Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch der Wohnungseigentümerin bei verzögerter oder unterlassener Instandsetzung
Leitsatz (amtlich)
›1. Verletzen Wohnungseigentümer ihre Pflicht zur Mitwirkung an einer ordnungsmäßigen Verwaltung, können sie dem einzelnen Wohnungseigentümer, der durch die Pflichtverletzung einen Schaden erlitten hat, zum Schadensersatz verpflichtet sein. Die Pflichtverletzung kann darin bestehen, dass erkannte Mängel nicht oder nicht rechtzeitig beseitigt, die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kostenvorschüsse nicht rechtzeitig erbracht oder eine Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung abgelehnt wurde. Voraussetzung ist stets ein Verschulden des in Anspruch genommenen Wohnungseigentümers.
2. Bestandskräftige Eigentümerbeschlüsse, die eine Instandsetzung ablehnen, schließen einen Schadensersatzanspruch wegen verzögerter oder unterlassener Instandsetzung nicht grundsätzlich aus.‹
Verfahrensgang
LG München II (Entscheidung vom 22.02.2007; Aktenzeichen 6 T 2519/06) |
AG Ebersberg (Aktenzeichen 2 UR II 30/05) |
Gründe
I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Anlage, die aus einem 1835 erbauten, nicht unterkellerten Bauernhaus und einem 1963 als Stall und Scheune errichteten Anbau besteht; Stall und Scheune wurden 1974 zu Wohnräumen umgebaut. Verwalterin der Anlage ist die auf Seiten der Antragsgegner beigetretene Streithelferin. Der Antragstellerin gehört das gemäß der Teilungserklärung vom 29.3.1976 (TE) mit einem Miteigentumsanteil von 2/6 verbundenen Wohnungseigentum Nr. 1. Den Antragsgegnern zu 1 gehört das mit einem Miteigentumsanteil von 3/6 verbundene Wohnungseigentum Nr. 3 und dem Antragsgegner zu 2 seit 7.6.1999 das mit einem Miteigentumsanteil von 1/6 verbundene Wohnungseigentum Nr. 2, das er von den Antragsgegnern zu 1, seinen Eltern, erworben hatte. Die Wohnung Nr. 1 liegt im Bauernhaus (Altbau), die Wohnung Nr. 2 im Anbau. Die Wohnung Nr. 3 liegt teils im Anbau, teils im Obergeschoss des Altbaus.
Die Antragsgegner erwarben ihre Wohnungen im Jahr 1976 vom teilenden Eigentümer. Die Antragstellerin erwarb die ihre im Februar 1999 vom Ehemann, der sie im Jahr 1992 vom teilenden Eigentümer gekauft hatte.
Die Gemeinschaftsordnung (Abschnitt VII der Teilungserklärung, im folgenden GO) enthält folgende Regelungen:
§ 4 Instandhaltung
1) Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, die seinem Sondereigentum unterliegenden Räume und Sachen ordnungsgemäß instand zu halten. Die Instandhaltung bzw. Reparatur der gemeinschaftlichen Hausteile, Anlagen und Einrichtungen ist Sache der Eigentümergemeinschaft.
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5) Über die am Gemeinschaftseigentum vorzunehmenden Reparaturen beschließt die Eigentümerversammlung. ...
§ 5 Gemeinschaftslasten
Soweit sich die das Anwesen betreffenden Lasten und Kosten einem bestimmten Sondereigentum zuordnen und klar abgrenzen lassen, treffen diese den Eigentümer dieses Wohnungseigentums allein. Im Übrigen sind die Kosten und Lasten für den allgemeinen Betrieb des Anwesens, dessen Instandhaltung und Verwaltung von den Eigentümern gemeinsam zu tragen, und zwar grundsätzlich nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile. ...
Zur Beseitigung eines Notstands, bei dessen Fortbestand den Eigentümern ein erheblicher Schaden entstehen würde, kann die Eigentümerversammlung besondere Umlagen beschließen, wenn die vorhandene Instandhaltungsrücklage zur Beseitigung nicht ausreicht.
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§ 9 Rechtslage bei Zerstörung
Wird das Gebäude ganz oder zum Teil zerstört und ist der Schaden durch Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so ist das Gebäude wieder aufzubauen. Ist der Schaden nicht gedeckt, so kann der Wiederaufbau durch die Eigentümer beschlossen werden. ...
§ 11 Eigentümerversammlung
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3) In der Eigentümerversammlung entfällt auf jede Wohnung eine Stimme. Soweit nicht anders vorgeschrieben oder beschlossen, sind Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit zu fassen, bei nur zwei Wohnungseigentümern stets einstimmig.
Im Erdgeschossbereich des Altbaus traten Feuchtigkeitsschäden und Pilzbefall auf. In den Eigentümerversammlungen vom 20.1.1999 und vom 17.3.1999 verlangten der Rechtsvorgänger der Antragstellerin und diese selbst die Zustimmung der Antragsgegner zu 1 zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen und Einholung von vorbereitenden Gutachten bei Aufteilung der jeweiligen Kosten nach Miteigentumsanteilen. Die Antragsgegner zu 1 lehnten entsprechende Beschlussanträge ab. Die Antragstellerin begehrte in dem daraufhin von ihr eingeleiteten gerichtlichen Verfahren die Zustimmung der Antragsgegner zu 1, dass die Schäden fachgerecht beseitigt werden und die Hausverwaltung beauftragt wird, die notwendigen vorbereitenden Maßnahmen zu veranlassen und ggfs. die notwendigen Umlagen zur Finanzierung der Sanierung zu erheben.
Durch Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 23.5.2001 (2Z BR 99/00 = BayObLG-Report 2001, 83) wurden die Antragsgegner zu 1 schließlich verpflichtet, zuzustimmen, dass
a) die Feuchtigkeitsschäden und deren Ursachen sowie der P...