 3, 5 Nr. 2
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 31.03.2006; Aktenzeichen 1 T 12645/05) |
AG München (Beschluss vom 06.06.2005; Aktenzeichen 481 UR II 238/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss des LG München I vom 31.3.2006 in Ziff. I dahin abgeändert, dass nur der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 27.2.2003 zu Tagesordnungspunkt 6.1 (Sonderumlage) für ungültig erklärt wird. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG München vom 6.6.2005 zurückgewiesen.
II. Im Übrigen werden die sofortigen weiteren Beschwerden des Antragstellers und der Antragsgegner gegen den Beschluss des LG München I vom 31.3.2006 zurückgewiesen.
III. Die Kostenentscheidung des LG München I in Ziff. IV wird abgeändert.
Von den Gerichtskosten im Verfahren vor dem AG und dem LG trägt der Antragsteller 2/3, die Antragsgegner tragen samtverbindlich 1/3. Der Antragsteller hat den Antragsgegnern 1/3 der diesen im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Eine weitergehende Erstattung der außergerichtlichen Kosten in beiden Verfahrenszügen wird nicht angeordnet.
IV. Von den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben der Antragsteller 2/3 und die Antragsgegner, diese samtverbindlich, 1/3 zu tragen. Der Antragsteller hat den Antragsgegnern 1/3 der diesen im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Eine weitergehende Erstattung außergerichtlicher Kosten im Rechtsbeschwerdeverfahren findet nicht statt.
V. Der Geschäftswert wird für sämtliche Rechtszüge auf 30.000 EUR festgesetzt. Die entgegenstehenden Festsetzungen des AG vom 18.5.2004 und des LG im Beschluss vom 31.3.2006 werden entsprechend abgeändert.
Gründe
1. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Sämtliche 26 Wohnungen verfügen über einen Balkon bzw. eine Dachterrasse unterschiedlicher Größe. Die Wohnung des Antragstellers ist verbunden mit einem Miteigentumsanteil von 54,6/1.000.
Die Gemeinschaftsordnung aus dem Jahr 1971 führt unter Abschn. II 3 als gemeinschaftliches Eigentum Teile, Anlagen und Einrichtungen der Gebäude auf, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen, darunter "insb. auch die Balkone".
Die Instandhaltungspflichten für Teile des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums sind in Abschnitt VI folgendermaßen geregelt:
1. Die dem Sondereigentum unterliegenden Gebäudeteile und Einrichtungen müssen ordnungsgemäß instand gehalten oder - spätestens nach Abmahnung durch den Verwalter - instand gesetzt werden.
2. Alle anderen Gebäudeteile und Einrichtungen, auch diejenigen, welche das einheitliche äußere Gesamtbild beeinflussen, werden durch den Verwalter instand gehalten bzw. instand gesetzt, auch wenn sie sich im Bereich eines Sondereigentums befinden.
Hinsichtlich der Balkone enthält die Gemeinschaftsordnung folgenden mit "Gebrauchsregelung" überschriebenen Abschnitt XII:
Die vor jeder Wohnung befindlichen Balkone unterliegen trotz ihrer Zugehörigkeit zum Gemeinschaftseigentum der ausschließlichen Benutzung des Wohnungseigentümers, vor dessen Wohnung sie liegen. Er hat hierfür alle Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung allein zu tragen. Der Balkonanstrich wird im Interesse einer einheitlichen Fassadengestaltung im Rahmen des gesamten Außenanstrichs vom Verwalter auf Kosten der Eigentümergemeinschaft veranlasst. Das gleiche gilt auch für die Dachterrassen.
Schließlich zählen gem. Abschnitt XIII 1d zu den Bewirtschaftungskosten die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung, soweit die Kosten gem. Ziff. VI der Gemeinschaft obliegen, einschließlich eines Betrages für die Bildung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage.
Die Wohnungseigentümer befassten sich im Jahr 2003 mit der Fassaden- und Betonsanierung, deren Notwendigkeit vom Antragsteller nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird. In der Eigentümerversammlung vom 27.2.2003 beschlossen die Wohnungseigentümer zunächst einstimmig die Durchführung der Fassaden- und Betonsanierung einschließlich Balkonsanierung im Frühjahr 2003 und deren Finanzierung teils durch Rücklagenentnahme und teils durch ...