Leitsatz (amtlich)
Gegenstand einer Grunddienstbarkeit bildet immer eine Beschränkung der aus dem Grundstückseigentum fließenden Befugnisse, um dadurch Vorteile für das herrschende Grundstück zu schaffen. Weder die Rückbaupflicht im Fall des Widerrufs der Gestattung eines Dachüberstands in den Luftraum des Nachbargrundstücks noch die Verpflichtung, es zu unterlassen, den Dachüberstand auf dem Nachbargrundstück als dem herrschenden Grundstück zu belassen, ist Ausfluss von Befugnissen am Eigentum des dienenden Grundstücks.
Normenkette
BGB § 1018
Verfahrensgang
AG Weilheim (Beschluss vom 05.11.2014) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Weilheim i.OB - Grundbuchamt - vom 5.11.2014 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Zu notarieller Urkunde vom 25.7.2014 setzten sich die (drei) Geschwister H. unter Aufhebung einer zwischen ihnen bestehenden Miteigentümergemeinschaft an Grundbesitz auseinander. Von den drei betroffenen Grundstücken erwarb der Beteiligte zu 1 das Grundstück Fl. Nr. 312/5 und die Beteiligte zu 2 das Grundstück Fl. Nr. 312/4 je zu Alleineigentum. Abschnitt IX. der Urkunde enthält für den Beteiligten zu 1 folgende
Verpflichtung zur Dienstbarkeitsbestellung:
1. Das Dach der auf dem Grundstück Fl. Nr. 312/5 von Herrn H. (= Beteiligter zu 1) erst noch zu errichtenden Grenzgarage wird in den Luftraum des Grundstücks Fl. Nr. 312/4 ... hineinragen, was Frau H. (= Beteiligte zu 2) als künftige Eigentümerin dieses Grundstücks ... vorläufig duldet.
Herr H. verpflichtet sich jedoch, den überbauten Teil des Daches auf eigene Kosten und Rechnung zu entfernen und das Dach auf die Grenze zurückzubauen, sobald der Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. 312/4, Frau H. bzw. ihre Rechtsnachfolger, das schriftlich verlangt. Der Rückbau ist innerhalb von zwei Monaten nach Zugang des Verlangens abzuschließen.
2. Herr H. bestellt an dem Grundstück Fl. Nr. 312/5 (dienendes Grundstück) zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks Fl. Nr. 312/4 (herrschendes Grundstück) eine Grunddienstbarkeit mit folgendem Inhalt:
Der jeweilige Eigentümer des dienenden Grundstücks unterlässt es, den vom dienenden Grundstück aus überbauten Teil des Daches der Grenzgarage auf dem dienenden Grundstück länger als zwei Monate zu belassen, nachdem er vom Eigentümer des herrschenden Grundstücks schriftlich zur Beseitigung des überbauten Teils des Daches aufgefordert wurde.
Die Eintragung der Dienstbarkeit in das Grundbuch wurde bewilligt und beantragt.
Den die Grunddienstbarkeit betreffenden Vollzugsantrag hat das Grundbuchamt am 6.11.2014 zurückgewiesen. Nach der Urkunde werde mit der Dienstbarkeit die Verpflichtung zum Rückbau abgesichert. Ein positives Tun könne aber nicht Hauptinhalt einer Grunddienstbarkeit sein.
Hiergegen richtet sich die namens der Beteiligten zu 1 und 2 erhobene Beschwerde vom 24.11.2014, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.
Der vorlegende Notar meint, Inhalt der beurkundeten Grunddienstbarkeit sei die Unterlassung einer bestimmten Handlung. Aus der Unterlassungspflicht ergebe sich bei Verstößen zwangsläufig die Notwendigkeit, das Ergebnis dieses Verstoßes zu beseitigen. Ein aktives Tun sei einer Unterlassungspflicht immer dann immanent, wenn die Pflicht verletzt worden sei. Die aufschiebend befristete Verpflichtung ändere nichts daran, dass es sich um eine Unterlassungspflicht handle. Ihre Eintragungsfähigkeit sei nicht anders zu beurteilen als bei einer sofort wirksamen Unterlassungspflicht.
Das Grundbuchamt führt in seiner Nichtabhilfeentscheidung noch aus, dass Hauptinhalt hier nicht die Unterlassung der Bebauung sei, sondern eben gerade die Unterlassung der Entfernung der Bebauung, also die Verpflichtung, das Gebäude zu entfernen. Garagenabriss bzw. -rückbau sei gerade der wesentliche Inhalt der Vereinbarung.
II. Das nach § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen als Beschwerde zulässige Rechtsmittel (§ 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG) hat keinen Erfolg. Sie ist entsprechend dem formulierten Antrag unmittelbar darauf gerichtet, die Eintragung - in einer bestimmten Weise - vorzunehmen, wozu das Beschwerdegericht selbst nicht befugt wäre (vgl. etwa Hügel/Kramer GBO 2. Aufl. § 77 Rn. 40.1). Indessen ist der Antrag dahin auszulegen, dass das Grundbuchamt angewiesen werden solle, die begehrte Eintragung vorzunehmen. Mit diesem Ziel ist die Zulässigkeit des Rechtsmittels bedenkenfrei.
Der Senat teilt im Ergebnis die Ansicht des Grundbuchamts, dass das zur Eintragung gestellte Recht keinen zulässigen Inhalt hat.
1. Nach § 1018 BGB kann ein Grundstück zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf (a) oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen (b) oder dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem anderen Grund...