Leitsatz (amtlich)

Nachträgliche Eintragung eines Geh- und Fahrtrechts im Jahr 2015 aufgrund einer im Jahr 1969 erteilten, wirksam gewordenen und "nicht verbrauchten" Bewilligung.

 

Normenkette

BGB § 1018; GBO §§ 13, 19, 53 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Traunstein (Beschluss vom 27.02.2015)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des AG Traunstein - Grundbuchamt - vom 27.2.2015 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten zu 1 und 2 tragen die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens. Sie haben dem Beteiligten zu 3 die dort entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind in Gütergemeinschaft als Eigentümer eines Grundstücks (FlSt 109/1) im Grundbuch eingetragen. Diesem Grundstück bis auf einen schmalen Streifen zur Straße hin vorgelagert ist das Grundstück FlSt 109 des Beteiligten zu 3. Erschlossen wird das Grundstück der Beteiligten zu 1 und 2 durch eine Zufahrt, die sich auf der an die Hauptstraße angrenzenden und zu ihrem Grund gehörenden Fläche befindet. Auch der Beteiligte zu 3 benutzt diese Fläche als Zufahrt zu seinem eigenen Anwesen.

Im Grundbuch des Vorderliegergrundstücks ist ein Geh- und Fahrtrecht für den jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 109 gemäß Bewilligung vom 25.2.1969 eingetragen. Dazu kam es folgendermaßen:

Mit Überlassungsvertrag vom 25.2.1969 übertrug Simon B., Vater des Beteiligten zu 1, diesem das Grundstück FlSt 109/1. Die Eigentumsumschreibung fand am 4.6.1969 statt. In Ziff. IX. der Vertragsurkunde findet sich folgende Regelung:

Zwischen den beiden Anwesen H-Straße 76 und H-Straße 76a verläuft auf dem Grundstück Fl. Nr. 109/1 die gemeinsame Zufahrt.

Der Übernehmer räumt dem jeweiligen Eigentümer des heute von seiner Schwester übernommenen Grundstücks Fl. Nr. 109 das Recht ein, diese Zufahrt jederzeit und ungehindert zu begehen und zu befahren um auf die Gemeindestraße zu gelangen.

Dieses Geh- und Fahrtrecht wird als Grunddienstbarkeit bestellt, die Eintragung im Grundbuch an Fl. Nr. 109/1 wird bewilligt.

Aufgrund des am selben Tag abgeschlossenen Ehe- und Erbvertrags zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 wurden diese ebenfalls am 4.6.1969 in der vorgenannten Form als Eigentümer eingetragen. Trotz umfassenden Vollzugsantrags unterblieb aber aus ungeklärten Gründen seinerzeit die Eintragung der Dienstbarkeit.

Ebenfalls am 25.2.1969 übertrug Simon B. das zur H-Straße hin gelegene Grundstück FlSt 109 seiner Tochter Margarete G., der Schwester des Beteiligten zu 1, die später ihrerseits das Grundstück dem Beteiligten zu 3, ihrem Sohn, überließ.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 8.10.2014 beantragte der Beteiligte zu 3, das bezeichnete Geh- und Fahrtrecht nunmehr einzutragen.

In einem Zivilrechtsstreit zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 als Klägern und dem Beteiligten zu 3 als Beklagten wurde die Klage, es zu unterlassen, das Grundstück FlSt 109/1 zum Zwecke der Zufahrt zu dem Grundstück FlSt 109 zu nutzen, mit (noch nicht rechtskräftigem) Endurteil vom 6.2.2015 abgewiesen. Das AG ging davon aus, dass bereits mit dem Antrag auf Urkundenvollzug am 19.3.1969 ein Anwartschaftsrecht an der Dienstbarkeit bestand, der Beklagte dessen Inhaber sei und ein Recht auf Benutzung des Nachbargrundstücks habe. Das Grundbuchamt hätte schon seinerzeit die Eintragung vornehmen müssen.

Das Grundbuchamt trug schließlich am 9.2.2015 das Geh- und Fahrtrecht als Belastung in Abt. II des Grundbuchs ein.

Gegen die Eintragung der Dienstbarkeit richtete sich der so genannte Widerspruch der Beteiligten zu 1 und 2 vom 18.2.2015, mit dem sie die Löschung der Eintragung verfolgen.

Das Grundbuchamt hat den Rechtsbehelf als Anträge auf Löschung eines Rechts bzw. auf Eintragung eines Widerspruchs behandelt und ihn mit Beschluss vom 18.2.2015 zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die im Wesentlichen folgendermaßen begründete Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 9.3.2015 nicht abgeholfen hat: Der Beteiligte zu 1 und die Mutter des Beteiligten zu 3 hätten sich jedenfalls nicht auf die Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts geeinigt, auch wenn in beiden Übergabeverträgen von dem Recht die Rede sei. Ein entsprechender Vertrag zwischen den beiden Geschwistern sei damals nicht abgeschlossen worden. Zudem sei eine etwaige Einwilligung des Beteiligten zu 1 jederzeit widerruflich. Die damalige Bewilligung könne aktuell nicht mehr als Eintragungsgrundlage herangezogen werden. Der Beteiligte zu 3 habe auch kein Antragsrecht besessen. Schließlich bestehe am belasteten Grundstück inzwischen (auch) Eigentum der Beteiligten zu 2, die einer Eintragung nicht zugestimmt habe. Der Beteiligte zu 3, dem das Vorderliegergrundstück von seiner Mutter rechtsgeschäftlich übertragen worden sei, könne für sich auch keine Ansprüche aus dem Vertrag von 1969 herleiten.

Der Beteiligte zu 3 ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

II. Das formgerecht eingelegte Rechtsmittel (§ 71 Abs. 1, § 73 GBO, § 10 Ab...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge