Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentsauslegung. gemeinschaftliches Testament. Schlusserbeneinsetzung. Ersatzerbenberufung
Leitsatz (amtlich)
Wird ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament mit der Formulierung eingeleitet, "Sollte es Gott dem Allmächtigen gefallen, dass wir beide Ehegatten miteinander durch irgendein Ereignis sterben", kann im Einzelfall die Auslegung ergeben, dass die letztwillige Verfügung auch für den Fall gelten soll, dass die Ehegatten mit erheblichem zeitlichen Abstand versterben.
Normenkette
BGB §§ 2084, 2269
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 16 T 1891/07) |
AG München (Aktenzeichen 63 VI 7639/06) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 14 gegen den Beschluss des LG München I vom 14.11.2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 14 hat den Beteiligten zu 15 bis 25 die im Verfahren der Beschwerde und der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten; insoweit wird die Entscheidung des LG in Ziff. II des Tenors abgeändert.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 37.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die verwitwete, kinderlose Erblasserin ist am 13.6.2006 im Alter von 87 Jahren verstorben. Die Beteiligte zu 2 ist die jüngste Schwester der Erblasserin, die übrigen Beteiligten zu 1 bis 14 sind Abkömmlinge von sieben vorverstorbenen Geschwistern. Ein weiterer Bruder ist bereits 1947 kinderlos vorverstorben. Der Ehemann der Erblasserin, mit dem sie seit 1959 verheiratet gewesen war, ist am 15.11.1973 vorverstorben. Die Beteiligten zu 19, 20, 23, 24 und 25 sind Abkömmlinge seiner Geschwister, die Beteiligten zu 21 und 22 sind die Kinder des Neffen seiner 1958 verstorbenen ersten Ehefrau. Die Beteiligten zu 15 bis 18 sind gemeinnützige bzw. kirchliche Organisationen.
Der an Krebs erkrankte Ehemann setzte die Erblasserin mit privatschriftlichem Testament vom 29.12.1970 zu seiner Alleinerbin ein. Am selben Tag errichteten die Eheleute ein gemeinschaftliches Testament, das vom Ehemann geschrieben und unterschrieben sowie von der Erblasserin unterschrieben wurde. Es lautet auszugsweise wie folgt:
"Testament
Anhang
Sollte es Gott dem Allmächtigen gefallen, dass wir beide Ehegatten miteinander durch irgendein Ereignis sterben, so soll unser Nachlass in sechs Teile geteilt werden wie folgt: Ein Teil an M. K. Witwe, ein Teil an Z. K. Witwe, ein Teil an meine Schwester M. G., ein Teil an meinen Neffen H. H. in B., ein Teil an die Geschwister meiner Frau ...
Ein Teil soll wieder in 4 Teile geteilt werden und zwar wie folgt:
¼ Teil für (Beteiligte zu 18)
¼ Teil an die (Beteiligte zu 17)
¼ Teil an die (Beteiligte zu 16)
¼ Teil an (Beteiligten zu 15).
Am 23.12.69 ist notariell meine Wohnung ... an die beiden H. und C. M. überschrieben worden, sie haben dieselbe käuflich von uns erworben, und zahlen an uns eine monatliche Miete als Abzahlung. Diese monatliche Zahlung fällt bei unserem beider Ableben weg, sie schulden an keinen unserer Erben etwas.
Die Eigentumswohnung für (die Erblasserin)... kann verkauft und nach diesen Teilen verteilt werden, nur der Hobbyraum soll Eigentum von H. und C. M. werden ...
(Unterschriften, Ort, Datum)".
Am 20.9.1973 legten die Eheleute in einer mit "Testament Ergänzung am 20.8.1973" "Beilage zum Testament vom 29.12.1979" überschriebenen privatschriftlichen Verfügung fest, dass sie H. H. "folgende Einrichtungsgegenstände nach unserem Tod vererben" und "nach unserem Ableben" dessen Tochter weitere Einrichtungsgegenstände erhalten sollte.
Die Beteiligten zu 1 bis 14 sind der Auffassung, es sei gesetzliche Erbfolge eingetreten, da das Testament vom 29.12.1970 nur für den Fall des gemeinsamen Versterbens der Eheleute gelte. Die Beteiligten zu 15 bis 25 sind hingegen der Auffassung, die Erbfolge richte sich nach dem Testament vom 29.12.1970.
Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus Bankguthaben i.H.v. 1,1 Mio. EUR sowie mehreren Immobilien; der Nachlasswert beträgt insgesamt rund 2,4 Mio. EUR.
Die Beteiligten zu 1 und 14 haben jeweils beantragt, ihnen einen Teilerbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu erteilen. Das Nachlassgericht hat diese Anträge mit Beschluss vom 24.1.2007 zurückgewiesen. Die Beschwerde der Beteiligten zu 14 hat das LG mit Beschluss vom 14.11.2007 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 14.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:
Maßgeblich für die Erbfolge sei das gemeinschaftliche Testament vom 29.12.1970. Daraus ergebe sich nicht eindeutig, ob das Testament nur für den Fall des gleichzeitigen oder in kurzem zeitlichem Abstand erfolgenden Versterbens beider Eheleute gelten sollte oder eine Regelung auch für den Fall des zeitlich versetzten Versterbens darstellen sollte. Der Wortlaut deute zwar darauf hin, dass der Fall des gleichzeitigen Todes oder des Versterbens in zeitlich kurzem Abstand aufgrund eines bestimmten Ereignisses gemeint sei. Die Formulierung "durch irgendein Ereignis...