Leitsatz (amtlich)

Die kollektive Niederlegung der Ämter aller Vorstandsmitglieder eines Vereins außerhalb der Mitgliederversammlung kann treuwidrig sein und zur Versagung der Eintragung im Vereinsregister führen.

 

Normenkette

BGB § 26 Abs. 1 S. 1, § 32 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 13.11.2009; Aktenzeichen VR 10596 (Fall 3))

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG München - Registergericht vom 13.11.2009 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand des Verfahrens ist die Frage der Eintragungsfähigkeit der Amtsniederlegung sämtlicher Vorsitzenden des Vereins.

Mit Schreiben vom 24.8.2009, eingegangen beim Registergericht am 7.9.2009, wurde zur Eintragung ins Vereinsregister angemeldet:

"L. A., E. J. und G. R. haben ggü. den anderen Vorstandsmitgliedern jeweils ihr Amt mit Wirkung zum Zeitpunkt der Eintragung ihres Ausscheidens aus dem Vorstand ins Vereinsregister niedergelegt."

Im beigefügten Auszug des Protokolls über die außerordentliche Vorstandssitzung am 24.8.2009 finden sich u.a. folgende Tagesordnungspunkte:

"Top 4: Vollmachtserteilungen

Um den Verein handlungsfähig zu erhalten, beschließt der Vorstand einstimmig, den Kollegen A. L. und H. S. jeweils einzeln umfassende Vollmacht für den Verein zu erteilen. Die Vollmacht umfasst insb. die Befugnis, Mitgliederversammlungen einzuberufen. Grundstücksgeschäfte dürfen nicht getätigt werden. Bezüglich Vereinbarungen mit dem Verein G. B. (...) e.V. wird Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahie-rens erteilt. Eine Mitgliederversammlung soll möglichst bald einberufen werden.

Top 5: Amtsniederlegungen

Jedes der anwesenden Vorstandsmitglieder erklärt für sich ggü. den anderen Vorständen, dass es sein Amt mit Wirkung zum Zeitpunkt der Eintragung seines Ausscheidens aus dem Vorstand ins Vereinregister niederlegt. Die jeweils anderen Vorstandsmitglieder nehmen der Rücktritt an."

Die Satzung des Vereins enthält u.a. folgende Bestimmungen:

"§ 6

Mitgliederversammlung ...

(2) Die Mitgliederversammlung ist vom Vorstand durch einfachen Brief einzuberufen ...

(4) Die Mitgliederversammlung ist ferner zuständig für:

(a) Beschlüsse über Satzungsänderung und Vereinsauflösung;

...

(d) Wahl des Vorstandes;...

(5) Der Vorstand hat unverzüglich eine außerordentliche Mitgliederversammlung ein zuberufen, wenn das Vereinsinteresse es erfordert oder 10 % der Mitglieder die Einberufung schriftlich und unter Nennung der Gründe fordern.

§ 7 Vorstand

(1) Der Vorstand besteht aus dem/der Vorsitzenden, den beiden Stellvertretenden (sic!) Vorsitzenden und ein bis vier BeisitzerInnen.

(2) Je zwei Vorsitzende vertreten gemeinsam, die BeisitzerInnen vertreten nicht.

(3) Der Vorstand wird auf zwei Jahre gewählt und bleibt bis zur nächsten Wahl im Amt. Scheidet eineR der Vorsitzenden vorzeitig aus, ist unverzüglich eine außeror dentliche Mitgliederversammlung zur Nachwahl einzuberufen. Findet die nächste ordentliche Jahreshauptversammlung innerhalb von sechs Monaten ab dem vorzeitigen Ausscheiden aus (sic!), kann die Nachwahl auch in deren Rahmen stattfinden. Scheidet ein anderes Vorstandsmitglied vorzeitig aus, kann der Vorstand durch einstimmigen Beschluss einE NachfolgerIn kooptieren. Sofern er dies nicht tut und vor Ablauf der regulären Amtszeit noch eine Mitgliederversammlung stattfindet, hat bei dieser eine Nachwahl zu erfolgen. Die Amtszeit der nachträglich bestellten Vorstandsmitglieder endet zugleich mit der der regulär bestellten Vorstandsmitglieder. Wiederwahl ist zulässig."

Mit Beschluss vom 13.11.2009 wies das Registergericht die beantragte Eintragung der Amtsniederlegung der Vorstandsmitglieder des Vereins zurück. Der Eintragung stehe entgegen, dass die Niederlegungserklärungen rechtsmissbräuchlich und unwirksam seien. Der gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde vom 6.12.2008 (richtig: 2009) half das Beschwerdegericht nicht ab.

II. Die zulässige Beschwerde (§§ 374 Nr. 4, 382 Abs. 3 FamFG i.V.m. §§ 58 ff. FamFG) ist nicht begründet. Zutreffend hat das Registergericht die Amtsniederlegungen der einzelnen Vorstandsmitglieder als rechtsmissbräuchlich und daher als nicht eintragungsfähig angesehen.

1. Der ehrenamtlich tätige Vorstand kann grundsätzlich sein Amt jederzeit niederlegen (OLG Frankfurt Rpfleger 1978, 134/135). Die Niederlegung darf jedoch nicht zur "Unzeit" erfolgen, sondern sie muss dem Verein angemessene Zeit lassen, das freiwerdende Vorstandsamt anderweit zu besetzen. Eine solche "Unzeit" wird in der Regel dann angenommen, wenn durch die Amtsniederlegung die zur Vertretung des Vereins erforderlichen Vorstandsmitglieder nicht mehr vorhanden sind oder - sofern der Vorstand nur aus einer Person besteht - wenn der Verein zeitweilig handlungsunfähig wird (Sauter/Schweyer/Waldner Der eingetragene Verein 18. Aufl. Rz. 274). Eine zur Unzeit erklärte Amtsniederlegung wird jedoch dennoch, unter Verpflichtung von Ersatz des dadurch dem Verein entstandenen Schadens, als wirksam erachtet, es...

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