Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem nur mündlich geschlossenen Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann dessen Inhalt ausnahmsweise auch ohne Vorlage des Vertrags in grundbuchmäßiger Form zur Überzeugung des Grundbuchamts nachgewiesen werden (Anschluss an BayObLG MittBayNot 1993, 363).
2. Bestehen konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein von - namenslosen - unterschiedlichen Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit identischen Gesellschaftern, kann es der Bestimmtheitsgrundsatz im Grundbuchrecht erfordern, von Amts wegen einen klarstellenden Vermerk zu den jeweiligen Gesellschaften im Grundbuch aufzunehmen, der das notwendige Unterscheidungsmerkmal liefert.
Normenkette
GBO §§ 19, 22, 29 Abs. 1; GBV § 15 Abs. 1 Buchst. c
Verfahrensgang
AG Aichach (Beschluss vom 20.09.2012) |
AG Aichach (Beschluss vom 24.07.2012) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 werden die Beschlüsse des AG Aichach - Grundbuchamt - vom 24.7.2012 und vom 20.9.2012 aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, die Berichtigung der Grundbücher von Aichach Bl. 3871 und 4381 gemäß Antrag vom 12.9.2012 durch Eintragung der Beteiligten zu 1 als Mitgesellschafterin zu vollziehen und anschließend über den Antrag vom 20.7.2012 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1 ist die Witwe des Bruders des Beteiligten zu 2. Die Brüder hatten im Jahr 1976 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zum Betrieb einer Bäckerei gegründet, für die sie im Jahr 1978 einen privatschriftlichen Gesellschaftsvertrag errichteten. Die GbR wandelten sie im Jahr 1983 in eine oHG um und ließen diese im Handelsregister eintragen.
Im Jahr 1986 erwarben die Brüder als GbR ein Wohnungseigentum. Beide wurden darauf am 21.8.1987 im Grundbuch (Bl. 3871) eingetragen mit dem Zusatz: "als Gesellschafter bürgerlichen Rechts". Im Jahr 1987 erwarben die Brüder zudem für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts das Eigentum an einem weiteren Grundstück (Bl. 4381) und wurden am 6.10.1987 ebenso antragsgemäß "als Gesellschafter des bürgerlichen Rechts" eingetragen.
Nach dem Tod des Ehemannes der Beteiligten zu 1 errichteten die beiden Beteiligten am 31.5.2012 einen notariellen Auseinandersetzungsvertrag. Darin erklärten sie, dass der genannte Grundbesitz jeweils zum Gesellschaftsvermögen einer eigenen GbR gehöre. Für beide Gesellschaften seien keine Gesellschaftsverträge geschlossen, so dass in Folge des Ablebens des Gesellschafters die Beteiligte zu 1 als Ehefrau und dessen Alleinerbin nunmehr Mitgesellschafterin der Liquidationsgesellschaft sei. Zur Auseinandersetzung der beiden Gesellschaften ließen die Beteiligten in der Urkunde den Grundbesitz jeweils an sich als Miteigentümer je zu 1/2 auf und beantragten unter dem 20.7.2012 beim Grundbuchamt die Eintragung.
Mit Beschluss vom 24.7.2012 hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag zurückgewiesen, da nach dem vorliegenden Gesellschaftsvertrag vom 22.2.1978 die GbR bei Tod eines Gesellschafters von dem verbleibenden Gesellschafter allein und nicht mit den Erben des verstorbenen Mitgesellschafters fortgeführt werden solle. Dass es sich bei den Gesellschaften bürgerlichen Rechts jeweils um unterschiedliche handelt, sei aus dem Grundbuch nicht ersichtlich.
Gegen den Beschluss haben die Beteiligten unter dem 30.7.2012 Erinnerung eingelegt, die das Grundbuchamt als Beschwerde ausgelegt und ihr am 3.8.2012 nicht abgeholfen hat.
Mit notarieller Urkunde vom 12.9.2012 beantragten und bewilligten die Beteiligten die Berichtigung des Grundbuchs dahingehend, dass die Beteiligte zu 1 als Erbin des bisherigen Mitgesellschafters nunmehr jeweils als Mitgesellschafterin in den beiden Grundbüchern eingetragen wird. Diesen Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 20.9.2012 zurückgewiesen, da mangels Nachweises der Gesellschaftsverträge weder ein Unrichtigkeitsnachweis noch ein Nachweis für eine Bewilligungsberechtigung erbracht werden könnten. Zudem würde die Eintragung von zwei verschiedenen Gesellschaften unter gleichem Namen dem Bestimmtheitsgrundsatz des Grundbuchrechts widersprechen. Im Übrigen fehle eine Unbedenklichkeitsbescheinigung.
Gegen den Beschluss vom 20.9.2012 hat die Beteiligte zu 1 am 2.10.2012 unmittelbar zum OLG Beschwerde eingelegt. Sie hat zuletzt beantragt, beide Beschlüsse des AG - Grundbuchamts - aufzuheben und die Beteiligte zu 1 nach vorheriger Grundbuchberichtigung als (Mit-)Eigentümerin im Grundbuch einzutragen.
II. Die Rechtsmittel erweisen sich im Wesentlichen als begründet.
Die Beteiligte zu 1 verfolgt, wie sie unter dem 29.10.2012 klargestellt hat, zunächst das Ziel, ihre Eintragung als Mitgesellschafterin der nunmehrigen Liquidationsgesellschaft im Wege der Grundbuchberichtigung zu vollziehen. Im zweiten Schritt soll die Auflassung des Grundbesitzes gemäß Auseinandersetzungsvertrag vom 31.5.2012 an die Beteiligten zu 1 und 2 je zu 1/2 im Grundbuch eingetragen werden.
1. Das als Erinnerung bezeichnete Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 24.7.2...