Leitsatz (amtlich)
Auslegung einer Gemeinschaftsordnung, die als Sondereigentum die Balkonböden festschreibt, soweit sie nicht zur tragenden Konstruktion des Gebäudes gehören (hier: Zuordnung der Isolierschicht und der Abdichtungsanschlüsse).
Normenkette
WEG § 5 Abs. 2, § 16 Abs. 2, § 21 Abs. 5 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Beschluss vom 16.08.2006; Aktenzeichen 1 T 971/06) |
AG Ingolstadt (Aktenzeichen 15 UR II 45/05) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers zu 2) gegen den Beschluss des LG Ingolstadt vom 16.8.2006 wird als unzulässig verworfen.
II. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin zu 1) gegen den Beschluss des LG Ingolstadt vom 16.8.2006 wird zurückgewiesen.
III. Die Antragsteller zu 1) und 2 haben samtverbindlich die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
IV. Auf die Beschwerde der anwaltlichen Bevollmächtigten der Antragsteller sowie von Amts wegen werden die Geschäftswertfestsetzungen im Beschluss des AG Ingolstadt vom 12.4.2006 (Ziff. III) und des LG Ingolstadt im Beschluss vom 16.8.2006 (Ziff. III) aufgehoben. Der Geschäftswert für den ersten wie für den zweiten Rechtszug wird auf 35.000 EUR festgesetzt.
V. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 35.000 EUR.
Gründe
I. Die Antragsteller, ein Ehepaar, und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Aufgrund großflächiger Feuchtigkeitsschäden sollen 18 Balkone des Längsbaus der in den Jahren 1991 bis 1993 errichteten Wohnanlage saniert werden. Den Wohnungseigentümern lag dazu die gutachtliche Stellungnahme einer Bausachverständigen vom 1.6.2005 vor, aus der sich ergibt, dass die Balkone keine normgerecht hohen Abschlüsse zur Wand gegen nichtdrückendes Wasser aufweisen. Zudem hat die auf der Betonrohdecke aufgebrachte Abdichtungsebene ein zu geringes, nicht dem Stand der Technik entsprechendes Gefälle.
Am 23.9.2005 fand eine Wohnungseigentümerversammlung statt, in der unter Tagesordnungspunkt (TOP) 2c mehrheitlich folgender Beschluss gefasst wurde:
Zum Beschluss wird vorgetragen die 18 Balkone im Längsbau... in jedem Fall total sanieren zu lassen,... Die WEG bevollmächtigt die Hausverwaltung G., Herrn Architekt H. mit den dazu notwendigen durchzuführenden Maßnahmen wie Angebotseinholung, Auftragsvergabe, Überwachung der Sanierung, Abnahme der Gewerke nach Abschluss der Arbeiten und Rechnungsprüfung zu beauftragen. Saniert wird umgehend dazu der Balkon der Wohnung Nr. D 50, um hieraus Erkenntnisse der weiteren Sanierungsmaßnahmen zu gewinnen. Dieses Ergebnis ist die Grundlage der Empfehlung (Total- oder Teilsanierung) zur weiteren Vorgehensweise... Vorgesehen ist Ausführung vom Balkon der Wohnung Nr. D 50 sofort, und die weiteren Balkone mit Beginn des II. Quartals 2006, das erforderliche Wetter vorausgesetzt.
Unter TOP 2d wurde folgender zusätzlicher Beschluss gefasst:
Für die Kosten der Sanierung der Sofortmaßnahme, einschließlich der Kosten von Herrn Architekt H. wie unter TOP 2c beschlossen, von dem Balkon der Wohnung Nr. D 50 wird aus den Rücklagen entnommen. Die weiteren Sanierungsmaßnahmen, einschließlich der Kosten von Herrn Architekt H. wie ebenfalls unter TOP 2c beschlossen, werden bis zu einer Summe von 40.000 EUR aus den Rücklagen entnommen, der verbleibende Rest wird in Form einer Sonderumlage gemäß Teilungserklärung, an die Eigentümer entsprechend ihrer Miteigentumsanteile weitergegeben.
Die in der Teilungserklärung enthaltene Gemeinschaftsordnung bestimmt auszugsweise wie folgt:
4.1. Gegenstand und Inhalt des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums
4.1.1. Alle Räume und Gebäudeteile, die nicht nach Ziff. 2. dieser Urkunde und in folgenden Bestimmungen zum Sondereigentum erklärt sind, sowie der gesamte Grund und Boden sind gemeinschaftliches Eigentum, ebenso alle tragenden Mauern und nicht tragenden Trennwände, welche das Sondereigentum vom gemeinsamen Eigentum abgrenzen.
4.1.2. In Ergänzung von § 5 WEG wird festgelegt, dass Sondereigentum sind: ...
4.1.2.5. die Balkoninnenseiten, die Balkonböden, soweit sie nicht zur tragenden Konstruktion des Gebäudes gehören, ...
4.5. Lasten und Kosten
4.5.1. Die Sondereigentümer sind verpflichtet, alle Kosten aufzubringen, die für das Gesamtobjekt anfallen. Hierzu gehören insb.
4.5.1.1. die Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums einschließlich der Reinigungskosten sowie die Unterhaltung des Gartens, soweit nicht hieran ein Sondernutzungsrecht besteht, ...
4.5.1.9. Den einzelnen Sondereigentümern obliegen die Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums, insb. der nichttragenden Innenwände, der Fußbodenbeläge, des Wand- und Deckenverputzes innerhalb des Sondereigentums, der Rollläden, der Estriche und der Innenseiten vorhandener Balkone, das Streichen der Innenseiten der Fenster und des Ersatzes und der Reparatur zerstörter oder beschädigter Fensterscheiben, Fensterrahmen und...