Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob ein Privatgutachten, das nicht auf einer eigenen Exploration des Betroffenen beruht und nicht zur Frage der Geschäftsfähigkeit des Beteiligten Stellung nimmt, sondern nur versucht, im gerichtlich erholten Gutachten, das die Geschäftsunfähigkeit bejaht, mögliche Fehler oder Unschlüssigkeiten zu finden, genügen kann, Zweifel des Grundbuchamts an der Geschäftsfähigkeit des Betroffenen zu zerstreuen.

 

Normenkette

GBO §§ 20, 29

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Aichach - Grundbuchamt - vom 12. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 80.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Im Grundbuch ist der Beteiligte zu 3 als Eigentümer von Grundbesitz eingetragen.

Dieser kam im Januar 2017 vollstationär mit Pflegestufe 2 in ein Seniorenheim. Auf eigenen Wunsch verließ er dies wieder, um in sein Anwesen zurück zu ziehen.

Auf Anregung erholte das Amtsgericht - Betreuungsgericht - im Mai 2017 ein Gutachten zu den medizinischen Voraussetzungen der Anordnung einer Betreuung.

Am 31.5.2017 stellte sich der Beteiligte zu 3, der am nächsten Tag eine notarielle Urkunde errichten wollte, erstmals in der psychiatrischen Ambulanz einer Klinik in München vor, wo er untersucht und nach einem Mini-Mental-Status Test eine ärztliche Bescheinigung ausgestellt wurde, wonach aus fachärztlicher Sicht keine psychiatrische Diagnose zu stellen sei; Einschränkungen in der Geschäftsfähigkeit und freien Willensbildung bestünden nicht.

Am 1.6.2017 schlossen der Beteiligte zu 3 und sein Bruder (Beteiligter zu 1) sowie dessen Ehefrau (Beteiligte zu 2) einen Überlassungsvertrag. Danach überließ der Beteiligte zu 3 seinen Grundbesitz an den Beteiligten zu 1 zu 95/100 und die Beteiligte zu 2 zu 5/100. Als Gegenleistungen bzw. vorbehaltene Rechte war ein Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht dergestalt vereinbart, dass der Beteiligte zu 3 zur Nutzung einer Wohnung auf der Ostseite des Hauses und dabei nur der im Erdgeschoss der Wohnung gelegenen Räumlichkeiten berechtigt sein sowie gemeinschaftliche Räumlichkeiten, insbesondere Garten und Garage mitbenutzen dürfen sollte. Die Auflassung des Grundstücks und die Bewilligung des Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts wurden erklärt.

Am 17.8.2017 beantragte der Notar die Eintragung.

Die vom Betreuungsgericht beauftragte Sachverständige, eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, erholte für ihr Gutachten Schreiben der Betreuungsstelle vom 2.6.2017 und 25.9.2017, die ärztliche Bescheinigung zur Untersuchung vom 31.5.2017, Berichte aus verschiedenen Kliniken vom 21.8.2013 und vom 17.5.2017. Letzterem war eine neurologische Untersuchung vom 8.5.2017 vorausgegangen. Zudem erholte sie begleitend ein Gutachten, das von einer Neurologin und einer Psychologin nach eigener neurokognitiver Untersuchung und Durchführung verschiedener psychometrischer Tests am 23.8.2017 sowie der Befragung des Beteiligten zu 1 zwecks Fremdanamnese erstattet wurde. Die neurokognitve Untersuchung kam zum Ergebnis, dass der Beteiligte zu 3 zu einem geordneten eigenen Gedankengang, suffizienten situativ passenden Urteilen und infolgedessen zielgerichtetem und sinnvollem Handeln aus eigenem Antrieb und eigener Entscheidungsfindung weder in kognitiver noch in affektiver und motivationaler Hinsicht in der Lage sei. Im Rahmen der Fremdanamnese gab der Beteiligte zu 1 dabei an, dass er den nicht ganz unbegründeten Verdacht gehabt habe, dass man seinen Bruder für unmündig erklären lassen wolle. Er habe zwischenzeitlich selbst gemerkt gehabt, dass da etwas nicht stimmen könne und einen Notartermin vereinbart. Die Stieftochter des Beteiligten zu 1 sei Ärztin in einer Klinik in München in der Psychiatrie, die den Beteiligten zu 3 als voll geschäftsfähig eingestuft habe, womit der Notar bei der Beurkundung zufrieden gewesen sei.

Unter Berücksichtigung aller dieser sowie eigener Untersuchungen vom 11.7. und 28.9.2017 erstattete die Sachverständige ihr Gutachten am 8.11.2017. Dieses kam nach Auswertung aller erholter Unterlagen und der an zwei Tagen durchgeführten eigenen Explorationen zum Ergebnis, dass bei dem Beteiligten zu 3 eine rezidivierende depressive Störung mit immer wieder schweren depressiven Episoden mit psychotischen Symptomen (ICD 10; F 33.3) mit der Folge körperlicher Mangelerscheinungen sowie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (ICD 10; F 61.0) vorliege. Bei der Erkrankung handele es sich um nicht nur vorübergehende krankhafte Störungen der Geistestätigkeit, sondern um kontinuierliche persönlichkeitsimmanente Störungen, die über die Jahre an Ausprägung zugenommen hätten. Der Beteiligte zu 3 könne daher seit Mai 2017 nicht mehr frei über seinen Willen bestimmen und entsprechend seiner Einsicht handeln und bedürfe für alle Angelegenheiten inklusive der Entgegennahme, Öffnen und Anhalten von Post sowie Entscheidungen über Fernmeldeverkehr und Telekommunikation eines neutralen Berufsbetreuers. Hilfsmöglichkeiten, die ein...

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