Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Eine Rechtsbeschwerde ist nur dann wirksam zur Niederschrift der Geschäftsstelle erhoben, wenn sich die Rügen aus der Niederschrift ergeben und erkennbar ist, dass der protokollierende Rechtspfleger für deren Form und Inhalt die Verantwortung übernommen hat.

  • 2.

    Aus Art. 203 BayStVollzG i.V.m. Art. 10 BayDSG kann sich im Einzelfall ein Anspruch des Strafgefangenen gegenüber der Justizvollzugsanstalt auf Aushändigung einer Abschrift des Vollzugplans ergeben, wenn dies zur Wahrung der Rechte des Gefangenen erforderlich ist.

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Entscheidung vom 16.02.2006)

 

Tatbestand

Sachverhalt:

Der Antragsteller verbüßt eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, zu der er durch das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 16.2.2006 wegen Betäubungsmitteldelikten verurteilt wurde. Zwei Drittel der Strafe werden am 25.10.2008 verbüßt sein, vorläufiges Strafende ist für den 27.8.2010 vorgemerkt.

Mit Antrag vom 29.1.2008 beantragte der Antragsteller, ihm eine Kopie seines Vollzugsplans auszuhändigen. Mit Schreiben vom 12.2.2008 erinnerte er die JVA an diesen Antrag. Am 15.2.2008 wurde ihm in seinem Haftraum sein aktueller Vollzugsplan zur Einsichtnahme übergeben. Hierbei erhielt er die Möglichkeit, den gesamten Inhalt des Vollzugsplans mitzuschreiben und sich so selbst eine Kopie anzufertigen.

Die Aushändigung einer Kopie des Vollzugsplans wurde ihm verweigert.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 15.2.2008, die die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 18.3.2008 als unbegründet zurückwies. Ferner lehnte sie einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab, und legte dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen auf. Den Streitwert setzte sie auf 250 EUR fest.

Gegen diesen ihm am 25.3.2008 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit dem Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde, die er am 9.4.2008 zur Niederschrift des Rechtspflegers wie folgt erhob:

Gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer, StVK 132/08, vom 18.3.2008 lege ich Rechtsbeschwerde ein.

Ich rüge die Verletzung materiellen Rechts.

Ich rüge die Verletzung formellen Rechts: Ich habe im Verfahren keinen Vollzugsplan erhalten.

Zusätzlich, ergänzend, verweise ich auf den Inhalt meines hier vorgelegten Schriftsatzes.

Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

1.

Die nach § 116 Abs. 1 StVollzG statthafte Rechtsbeschwerde ist, soweit sie die allgemeine Sachrüge erhebt, form- und fristgerecht (§ 118 StVollzG) erhoben und auch im Übrigen zur Fortbildung des Rechts zulässig; die erhobene Verfahrensrüge erweist sich als unzulässig.

a) Sachrüge:

aa)

Zwar hat der Beschwerdeführer ausdrücklich keine Erklärung dahingehend abgegeben, inwieweit er die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 18.3.2008 anfechte, wie dies nach § 118 Abs. 1 Satz 2 StVollzG erforderlich gewesen wäre, sondern die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags erweist sich aber als unschädlich, da das Ziel der Rechtsbeschwerde aus deren Inhalt oder aus dem Gang des Verfahrens eindeutig hervorgeht. In der Erhebung der uneingeschränkt erhobenen allgemeinen Sachrüge ist regelmäßig die Erklärung zu sehen, dass der inmitten stehende Beschluss insgesamt angefochten werde (Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 344 Rn. 2/3 für die Revision m.w.N.). So liegt es hier; Anhaltspunkte für eine Beschränkung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

bb).

Die Sachrüge ist nur als allgemeine zulässig erhoben. Soweit der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz, der als Anlage zu Protokoll genommen wurde materielle Rechtsausführungen getätigt haben sollte, kann der Senat diese nicht berücksichtigen.

Hinsichtlich der Erhebung einer Rechtsbeschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle stellt die Rechtsprechung strenge Anforderungen, um zu verhindern, dass das Rechtsbeschwerdegericht mit der Prüfung grundloser, unverständlicher oder sonst unzulässiger Anträge überhäuft wird. Hiernach muss der Rechtspfleger, der als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle tätig wird, die ihm vorgetragenen Anträge auf Form und Inhalt prüfen, den Antragsteller belehren, auf Vermeidung offenbar unzulässiger Anträge hinwirken und zulässigen Anträgen einen angemessenen und klaren Ausdruck geben. Die Begründung des Beschwerdeführers darf er nur zugrunde legen, wenn er für deren Inhalt und Form auch die Verantwortung übernehmen kann. Dieser Verpflichtung wird er nicht gerecht, wenn er als bloße Schreibkraft des Antragstellers oder nur als Briefannahmestelle tätig wird. Deshalb ist eine Rechtsbeschwerde grundsätzlich unzulässig, wenn der Urkundsbeamte sich den Inhalt des Protokolls vom Antragsteller diktieren lässt oder wenn er sich darauf beschränkt, einen Schriftsatz des Antragstellers wörtlich abzuschreiben. Dies gilt auch dann, wenn der Urkundsbeamte einen Schriftsatz des Antragstellers lediglich mit den üblichen Eingangs- und Schlussformeln eines Protokolls ...

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