Leitsatz (amtlich)
1. Der Aufrechterhaltung von Sicherungshaft steht nicht entgegen, dass der Ausländer, der in einen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften zurückgeschoben werden soll, aus der Haft heraus einen Asylantrag stellt; § 14 Abs. 3 AsylVfG gilt auch für Fälle der Zurückschiebung.
2. Die Pflicht der Ausländerbehörde zur unverzüglichen Zuleitung des bei ihr eingereichten schriftlichen Asylantrags erfordert eine Weiterleitung ohne schuldhaftes Zögern im normalen Geschäftsgang; eine bestimmte Übermittlungsart, etwa per Fax, ist nicht vorgeschrieben.
Normenkette
AsylVfG § 14; AufenthG §§ 57, 62 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Landshut (Beschluss vom 20.11.2007; Aktenzeichen 62 T 2877/07) |
AG Erding (Aktenzeichen XIV B 0130/07) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Landshut vom 20.11.2007 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Ausländerbehörde betreibt die Zurückschiebung des Betroffenen, der irakischer Staatsangehöriger ist, nach Griechenland. Der Betroffene wurde am 29.10.2007 mit einem Flugzeug aus Athen kommend durch die Bundespolizei am Münchener Flughafen einer Kontrolle unterzogen, bei der er sich mit einem total gefälschten norwegischen Fremdenpass auswies.
Der Betroffene war nach eigenen Angaben durch Schleuser vom Irak über Syrien und die Türkei nach Griechenland gebracht worden. Von dort habe er dann weiter nach Amerika reisen wollen. Der Schleuser hätte durch seine Familie erst bezahlt werden sollen, wenn er an seinem Ziel angekommen wäre. Während seiner Befragung durch die Bundespolizei gab der Betroffene an, dass er, wenn er nicht nach Amerika gehen könne, in Deutschland Asyl beantragen wolle; in den Irak könne er jedenfalls nicht zurück, weil er Christ sei.
Auf Antrag der Ausländerbehörde hat das AG nach Anhörung des Betroffenen durch Beschluss vom 30.10.2007 Abschiebungshaft zur Sicherung der Abschiebung, längstens jedoch bis 29.1.2008 sowie die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet. Hiergegen hat der Betroffene sofortige Beschwerde eingelegt, die das LG am 20.11.2007 zurückgewiesen hat. Gegen den landgerichtlichen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen, die am 28.11.2007 eingelegt wurde.
Das am 29.10.2007 geäußerte Asylgesuch des Betroffenen ging am 31.10.2007 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein. Am 28.11.2007 wurde der Betroffene aus der Haft entlassen, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Entscheidung hatte treffen können.
Nach seiner Haftentlassung beantragt der Betroffene nunmehr, festzustellen, dass die freiheitsentziehende Maßnahme rechtswidrig war.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.
1. Dem zulässigen Rechtsmittel (§ 106 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, § 3 Satz 2 FreihEntzG, § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG) steht die Erledigung der Hauptsache durch Haftentlassung des Betroffenen nach der am 20.11.2007 hinausgegebenen Beschwerdeentscheidung nicht entgegen. Der Beschwerdeführer kann gegen die noch vom LG bestätigte Aufrechterhaltung der Haft nach zwischenzeitlicher Entlassung sofortige weitere Beschwerde mit dem Rechtsschutzziel einlegen, die Rechtswidrigkeit der vollzogenen Freiheitsentziehung festzustellen (st. Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse vom 10.4.2006, 34 Wx 038/06 und 34 Wx 042/06; s. BVerfG vom 31.10.2005, 2 BvR 2233/05 = wistra 2006, 59; BVerfG AuAS 2002, 200). Die Entscheidung, ob mit dem Rechtsmittel nur die Aufhebung der vorangegangenen Haftanordnung verfolgt oder darüber hinaus die Feststellung begehrt werden kann, dass die Haft in einem früheren Zeitpunkt als dem der Beschwerdeentscheidung rechtswidrig war (BVerfG vom 10.12.2007, 2 BvR 1033/06; BGH MDR 2007, 971), kann hier schon deshalb dahinstehen, da die gerichtlich angeordnete Haft von Anfang an rechtmäßig war und die Beschwerde gegen den Beschluss des LG, der diese bestätigt hat, erfolglos geblieben wäre.
2. Das LG hat zur Rechtmäßigkeit der Haft ausgeführt:
Die Voraussetzungen für die Verhängung von Haft zur Sicherung der Zurückschiebung gem. § 57 Abs. 3 i.V.m. § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG lägen vor. Der Betroffene sei irakischer Staatsangehöriger und halte sich ohne gültige Ausweispapiere und ohne die erforderliche Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet auf.
Der Betroffene sei vollziehbar ausreisepflichtig, wobei dahinstehen könne, ob die Erklärung des Betroffenen bei seiner polizeilichen Vernehmung als Asylgesuch zu verstehen sei. Jedenfalls habe der Betroffene dadurch keine Aufenthaltsgestattung gem. § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erworben. Der Betroffene sei aus einem sicheren Drittstaat unerlaubt eingereist. Deshalb setze die Aufenthaltsgestattung einen förmlichen Asylantrag voraus, den der Betroffene jedoch erst nach der Haftanordnung gestellt habe. Ein formloses Asylgesuch genüge nicht.
Da der Betroffene aufgrund seiner unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig sei, lägen die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i...