Leitsatz (amtlich)
Die Eintragung einer sog. Ersatzfirma im Handelsregister durch den Insolvenzverwalter bedarf einer Änderung der Satzung der Gesellschaft.
Normenkette
HGB §§ 3, 53-54
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 28.12.2015; Aktenzeichen HRB 148726) |
Tenor
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG München - Registergericht - vom 28.12.2015 wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I. Der Insolvenzverwalter der Gesellschaft, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, beantragt die Eintragung einer sog. Ersatzfirma für diese.
Das Registergericht hat den Antrag zurückgewiesen. Es stellt im Wesentlichen darauf ab, dass dies eine Unrichtigkeit des Registers zur Folge habe, die sich daraus ergäbe, dass der Name der Firma, der in der Satzung steht, von dem Namen abweicht, der dann im Register stünde. Außerdem sei der Insolvenzverwalter befugt, eine Änderung der Satzung vorzunehmen, so dass einer Satzungsänderung auch keine wesentlichen Hindernisse entgegenstünden.
Der Insolvenzverwalter ist hingegen der Ansicht, eine Satzungsänderung sei nicht nötig und rechtlich auch nicht möglich. Er trägt vor, die Eintragung so genannter Ersatzfirmen entspräche der gängigen Praxis der AGe.
II. Die Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zutreffend geht das Registergericht davon aus, dass die Eintragung der vom Insolvenzverwalter gebildeten Ersatzfirma eine Satzungsänderung der Gesellschaft voraussetzt.
1. In der Rechtsprechung ist seit der Entscheidung des BGH NJW 1983, 755 anerkannt, dass der Insolvenzverwalter die Firma als Namen der Gesellschaft im laufenden Insolvenzverfahren verwerten kann und zwar unabhängig von der Frage, ob es sich um eine Personen- oder Sachfirma handelt. Damit geht einher, dass die Gesellschaft, die als Formkaufmann auch im Liquidationsstadium nicht namenlos bleiben kann, einer (Ersatz-)Firma bedarf (Ulmer, NJW 1983, 1697/1702).
Ob die Bildung dieser Ersatzfirma eine Satzungsänderung der Gesellschaft erfordert, ist jedoch in der obergerichtlichen Rechtsprechung mit Ausnahme einer Entscheidung des KG nicht entschieden worden. Das KG hat den (Konkurs)verwalter für berechtigt gehalten, die Firma der (Konkurs)Schuldnerin unter gleichzeitiger Bildung einer Ersatzfirma zu veräußern. Die Bildung einer Ersatzfirma bedurfte indes nach Auffassung des KG einer Satzungsänderung (KG DNotZ 1930, 373/376). Nach OLG Karlsruhe NJW 1993, 1931 ist eine Satzungsänderung durch die Gesellschafter im Konkurs (nur) dann möglich, wenn der Konkursverwalter zustimmt. Das LG Essen hat - ohne sich mit der vorgenannten Entscheidung des KG auseinanderzusetzen - entschieden, die Bildung einer Ersatzfirma und deren Eintragung ins Register sei auch durch den Insolvenzverwalter ohne vorherige Satzungsänderung möglich. Es stützt seine Ansicht darauf, dass der Rechtsverkehr aus der Eintragung des Insolvenzvermerks im Handelsregister den Schluss ziehen könne, die relevanten Verhältnisse der Gesellschaft hätten sich geändert und würden "maßgeblich auch durch Sonderregelungen des Insolvenzrechts beeinflusst" (LG Essen BeckRS 2009, 23101).
Das Registergericht hat in der angefochtenen Entscheidung zwar das Fehlen der Satzungsänderung beanstandet, hält aber den Insolvenzverwalter für berechtigt, eine Änderung der Satzung (ohne die Gesellschafter) vorzunehmen. Dies wird teilweise auch in der Literatur vertreten (Ulmer, a.a.O. S. 1702)
Der BGH hat sich zur Frage, ob der Insolvenzverwalter berechtigt ist, die Satzung der Insolvenzschuldnerin zu ändern, bislang jedoch nicht geäußert; zuletzt wurde die Änderung des Geschäftsjahres der Gesellschaft durch den Insolvenzverwalter nicht als Satzungsänderung angesehen (BGH NJW-RR 2015, 2457246). Nach OLG Düsseldorf BeckRS 1988, 30991561 "kann im Einzelfall die satzungsändernde Kompetenz der Gesellschafter durch eigene Kompetenzen des Konkursverwalters verdrängt [werden]".
2. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Bildung der Ersatzfirma zulässig ist, wird auch in der Literatur nicht einheitlich beantwortet. Es finden sich überwiegend Stimmen, die die Bildung einer Ersatzfirma für zulässig halten. Häufig bleibt allerdings offen, ob dabei davon ausgegangen wird, der Insolvenzverwalter könne die Ersatzfirma ohne Satzungsänderung vornehmen oder er sei zur Satzungsänderung kraft Amtes befugt (z.B. Scholz/Karsten Schmidt/Bitter, GmbHG 10. Auflage [2010] vor § 64 Rn 100). Als wesentliches Argument, warum der Insolvenzverwalter die Befugnis haben müsse, eine Ersatzfirma - ohne vorherige Satzungsänderung - zu bilden, wird angeführt, dass die Satzungsänderung häufig am Widerstand der Gesellschafter scheitern würde (Heidinger in: MüKo/HGB 4. Auflage [2016] § 22 Rn. 89). Darüber hinaus wird auch vertreten, die Gesellschafter hätten in der Regel kein anerkennenswertes Interesse, die effektive Verwertung der insolventen Gesellschaft zu verhindern (Staub/Burgard, HGB 5. Auflage § 22 Rn. 70). Schließlich soll aus dem Recht zur Firm...