Leitsatz (amtlich)
1. Ein Wohnungsrecht kann unter der auflösenden Bedingung, dass der Berechtigte das Anwesen auf Dauer verlässt, bestellt werden (sog. Wegzugsklausel).
2. Der Nachweis, dass das Grundbuch infolge des Wegzugs des Berechtigten i.S.d. § 22 Abs. 1 GBO unrichtig geworden ist, kann durch die Vorlage einer Meldebescheinigung gemäß § 18 Abs. 2 BMG nicht geführt werden.
3. Es steht den Beteiligten frei, vertraglich erleichterte Löschungsvoraussetzungen zu vereinbaren.
Normenkette
BGB § 158 Abs. 2, § 1093; BMG § 18 Abs. 2; GBO § 22 Abs. 1
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt - Grundbuchamt - vom 27.03.2024 wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 24.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte ist Eigentümerin von Grundbesitz.
In Abteilung II unter der laufenden Nummer 1 ist ein auflösend bedingtes Wohnungsrecht für die Mutter der Beteiligten eingetragen. Gemäß der notariellen Bewilligung vom 03.06.2011 erlischt das Wohnungsrecht für den Fall, dass die Berechtigte auf Dauer, das heißt nicht nur vorübergehend, das Anwesen verlässt, insbesondere ihren Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt verlegt. Eine Regelung, wie dieser Nachweis zu führen ist, ist in der Urkunde nicht enthalten.
Unter dem 24.10.2023 beantragte der Urkundsnotar gemäß § 15 GBO die Löschung des Wohnungsrechts wegen Verlegung des Hauptwohnsitzes sowie Lebensmittelpunktes. Beigefügt waren ein notariell beglaubigter Antrag mit Bewilligung der Beteiligten sowie eine mit Dienstsiegel und Unterschrift versehene "Hausauskunft" der Gemeindeverwaltung D. vom 27.09.2023. Aus dieser ergibt sich, dass in der Zeit vom 05.08.2015 bis 27.09.2023 andere Personen, nicht aber die Berechtigte des Wohnungsrechts im Anwesen der Beteiligten gemeldet waren. Die Bescheinigung genügte dem Grundbuchamt nicht, so dass es mit Zwischenverfügung vom 15.12.2023 die Vorlage einer formgerechten Löschungsbewilligung der Berechtigten forderte. Der Senat hat diese mit Beschluss vom 20.02.2024 (Az.: 34 Wx 335/23 e) deshalb aufgehoben, weil mit einer Zwischenverfügung nicht die Vorlage einer nach Auffassung des Grundbuchamts erforderlichen Berichtigungsbewilligung aufgegeben werden kann, wenn der Berichtigungsantrag darauf gestützt wird, dass der Unrichtigkeitsnachweis geführt sei. In dieser Konstellation sei der Antrag sofort zurückzuweisen. Das Grundbuchamt hatte daher erneut über den Antrag vom 24.10.2023 zu entscheiden.
Mit Schreiben vom 13.03.2024 reichte der Urkundsnotar eine Meldebescheinigung der Gemeinde D. gemäß § 18 Abs. 2 BMG nach, aus welcher sich ergibt, dass die Berechtigte des Wohnungsrechts seit 09.07.2015 mit der Anschrift in L. und nicht mehr in D. gemeldet ist.
Mit Beschluss vom 27.03.2024 wies das Grundbuchamt den Antrag zurück. Die Meldebescheinigung gelte zwar als öffentliche Urkunde nach den §§ 415 ff. ZPO, besitze aber nur eingeschränkte Beweiskraft. Es werde nicht nachgewiesen, dass die Angaben in der Meldebescheinigung korrekt und vollständig sind. Vielmehr werde nur bescheinigt, dass die entsprechenden Daten im Melderegister nach § 3 BMG aktuell gespeichert sind. Mit der vorgelegten Meldebescheinigung könne daher allenfalls der Nachweis geführt werden, dass seitens der Berechtigten ein Wohnungswechsel gemeldet worden ist, nicht hingegen, ob er auch tatsächlich vollzogen wurde und auf Dauer angelegt ist.
Hiergegen legte der Urkundsnotar mit Schreiben vom 30.04.2024 Beschwerde ein, beigefügt war eine beglaubigte Abschrift der Meldebescheinigung. Er argumentiert, aus der Meldebescheinigung ergebe sich eindeutig, dass die Berechtigte ihren Hauptwohnsitz verlegt habe. Auf das tatsächliche Bewohnen komme es nicht an. Mit Beschluss vom 08.05.2024 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht München zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Gemäß § 71 Abs. 1 GBO findet die unbeschränkte Beschwerde gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts statt (Demharter, GBO, 33. Auflage, § 71 Rn. 12). Der Rechtsbehelf ist auch im Übrigen gemäß §§ 73, 15 Abs. 2 GBO zulässig. Der Urkundsnotar hat das Rechtsmittel ausdrücklich für die Beteiligte eingelegt.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Die Löschung des Wohnungsrechts kann nicht im Wege der Berichtigung nach § 22 Abs. 1 GBO erfolgen. Unrichtig i.S. dieser Bestimmung ist das Grundbuch nach der Vorgabe des § 894 BGB dann, wenn sein Inhalt hinsichtlich eines Rechts an einem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 BGB bezeichneten Art mit der wahren, also materiellen Rechtslage nicht übereinstimmt (Senat, Beschluss vom 24.01.2022 - 34 Wx 437/21 = FGPrax 2022, 59, 60; BayObLG Rpfleger 1988, 254, 255; Demharter § 22 Rn. 4; Hügel/Holzer, GBO, 5. Auflage, § 22 Rn. 25). Dabei fordert der Unrichtigkeitsnachweis als Ersatz für die Berichtigungsbewilligung den vollen Nachweis der Unr...