Leitsatz (amtlich)
1.
Zur Anwendung von Bewertungsgrundsätzen für Zeiträume vor deren Inkrafttreten.
2.
Es bestehen keine sachlichen Einwände, im Rahmen der Ermessensentscheidung zur Festsetzung des Geschäftswerts von Spruchverfahren vor Inkrafttreten des Spruchverfahrensgesetzes dessen Kriterien zu berücksichtigen.
3.
Ein Rechtsanwalt, der Antragsteller in einem Spruchverfahren ist, kann nicht die Erstattung von in eigener Sache angefallenen Gebühren nach dem Rechtsanwaltsgebührenrecht verlangen. Für eine entsprechende Anwendung von § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Allgemeinen und in Spruchverfahren im Besonderen kein Raum.
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 5 HKO 1080/96) |
Tenor
I.
Der Beschluss des Landgerichts München I vom 25. Februar 2002 wird wie folgt abgeändert:
1.
In Ziff. I wird die Abfindung auf 303,40 EUR festgesetzt.
2.
In Ziff. II wird der Ausgleich auf 22 EUR brutto je Aktie abzüglich Körperschaftsteuerbelastung nebst Solidaritätszuschlag in der Höhe des jeweils geltenden Tarifs festgesetzt.
II.
Die Beschlüsse des Landgerichts München I vom 30. Juli 2002, vom 16. Oktober 2002 und vom 30. Oktober 2002 werden aufgehoben.
1.
Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit erster Instanz der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zu 1, 3, 8, 10, 11, 16, 17, 18, 19 wird auf 190.000 EUR , für die Antragsteller zu 2, 4, 5, 6, 7, 12, 13, 15, 24 auf 250.000 EUR , für die Antragsteller zu 14, 25 auf 400.000 EUR , für den Antragsteller zu 9 auf 500.000, für den Antragsteller zu 23 auf 550.000 EUR und für den Antragsteller zu 22 auf 1.100.000 EUR festgesetzt.
2.
Die Anträge der Antragsteller zu 20 und 21 auf Festsetzung des Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit erster Instanz werden verworfen.
III.
Im Übrigen werden die Beschwerden und die Anschlussbeschwerden zurückgewiesen.
IV.
Die Antragsgegnerinnen tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.
Sie haben den Antragstellern die im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
V.
Der Geschäftswert beider Instanzen wird auf 7,5 Mio. EUR festgesetzt. Insoweit wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 25. Februar 2002 abgeändert.
VI.
Die von der Antragsgegnerin zu 1 im Verfahren der sofortigen Beschwerde zu erstattenden Vergütungen und Auslagen werden einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer für den Vertreter der außenstehenden Aktionäre für die Abfindung und für den Vertreter der außenstehenden Aktionäre für den Ausgleich auf je 28.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin zu 1 ist die frühere F. - Rückversicherungs AG, welche eine international tätige Rückversicherungsgesellschaft war. Ihr Grundkapital betrug 1995 181.810.200 DM und war in 3.636.204 Namens- bzw. Inhaberaktien eingeteilt. Die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin zu 1 schloss mit der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin zu 2 am 31.10.1995 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Die Eintragung des Vertrages in das Handelsregister erfolgte am 3.12.1996, deren Bekanntmachung im Bundesanzeiger datiert vom 7.1.1997.
Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hielt die Antragsgegnerin zu 2 rund 90% der Aktien der Antragsgegnerin zu 1. In § 4 Abs. 1 des Vertrages garantierte die herrschende Gesellschaft den außenstehenden Aktionären als Ausgleich für jedes volle Geschäftsjahr je Aktie im Nennbetrag von DM 50,- die Zahlung eines Betrages in Höhe von DM 20,60. Ferner verpflichtete sich die herrschende Gesellschaft in § 5 des Vertrages, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs eine Barabfindung je Aktie im Nennbetrag von DM 50,-- in Höhe von DM 424,-- zu bezahlen. Die Hauptversammlung der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin zu 1 stimmte am 14.12.1995 dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 31.10.1995 zu.
Gegen den Beschluss der Hauptversammlung vom 14.12.1995 wurden Anfechtungsklagen erhoben. Im Rahmen eines hierzu abgeschlossenen Prozessvergleichs erfolgte ein erhöhtes Kaufangebot zu DM 500,- je Aktie im Nennbetrag von DM 50,-. Der Jahresdurchschnittskurs sämtlicher an der Börse gehandelten Aktienkategorien betrug vor dem Stichtag ca. DM 386,--.
Die Antragsteller beantragten die gerichtliche Festsetzung der angemessenen Barabfindung und des angemessenen Ausgleichs.
Mit Beschluss vom 25.2.2002 setzte das Landgericht die Abfindung auf 320 EUR je Aktie und den Ausgleich hierfür auf 13,20 EUR fest. Der Gegenstandswert für das Verfahren erster Instanz betrug nach der landgerichtlichen Entscheidung 29 Mio. EUR. Die Vergütung der Vertreter der außenstehenden Aktionäre wurde auf jeweils 30.000 EUR festgesetzt.
Gegen den landgerichtlichen Beschluss legten folgende Verfahrensbeteiligten sofortige Beschwerde ein
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der Antragsteller zu 21 am 2.4.2002
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die Antragsteller zu 22 - 25 am 2.4.2002
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die Antragsgegnerinnen am 2.4.2002
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die Antragsteller zu 13 a bis d am 3.4.2002.
Des Weiteren legten folgende Antragsteller Anschlussbeschwerde ein: