Leitsatz (amtlich)
Auslegung einer Vereinssatzung zu der Frage, ob ein Wahlvorschlag mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen (einfache Mehrheit) oder nur die meisten abgegebenen gültigen Stimmen (relative Mehrheit) auf sich vereinen muss.
Normenkette
BGB § 27 Abs. 1, § 32 Abs. 1 S. 3, § 67 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 08.10.2007; Aktenzeichen 5 T 3646/07) |
AG Augsburg (Aktenzeichen VR 2270) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Augsburg vom 8.10.2007 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren vor dem LG und für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf jeweils 6.000 EUR festgesetzt; die Geschäftswertfestsetzung des LG wird insoweit abgeändert.
Gründe
I. Mit notarieller Urkunde vom 18.5.2007 meldete der beteiligte Verein unter Vorlage von Auszügen aus den Protokollen der Hauptversammlung vom 11./12.11.2006 und der Präsidiumssitzung vom 22.2.2007 folgende Änderungen im Vorstand zur Eintragung in das Vereinsregister an:
1. Herr Karl-Heinz Bl. ist als Vorstandsmitglied ausgeschieden.
2. Herrn Rolf K. ist als Vorstandsmitglied ausgeschieden.
3. Herr Gerhard R. ist als Vizepräsident zum Vorstandsmitglied neu bestellt.
4. Herr Werner Br. ist als Vizepräsident zum Vorstandsmitglied neu bestellt.
Ferner meldete er folgende Änderung der Satzung in Anlage 2 Ziff. 6 zur Eintragung an:
"Erreicht in einem Wahlgang ein Kandidat nicht die einfache (relative) Mehrheit, so findet eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen, d.h. bei Stimmengleichheit, statt. Eine Blockwahl ist nicht zulässig."
Die Hauptversammlung hatte am 11./12.11.2006 u.a. zwei weitere Vorstandsmitglieder (Vizepräsidenten) zu wählen. Im Protokoll wurde unter TOP 13a als Ergebnis der Abstimmung festgehalten:
"Herr Br. 8 Stimmen
Herr K. 8 Stimmen
Herr R. 14 Stimmen
Herr Dr. S. 9 Stimmen.
Damit ist Herr R. für das Amt eines Vizepräsidenten gewählt ... Herr R. nimmt die Wahl an."
Als Ergebnis der Abstimmung für den weiteren Vizepräsidenten ist festgehalten:
"Herr K. 12 Stimmen
Herr Br. 14 Stimmen
Herr Dr. S. 13 Stimmen
Wahlleiter ... erklärt, dass Herr Br. damit als weiterer Vizepräsident gewählt sei ... Herr Br. nimmt die Wahl an ..."
Die Satzung in der Fassung vom 13./14.11.2004 lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 8 Organisation und Organe
(5) Präsidium
Das Präsidium entscheidet über die Angelegenheiten zwischen den Hauptversammlungen. Es besteht aus: dem Präsidenten, den beiden Vizepräsidenten, dem Schatzmeister und bis zu drei Beisitzern ... Das Präsidium ist berechtigt, die Satzung - ohne Beschluss der Hauptversammlung - insoweit anzupassen, als dies den Erfordernissen des Registergerichts zur Eintragung der Satzung oder zur Beibehaltung der Gemeinnützigkeit Rechnung trägt und offensichtliche Unrichtigkeiten zu beseitigen (sic). Die Mitglieder des Präsidiums werden auf vier Jahre gewählt, bleiben jedoch solange im Amt, bis ein neues Präsidium gewählt ist. Nachwahlen ausgeschiedener Präsidiumsmitglieder erfolgen auf der nächsten Hauptversammlung. Wird das Amt eines Vizepräsidenten vakant, so kann das Präsidium eines seiner Mitglieder zum Vizepräsidenten bis zur nächsten Hauptversammlung berufen.
(6) Geschäftsführendes Präsidium
Das geschäftsführende Präsidium besteht aus dem Präsidenten, den Vizepräsidenten und dem Schatzmeister ... Der Präsident ist Vorstand i.S.d. § 26 BGB (Vorstand-Vertretungsmacht), ebenso wie jeder der Vizepräsidenten und der Schatzmeister. Jeder ist allein vertretungsberechtigt ... Die Vizepräsidenten vertreten den Präsidenten in der Reihenfolge der für sie abgegebenen Stimmen bei der Wahl durch die Hauptversammlung. Die höhere Zahl der Wahlstimmen berechtigt zur vorrangigen Vertretung des Präsidenten bei dessen Verhinderung. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Präsidium über die Reihenfolge ...
(11) Bestandteil der Satzung sind: ...
Anlage 2: Geschäftsordnung für Hauptversammlung
Anlage 3: Delegiertenwahlordnung
Anlage 4: Wahlordnung für das Präsidium ...
Anlage 2: Geschäftsordnung für Hauptversammlungen
5. Abstimmungen
... Die jeweils erforderliche Mehrheit errechnet sich ausschließlich nach den gültig abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen ... Es entscheidet in der Regel die Mehrheit der anwesenden stimmberechtigten Teilnehmer. Für die Änderung der Satzung ... ist eine Mehrheit von zwei Drittel der abgegebenen Stimmen erforderlich ...
6. Wahlen:
Der Wahlausschuss ist verantwortlich für die Auszählung der Stimmen bei geheimer Abstimmung sowie für die Feststellung der Stimmen bei offener Abstimmung. Das Ergebnis gibt er der Versammlung und dem Protokollführer bekannt ... Erreicht in einem Wahlgang ein Kandidat nicht die einfache Mehrheit, so findet eine Stichwahl zwischen den Kandidaten mit den meisten Stimmen statt. Die Blockwahl ist nicht zulässig.
Anlage 3: Delegiertenwahlordnung ...
5. Jeder Delegierte ist einzeln zu wählen. Gewählt sind Kandidaten, die die einfache Mehrheit der Stimmen erhalten.
6. Die erzielte Stimmenzahl der Kandidaten e...