Leitsatz (amtlich)

1. Die Erstattung der Patentanwaltskosten richtet sich nach neuem Recht, wenn die die Gebühr auslösende Mitwirkungshandlung nach In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung (1.1.2002) vorgenommen wurde.

2. Fotokopiekosten sind außer in den Fällen des § 217 Abs. 1 Nr. 2 und § 6 Abs. 2 BRAGO nicht erstattungsfähig (Änderung der Senatsrechtsprechung).

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1, § Abs. 2; PatG § 143 Abs. 5; BRAGO §§ 23, 27

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 21 O 8786/01)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG München I vom 25.10.2002 dahin abgeändert, dass die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 25.185,86 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.7.2002 festgesetzt werden.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 6.288,74 Euro.

 

Gründe

Mit ihrer sofortigen Beschwerde wendet sich die in vollem Umfang erstattungspflichtige Klägerin gegen die Festsetzung einer Verhandlungsgebühr für den auf Seiten der Beklagten mitwirkenden Patentanwalt. Eine Anwendung der Vorschrift des § 143 Abs. 5 PatG n.F. sei durch die gesetzlichen Regelungen, nämlich § 14 der Übergangsvorschriften, ausgeschlossen. Es seien die bisherigen Gührensätze auch nach dem 1.1.2002 weiter anzuwenden, wenn die Fälligkeit der Gebühr vor dem 1.1.2002 liege. Ausschlaggebend hierfür sei der – im vorliegenden Fall vor dem 1.1.2002 liegende – Tag der Einreichung der Klage.

Ferner wendet sich die Klägerin unter Bezugnahme auf das BVerfG (BVerfG v. 17.2.1995 – 1 BvR 697/93, 1996, 382) gegen die Festsetzung der Fotokopiekosten.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. In sachlicher Hinsicht hat das Rechtsmittel nur zu einem geringen Teil Erfolg.

Die Festsetzung der Verhandlungsgebühr für den auf Seiten der Beklagten mitwirkenden Patentanwalt ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden.

Die Erstattung der Patentanwaltskosten richtet sich nach der neuen Fassung des § 143 Abs. 5 PatG, wie sie durch Art. 7 des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13.12.2001 (BGBl. I, 3656) eingeführt wurde. Entscheidend ist hierbei, dass die die Gebühr auslösende Mitwirkungshandlung nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zum 1.1.2002 vorgenommen wurde.

Es bestehen keine Übergangsvorschriften, nach denen auf einen früheren Zeitpunkt – etwa auf den Zeitpunkt der Auftragserteilung – abzustellen wäre (vgl. OLG Nürnberg Mitt. 2002, 563).

Die von der Rechtsmittelführerin zitierte Vorschrift findet sich in Art. 1, § 14 des Gesetzes vom 13.12.2001 und bezieht sich nur auf die Änderungen des dort geregelten Gesetzes über die Kosten des Deutschen Patent- und Markenamtes und des Bundespatentgerichts. Die hier einschlägigen Artikel betreffend die Gesetze des gewerblichen Rechtsschutzes (PatG, GebrMG, MarkenG) in Art. 7 bis Art. 9 des Gesetzes vom 13.12.2001 enthalten keine Übergangsvorschriften. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, die Übergangsvorschrift zu Art. 1 des genannten Patentkostengesetzes, die sich insb. mit den Gebührensätzen nach dem Patentgebührengesetz befassen, auf die hier gegenständlichen Änderungen von Kostenerstattungsvorschriften entspr. anzuwenden.

Auch die an sich näher liegende entspr. Anwendung der Übergangsvorschrift in § 134 BRAGO kommt nicht in Betracht (vgl. OLG Nürnberg Mitt. 2002, 563; Hansens, BRAGOReport, 2003, 15 [16]). Nach dieser Vorschrift ist die Vergütung des Rechtsanwalts nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag vor dem In-Kraft-Treten einer Gesetzesänderung erteilt wurde. Diese Vorschrift über die Vergütung des Rechtsanwalts betrifft die Frage, welche Gebühren in welcher Höhe anfallen. Im Gegensatz dazu handelt es sich im vorliegenden Fall um eine Erstattungsregelung, mit der der Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem bisherigen Recht erweitert wird. Die Frage der Kostenerstattung wird in § 134 BRAGO nicht geregelt. Soweit in den Erstattungsvorschriften der Gesetze des gewerblichen Rechtsschutzes „die Gebühren nach § 11 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte” erwähnt werden, wird zwar eine Beziehung zur BRAGO hergestellt; insoweit könnte auch – bei einer Änderung der BRAGO – das dortige Übergangsrecht eine Rolle spielen. Die Erstattungsvorschrift findet sich aber allein in den §§ 143 Abs. 5 PatG, 15 Abs. 3 GeschmMG und § 140 Abs. 3 MarkenG. Eine allgemeine Übergangsvorschrift, die Änderungen von Erstattungsregelungen – also insb. des § 91 ZPO – beträfe, gibt es nicht.

Entscheidend für die Kostenerstattung bleibt damit der Zeitpunkt der die Gebühr auslösenden Mitwirkungshandlung. Wenn Hansens (BRAGOReport 2003, 15 [16]) demgegenüber die Auffassung vertritt, dass es auf die (erste) Mitwirkung des Patentanwalts in dem Rechtsstreit ankäme, überzeugt dies nicht. Es lässt sich gerade wegen des Fehlens einer ...

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