Leitsatz (amtlich)
1. Die vor Annahme des Amtes des Testamentsvollstreckers getroffene Verfügung ist unwirksam.
2. Sie bedarf zur Erlangung der Wirksamkeit der Genehmigung des Verfügungsbefugten und wird nicht allein dadurch wirksam, dass der Verfügende später das Amt des Testamentsvollstreckers annimmt.
3. Bei einem mehraktigen Verfügungstatbestand muss der Verfügende grundsätzlich im Zeitpunkt des letzten Teilakts noch verfügungsbefugt sein.
Normenkette
BGB §§ 185, 2202; GBO §§ 29, 53 Abs. 1
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts München - Grundbuchamt - vom 13.07.2023 aufgehoben.
2. Das Amtsgericht München - Grundbuchamt - wird angewiesen, gegen die Eintragung der Beteiligten zu 2) in Abteilung I des Grundbuchs des Amtsgerichts München für xxx Blatt xxxx einen Widerspruch zu Gunsten der Beteiligten zu 1) einzutragen.
Gründe
I. Der Onkel der Beteiligten zu 1) war u. a. als Alleineigentümer eines in xxx gelegenen Grundbesitzes eingetragen. Er verstarb am 05.11.2021. Der Verstorbene hatte unter dem 29.03.2021 ein notarielles Testament errichtet, in welchem er der Beteiligten zu 2) als Vermächtnis das Alleineigentum an diesem Grundbesitz zugewandt hatte. Gleichzeitig hatte er Testamentsvollstreckung angeordnet und die Beteiligte zu 2) - unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB - als Testamentsvollstreckerin eingesetzt, mit der einzigen Aufgabe, das Vermächtnis zu ihren Gunsten zu erfüllen.
Am 07.02.2022 wurde die Auflassung des Grundstücks beurkundet. Dabei handelte die Beteiligte zu 2) sowohl in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin wie auch als Vermächtnisnehmerin.
In der Auflassungsurkunde heißt es u.a.:"
1.2. Testament, Vermächtnis, Testamentsvollstreckung
"Nach Angabe der Frau S. [= der Beteiligten zu 2)] hat diese ihr Testamentsvollstreckeramt angenommen. Vorsorglich wird die Annahme des Amtes hiermit nochmals erklärt. [...]
3. Auflassung
Es besteht Einigkeit darüber, dass das Vertragsobjekt in das Alleineigentum der Frau B. S. übergeht. Die Eintragung dieser Rechtsänderung im vorgenannten Grundbuch wird bewilligt und beantragt."
Der Notar übersandte dem Nachlassgericht die Urkunde "zur Kenntnisnahme wegen § 2202 Abs. 2 S. 1 BGB", sie ging dort am 10.02.2022 ein.
Unter dem 10.03.2022, beim Grundbuchamt eingegangen am 11.03.2022, legte der Urkundsnotar dem Grundbuchamt die Auflassungsurkunde vor und beantragte deren Vollzug gemäß Ziffer 3. der Urkunde.
Das Grundbuchamt zog die beim gleichen Amtsgericht geführten Nachlassakten bei. Nach dem gemeinschaftlichen Erbschein vom 11.05.2022 wurde der Verstorbene beerbt von 7 Personen, darunter der Beteiligten zu 1) zu 1/6.
Die Beteiligte zu 2) wurde am 19.08.2022 als Alleineigentümerin eingetragen.
Mit Schreiben vom 27.03.2023 beantragte die anwaltlich vertretene Beteiligte zu 1) die Berichtigung des Grundbuchs wegen offensichtlicher Unrichtigkeit und Eintragung der sich aus dem Erbschein ergebenden Erben als Eigentümer. Die Beteiligte zu 2) habe im Zeitpunkt der Auflassungserklärung ihr Amt als Testamentsvollstreckerin noch nicht angenommen gehabt, vielmehr sei die notarielle Annahmeerklärung erst am 10.02.2022 beim Nachlassgericht eingegangen und mit Zugang dort wirksam geworden. Mangels wirksamer Auflassung sei das Grundbuch unrichtig.
Mit Beschluss vom 13.07.2023 wies das Grundbuchamt den Antrag zurück, da eine Grundbuchunrichtigkeit i. S. d. § 894 BGB nicht vorliege. Beruhe die Testamentsvollstreckung auf einem öffentlichen Testament, könne sich das Grundbuchamt anstelle des Testamentsvollstreckerzeugnisses mit einer beglaubigten Abschrift dieser Verfügung und des Eröffnungsprotokolls des Nachlassgerichts begnügen. Da die Amtsannahmeerklärung der Beteiligten zu 2) am 10.02.2022 beim Nachlassgericht in Form einer beurkundeten Erklärung eingegangen sei, sei dem Grundbuchamt, welches zur Eintragung die Nachlassakten beigezogen habe, die Annahme des Testamentsvollstreckeramts formgerecht nachgewiesen worden.
Der hiergegen mit Schreiben vom 26.07.2023 eingelegten Beschwerde hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 02.08.2023 nicht abgeholfen. Es argumentiert, die Testamentsvollstreckung beginne schon vor Annahme des Amtes mit dem Erbfall und durch die Annahmeerklärung des Ernannten konkretisiere sich das Testamentsvollstreckeramt nur noch in seiner Person (LG Saarbrücken Rpfleger 2009, 375). Deshalb würden Verfügungen des Testamentsvollstreckers, die er vor Amtsbeginn treffe, gemäß entsprechender Anwendung des § 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB von selbst ex nunc wirksam (vgl. OLG München, Beschluss vom 08.09.2005 - 32 Wx 58/05, Rpfleger 2005, 661; MüKoBGB/Zimmermann, 9. Aufl. 2022, § 2202 BGB Rn. 4). Damit sei die Auflassungserklärung im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Amtsannahme ex nunc wirksam geworden. Zudem könne in der Antragstellung, welche der Notar nur auf Weisung der Beteiligten vornehme, eine nachträgliche Genehmigung der Auflassung gesehen werden.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Gemäß § 71 Abs. ...