Entscheidungsstichwort (Thema)
Neufassung einer Satzung
Leitsatz (amtlich)
1. Bestimmungen in Vereinssatzungen, die die Voraussetzungen für eine Satzungsänderung erhöhen, sind dann unbeachtlich, wenn die tatsächlichen Verhältnisse des Vereinslebens dazu führen, dass die Satzung faktisch dauerhaft unabänderlich ist. An deren Stelle treten die gesetzlichen Vorschriften.
2. Das gilt jedoch dann nicht, wenn eine Satzungsänderung auch daran scheitert, dass eine durch die noch geltenden Satzungsbestimmungen geschützte Minderheit der Vereinsmitglieder eine Satzungsänderung ablehnt.
3. Die Eintragung der Neufassung einer Satzung in das Vereinsregister ist insgesamt zurückzuweisen, wenn die Neufassung nicht mit der für die Änderung einzelner Satzungsbestimmungen erforderlichen Mehrheit beschlossen worden ist.
Normenkette
BGB § 33 Abs. 1, § 40
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts München - Registergericht vom 24.04.2019 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert der Beschwerde wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer ist ein eingetragener Turn- und Sportverein, der 13 Abteilungen, 28 aktive Mannschaften und über 2600 Mitglieder umfasst.
Die aktuell geltende Fassung der Satzung stammt aus dem Jahr 1964. Hinsichtlich einer Satzungsänderung sieht sie folgende Regelungen vor:
§ 18 Ziff. 7
"Die Abänderung der Satzung mit Ausnahme der §§ 1, 2, 3, 4, 18/7 kann durch eine Mehrheit von 3/4 der erschienenen Mitglieder (jedoch bei mindestens 51%iger Anwesenheit aller stimmberechtigten Mitglieder), die Auflösung nur durch eine Mehrheit von 3/4 der sämtlichen Mitglieder beschlossen werden."
§ 18 Ziff. 8
"Die Abänderung der §§ 1, 2, 3, 4 und 18/7 ist nur mit Zustimmung aller stimmfähigen Vereinsmitglieder möglich und diese muß nötigenfalls schriftlich eingeholt werden. (§§ 32 und 33 des BGB)."
Der Beschwerdeführer erachtet die Satzung in diesen und anderen Regelungen, die tatsächlich nicht praktiziert werden, als nicht mehr zeitgemäß. Um eine Neufassung der Satzung zu beschließen, berief der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26.09.2018 eine außerordentliche Mitgliederversammlung ein. Dieser Einladung war ein Entwurf der neuen Satzung beigefügt, die in allen Punkten zumindest sprachlich von der vorherigen Satzung abweicht. Die geplante Satzungsänderung hatte der Beschwerdeführer bereits bei der Jahreshauptversammlung 2017 sowie in zwei an alle Mitglieder versendeten Rundschreiben im Juli und September 2018, ferner auf einem eigens hierfür anberaumten Informationsabend angekündigt, wobei jeweils auf die besondere Wichtigkeit einer großen Beteiligung an der außerordentlichen Mitgliederversammlung hingewiesen wurde. Zum Zeitpunkt der außerordentlichen Hauptversammlung hatte der Beschwerdeführer 1420 stimmberechtigte Mitglieder. An den jährlichen Hauptversammlungen 2014 - 2017 hatten jeweils höchstens 79 Mitglieder teilgenommen.
Auf der außerordentlichen Hauptversammlung vom 10.10.2018 waren 260 stimmberechtigte Mitglieder anwesend. Nachdem festgestellt worden war, dass das satzungsgemäße Quorum von 51% der stimmberechtigten Mitglieder nicht gegeben ist, wurde über die neue Satzung abgestimmt. Hierbei stimmten 259 Mitglieder für und ein Mitglied gegen die Satzungsänderung.
Die beschlossene Neufassung enthält auch folgende Bestimmung:
"§ 11 Ziff. 3
"[...] Eine Änderung des Vereinszwecks erfordert die Zustimmung von 9/10 (in Worten: neun Zehntel) der abgegebenen gültigen Stimmen."
Einen erneuten Versuch, die schriftliche Zustimmung aller Mitglieder zu dem Satzungsneufassungsbeschluss einzuholen, unternahm der Beschwerdeführer nicht.
Mit notarieller Urkunde vom 2. November 2018 meldete der Vorstand des Beschwerdeführers die Neufassung zur Eintragung beim Amtsgericht München an. Nachdem das Registergericht die Antragsrücknahme erfolglos angeregt hatte, wies es die Anmeldung mit Beschluss vom 24.04.2019, dem Beschwerdeführer bekanntgegeben am 26.04.2019 zurück. Zur Begründung führte es aus, dass der Beschluss über die Satzungsneufassung nichtig sei, da die Voraussetzungen des § 18 Ziff. 7 und 8 der Satzung nicht vorgelegen hätten. Diese seien auch nicht wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unbeachtlich, weil die Willensbildung durch die Vereinsmitglieder hierdurch nicht grundsätzlich und dauerhaft außer Kraft gesetzt sei.
Mit der Beschwerde vom 21.05.2019 verfolgt der Beschwerdeführer die Eintragung der Satzungsneufassung weiter. Er macht geltend, dass wegen der hohen Hürden, die die Satzung für eine Satzungsänderung aufstellt, eine Änderung angesichts der heutigen Mitgliederzahlen faktisch ausgeschlossen sei. Ein erfolgloser Versuch aus dem Jahr 1980, die Zustimmung aller Mitglieder zu einer Satzungsänderung einzuholen, zeige, dass die Voraussetzungen für eine Satzungsneufassung nicht geschaffen werden können. Die statutarischen Regelungen verstießen deshalb gegen Treu und Glauben, sodass auf die gesetzlichen Regelungen zurückzugreifen sei. Nach diesen sei der Beschluss der Satzungsneufassung wirksam gefasst wo...