Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerdebefugnis von Beiladungspetenten
Leitsatz (amtlich)
1. Für eine Beiladung ist nach Rücknahme des Nachprüfungsantrags kein Raum.
2. Nachteilige rechtliche Beurteilungen der Vergabekammer in den Gründen eines (Kosten-) Beschlusses in Bezug auf Leistungen eines Vertragspartners der Vergabestelle (hier: technische Vorgaben einer Vergabeplattform) begründen für diesen weder eine Beschwerdebefugnis noch einen Anspruch auf Beiladung zum Nachprüfungsverfahren.
3. Die Entscheidung über eine Beschwerde gegen einen Kosten- und Gebührenbeschluss der Vergabekammer erfordert keine mündliche Verhandlung.
Normenkette
EMRK Art. 6 Abs. 1; GG Art. 19 Abs. 4; GWB § 97 Abs. 6, §§ 134, 162, 171 Abs. 1; RL 89/665/EWG Art. 1 Abs. 3
Verfahrensgang
Vergabekammer München (Beschluss vom 29.03.2019; Aktenzeichen Z3-3-3194-1-07-03/19) |
Tenor
I. Der Antrag auf Beiladung wird abgelehnt.
II. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 29. März 2019, Az. Z3-3-3194-1-07-03/19, wird zurückgewiesen.
III. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin.
IV. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit Auftragsbekanntmachungen im EU-Amtsblatt (Nr. 2018/S. 234-534404 und 2018/S. 234-534421) vom 5. Dezember 2018 hat die Antragsgegnerin zwei europaweite Vergabeverfahren zur Vergabe von Lieferaufträgen im Wege des offenen Verfahrens bekannt gemacht. Zur Durchführung des Vergabeverfahrens bediente sich die Antragsgegnerin der von der Beschwerdeführerin betriebenen eVergabeplattform.
Die Antragstellerin hat am 1. März 2019 die seit dem 22. Februar 2019 dort freigeschaltete Information nach § 134 GWB geladen und mit Schreiben vom 4. März 2019 die beabsichtigte Zuschlagserteilung an einen anderen Bieter gerügt. Ihren mit Schreiben vom 6. März 2019 gestellten Nachprüfungsantrag hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 19. März 2019 zurückgenommen, da sie aufgrund neuer Erkenntnisse von der Unzuständigkeit der Vergabekammer für dieses Verfahren ausgehe. Sie hat beantragt, eventuell auftretende Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen, denn bei zeitnaher Beantwortung ihrer Rüge oder einer Eingangsbestätigung der Rüge wäre eine Anrufung der Vergabekammer zu diesem Zeitpunkt nicht nötig gewesen.
Die Vergabekammer Südbayern hat daraufhin mit Beschluss vom 29. März 2019 das Nachprüfungsverfahren eingestellt und nach § 182 Abs. 3 GWB der Antragstellerin und der Antragsgegnerin die Kosten je zur Hälfte auferlegt. Im Falle der Rücknahme eines Nachprüfungsantrags entspreche die Kostentragung der Antragstellerin regelmäßig billigem Ermessen. Hier seien die Kosten jedoch hälftig der Antragsgegnerin aufzuerlegen, da diese ein schwerwiegendes Verschulden treffe, weil sie keine Mitteilung nach § 134 GWB versandt habe und die Antragstellerin daher von der beabsichtigten Zuschlagserteilung zu spät erfahren und sich genötigt gesehen habe, einen Nachprüfungsantrag zu stellen, ohne eine Rügeerwiderung der Antragsgegnerin abzuwarten. Das bloße Freischalten der Informationen nach § 134 GWB auf der von der jetzigen Beschwerdeführerin betriebenen Vergabeplattform genüge auch dann nicht der Informationspflicht nach § 134 GWB, wenn dem Bieter - wie hier - eine Hinweismail ohne die notwendigen Informationen nach § 134 Abs. 1 Satz 1 GWB geschickt worden sei. Die vergaberechtswidrige Implementierung der Vergabeplattform müsse sich die Antragsgegnerin, die sich dieser Plattform bedient habe, zurechnen lassen.
Gegen diesen Beschluss hat die bislang nicht am Verfahren beteiligte Beschwerdeführerin am 17. April 2019 sofortige Beschwerde eingelegt und in Schriftsätzen vom 7. Mai 2019 und 7. Juni 2019 ihren Standpunkt vertieft. Sie vertritt insbesondere die Ansicht, sie sei beschwerdebefugt, da die Entscheidung der Vergabekammer für sie - mindestens - eine nachteilige präjudizierende Wirkung habe. Nach § 162 GWB genüge es, dass die Entscheidung der Vergabekammer die Interessen eines Beteiligten lediglich "schwerwiegend berühre". Das sei bei ihr schon wegen der potentiell drohenden Inanspruchnahme durch die Antragsgegnerin der Fall. Hinzu kämen die unabsehbaren negativen Auswirkungen der Entscheidung der Vergabekammer auf die Außenwahrnehmung ihrer eVergabeplattform auf dem Markt. Sie sei gezwungen, dem bereits entstandenen Druck nachzugeben und ihre Plattform technisch zu verändern, wodurch für sie ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil verloren gehe. Aufgrund der expliziten namentlichen Benennung ihrer eVergabeplattform in den Beschlüssen der Vergabekammer sei sie materiell und individuell beschwert. In den veröffentlichten Entscheidungsgründen sei die von ihr betriebene eVergabeplattfom namentlich genannt. Sie habe deshalb ein schwerwiegendes Rehabilitationsinteresse daran, die angegriffene Entscheidung "aus der Welt" zu schaffen. Wegen der ausschließlichen R...