Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung der Erbfolge nach Annahme der Erbschaft
Normenkette
BGB §§ 2077, 2274, 2276, 2293; GBO § 22 Abs. 1; BeurkG §§ 34a, 35 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Deggendorf - Grundbuchamt - vom 19.5.2015 insoweit aufgehoben, als die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung dazu aufgegeben wird, dass der Erbvertrag nicht widerrufen ist.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt für den zurückgewiesenen Teil 500 EUR.
IV. Im Umfang der Zurückweisung wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligte und ihr am 2.10.2014 verstorbener Ehemann sind als Miteigentümer von Grundbesitz im Grundbuch eingetragen.
Der Erblasser errichtete mehrere Erbverträge, nämlich einen notariellen Ehe- und Erbvertrag vom 18.3.1964 mit seiner ersten Ehefrau sowie - nach rechtskräftiger Scheidung - einen Ehe- und Erbvertrag vom 25.9.1974 mit der Beteiligten. In einem weiteren Erbvertrag vom 31.3.2009 (mit Nachtrag vom 6.10.2011) hoben die Ehegatten die erbvertraglichen Regelungen in dem Vertrag vom 25.9.1974 auf und trafen neue vertragsmäßige Verfügungen. Nach diesem ist der überlebende Ehegatte als alleiniger und unbeschränkter Erbe eingesetzt. Der Erbvertrag enthält in Abschnitt II. Ziffer 4. a) ein freies und uneingeschränktes Recht zum Rücktritt, der nur wirksam sein soll, wenn die Erklärung notariell beurkundet und dem anderen Vertragspartner in Ausfertigung zugegangen ist. Außerdem ist in Abschnitt II. Ziff. 5. geregelt, dass sämtliche in dem Erbvertrag einseitig und vertragsmäßig getroffenen Verfügungen von Todes wegen beider Erblasser unwirksam sind, sobald einer der Ehegatten Antrag auf Scheidung der Ehe stellt, und zwar unabhängig davon, ob die Voraussetzungen der Ehescheidung gegeben sind oder nicht.
Die Beteiligte hat als Erbin die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung der Erbfolge nach Annahme der Erbschaft unter Bezugnahme auf die Nachlassakte beantragt. Das Grundbuchamt hat darauf mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 19.5.2015 beanstandet, dass die Erbfolge nicht nachgewiesen sei. Zur Behebung des Hindernisses müsse eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt werden, in der angegeben werde, dass das Rücktrittsrecht von keinem der Erbvertragspartner ausgeübt und kein Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt worden sei.
Dagegen hat die notariell vertretene Beteiligte Beschwerde eingelegt. Sie meint, das Eintragungshindernis bestehe im Hinblick auf neuere Rechtsprechung nicht.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
II. Gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) des Grundbuchamts ist die Beschwerde statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO). Diese ist vom Notar als Bevollmächtigten in zulässiger Weise eingelegt (§ 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamG).
Das Rechtsmittel hat zum Teil Erfolg.
1. Dass ein Rücktritt nicht erfolgt sei, muss mangels konkreter Anhaltspunkte hierfür nicht zusätzlich durch eidesstattliche Versicherung des überlebenden Erbvertragspartners nachgewiesen werden.
a) Der Nachweis der Erbfolge zur Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO wird im Grundbuchverfahren durch einen vom Nachlassgericht zu erteilenden Erbschein (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GBO) erbracht. Beruht die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es regelmäßig, wenn stattdessen die Verfügung und die Niederschrift über ihre Eröffnung vorgelegt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 GBO). Der Nachweis in dieser Form reicht aber nicht aus, wenn sich bei Prüfung der Verfügung hinsichtlich des behaupteten Erbrechts Zweifel ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über tatsächliche Verhältnisse geklärt werden können (Demharter GBO 29. Aufl. § 35 Rn. 39; aus der Rechtspr.: BayObLG Rpfleger 2000, 266; 1983, 104). Solche Ermittlungen anzustellen ist das Grundbuchamt nämlich weder verpflichtet noch berechtigt (BayObLG a.a.O.). Freilich rechtfertigen ganz entfernte, auf tatsachenlose (abstrakte) Vermutungen gestützte Möglichkeiten, welche das aus der letztwilligen Verfügung hervorgehende Erbrecht nur unter besonderen Umständen in Frage stellen könnten, ebenso wenig wie rechtliche Bedenken das Verlangen nach Vorlage eines Erbscheins (OLG Frankfurt FGPrax 1998, 207; BayObLG Rpfleger 1983, 104; Schaub in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 35 Rn. 130).
b) Bildet ein notwendigerweise notariell geschlossener Erbvertrag die letztwillige Verfügung (§§ 1941, 2274 ff., § 2276 BGB) und hat sich der Erblasser in diesem ein (unbeschränktes) Rücktrittsrecht (§ 2293 BGB) vorbehalten, so ist umstritten, ob dies schon das Verlangen des Grundbuchamts nach der Vorlage eines Erbscheins rechtfertigt. Zum Teil wird vertreten, hinsichtlich des Umstands, dass dieses Recht nicht ausgeübt wurde - einer so genannten Negativtatsache -, bestehe eine N...