Leitsatz (amtlich)
1. Wird die Klage wegen fehlender Prozess- oder Geschäftsfähigkeit als unzulässig abgewiesen, so steht dies der Kostentragung wegen Unterliegens (§ 91 ZPO) nicht entgegen.
2. Nimmt der Geschäftsunfähige den Mahnbescheidsantrag zurück, hat er daher gem. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO in entsprechender Anwendung die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Normenkette
ZPO §§ 91, 269 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 21.11.2011; Aktenzeichen 30 O 15247/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG München I vom 21.11.2011 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.977,53 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Auf den von der Antragstellerin persönlich gestellten, am 21.11.2010 beim zentralen Mahngericht eingegangenen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids über 211.088,40 EUR hat das AG am 28.12.2010 den Mahnbescheid antragsgemäß erlassen. Hiergegen wurde für den Antragsgegner Widerspruch eingelegt.
Mit Schriftsatz vom 4.3.2011 hat der Betreuer der Antragstellerin für diese den "Antrag auf Mahnbescheid ... hiermit zurückgenommen"; der Betreuer hat darauf verwiesen, dass für die Antragstellerin durch das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 25.8.2011 Einwilligungsvorbehalt, u.a. für "Vermögenssorge", angeordnet worden sei.
Auf Antrag des Antragsgegners hat das LG München I mit dem angefochtenen Beschluss der Antragstellerin die Verfahrenskosten auferlegt. Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, der das LG mit Beschluss vom 16.12.2011 nicht abgeholfen hat.
II. Die Beschwerde ist statthaft, vom hierfür zuständigen Betreuer für die Antragstellerin erhoben und auch im Übrigen zulässig. In der Sache bleibt sie indessen ohne Erfolg.
1. Auf die nach Rücknahme des Antrags auf Mahnbescheid zu treffende Kostenentscheidung ist § 269 III ZPO entsprechend anzuwenden (MünchKomm - Becker-Eberhard, ZPO, 3. Aufl., § 269 Rz. 49).
2. Zuständig für die Entscheidung ist nicht der Rechtspfleger, sondern, weil der Betreuer für die Antragstellerin die Anwendbarkeit von § 269 III 3 ZPO ins Feld führt, das (fiktive) Prozessgericht (MünchKomm, a.a.O., Rz. 65; Prütting/Gehrlein-Geisler, ZPO, 3. Aufl., § 269 Rz. 17).
3. Entgegen der Auffassung der Beschwerde bestehen keine Bedenken dagegen, der Antragsstellerin, die sich durch die - durch den Betreuer erklärte - Antragsrücknahme in die Rolle der Unterlegenen begeben hat, die Kosten aufzuerlegen. Sie ist daher nicht anders zu behandeln als bei Unterliegen im streitigen Verfahren (Prütting/Gehrlein, a.a.O., Rz. 13), etwa wegen Unzulässigkeit der Klage.
Wird aber die Klage wegen fehlender Prozess- oder Geschäftsfähigkeit abgewiesen, so steht dies der Kostentragung wegen Unterliegens nicht entgegen (BGHZ 121, 397, juris Rz. 10; Musielak-Wolst, ZPO, 8. Aufl., § 91 Rz. 5).
Das LG hat in seiner Nichtabhilfeentscheidung zutreffend darauf verwiesen, dass den auf der Übertragung des Minderjährigenschutzes auf das Recht des Geschäftsunfähigen beruhenden Erwägungen der Beschwerde ebenso schützenswerte Belange des Prozessgegners entgegenstehen.
Die Antragstellerin hat die Verfahrenskosten daher gem. § 269 III 2 ZPO zu tragen, selbst wenn sie - was vorliegend deshalb dahinstehen kann - schon zum Zeitpunkt der Beantragung des Mahnbescheids, wie von ihrem Betreuer nunmehr vorgetragen, geschäftsunfähig war.
4. Kosten: § 97 I ZPO
Die Streitwertfestsetzung beruht auf der Addition der Gerichts- und Anwaltskostenrechnungen vom 29.11.2011 und vom 15.3.2011.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht; der Senat folgt der Rechtsprechung des BGH.
Fundstellen