Leitsatz (amtlich)
Auch ein Erbvertrag, der eine Leistungsverpflichtung des Bedachten enthält, ist grundsätzlich geeignet, die Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt nachzuweisen.
Normenkette
BGB § 2276 Abs. 1 S. 1, § 2295; GBO § 35 Abs. 1
Verfahrensgang
AG München - Grundbuchamt (Beschluss vom 25.10.2011; Aktenzeichen Schäftlarn, Blatt 1762) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des AG München - Grundbuchamt - vom 25.10.2011 aufgehoben.
II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Beteiligten auf seinen Antrag vom 20.6.2011 als Eigentümer des im Grundbuch des AG München von Schäftlarn Bl. 1762 vorgetragenen Grundstücks Flst 1117/7 sowie auf diesem Grundstück die mit notarieller Urkunde vom 16.6.2011 bestellte Grundschuld über 25.000 EUR für die Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg einzutragen.
Gründe
I. Der Beteiligte ist in Erbengemeinschaft mit seiner Mutter Marie F. im Grundbuch zur Hälfte als Eigentümer von Grundbesitz (Gebäude- und Freifläche) eingetragen. Eigentümerin des anderen Hälfteanteils ist seine Mutter, die am 6.3.2011 verstorben ist. Mit am 20.6.2011 eröffnetem Erbvertrag vom 21.1.1991 hatte die Verstorbene den Beteiligten zum Alleinerben eingesetzt. Bezogen auf diesen Grundbesitz hat der Beteiligte unter IV. 2. für die Erbeinsetzung folgende Gegenleistungen übernommen:
1. ...
2. Frau Marie F. ist berechtigt, vorstehendes Anwesen auf Lebensdauer unentgeltlich zu bewohnen, wobei sie lediglich die Verbrauchskosten (...) zu tragen hat.
Herr ... (= Beteiligter) verpflichtet sich, alle übrigen Kosten, die für den genannten Grundbesitz, insbesondere für den Unterhalt des Hauses anfallen, ab heute allein zu tragen.
Er verpflichtet sich außerdem, das Haus in einem stets bewohnbaren und beheizbaren Zustand zu erhalten.
Mit notarieller Urkunde vom 16.6.2011 bestellte der Beteiligte für ein Kreditinstitut eine Grundschuld i.H.v. 25.000 EUR auf dem Grundbesitz und beantragte und bewilligte die Eintragung im Grundbuch. Zudem beantragte er unter Verweis auf den Erbvertrag und die Nachlassakte Grundbuchberichtigung.
Mit Zwischenverfügung vom 21.7.2011 setzte das Grundbuchamt dem Beteiligten Frist zur Vorlage eines Erbscheins, da der notarielle Erbvertrag nicht als Erbnachweis genüge. Aus ihm ergebe sich das Erbrecht des Beteiligten nicht in eindeutiger Weise. Wegen der Erbeinsetzung unter der Übernahme von Gegenleistungen durch den Beteiligten könne die Erbeinsetzung wieder weggefallen sein. Zwar bestehe die Möglichkeit, dass der Erblasser nur ein Rücktrittsrecht nach § 2295 BGB erlangt habe, was zur Folge hätte, dass die Nichtausübung des Rücktrittsrechts dem Grundbuchamt nicht nachzuweisen sei. Die Nichterfüllung der Verpflichtung könne aber auch zur auflösenden Bedingung der Erbeinsetzung gemacht worden sein (§ 158 Abs. 2 BGB), und zwar auch stillschweigend, was bei Leistungsverpflichtungen während der Lebensdauer der Erblasserin nahe liege. Eine Auslegung, welche Variante gewollt sei, sei dem Grundbuchamt nicht möglich. Hierauf komme es aber entscheidend an, da bei Vorliegen einer auflösender Bedingung ein Erbschein verlangt werden müsse. Es stehe nicht fest, dass der Beteiligte alle Kosten - wie vereinbart - getragen und das Haus in einem stets bewohnbaren Zustand erhalten habe. Dass er seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei, sei nicht nur eine ganz entfernt liegende Möglichkeit.
Mit Beschluss vom 25.10.2011 hat das Grundbuchamt die Eintragungsanträge kostenpflichtig zurückgewiesen, da die in der Zwischenverfügung aufgezeigten Eintragungshindernisse in der gesetzten Frist nicht behoben worden seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten. Abgesehen von formellen Beanstandungen wird diese u.a. darauf gestützt, dass die Voraussetzungen, unter denen das Grundbuchamt trotz einer in einer notariellen Urkunde enthaltenen letztwilligen Verfügung die Vorlage eines Erbscheins verlangen könne, nicht gegeben seien. Abstrakte Zweifel oder bloße Vermutungen reichten nicht. Dabei könnten hier etwaige Nachweise wie gegenüber dem Nachlassgericht geführt werden. Zumindest sei als Nachweisform die eidesstattliche Versicherung zuzulassen.
Im konkreten Fall sei mit dem Erbvertrag ein Rechtsgeschäft unter Lebenden verbunden. Die vom Grundbuchamt gefundene Auslegung entspreche nicht der Rechtslage und dem Sachverhalt. Bei einem notariellen Erbvertrag mit Vertrag unter Lebenden sei es unwahrscheinlich, dass die Urkunde dazu schweigen würde, wenn man den Wegfall der Verpflichtung unter Lebenden als Bedingung für die Erbeinsetzung vereinbaren wollte. Über § 2295 BGB sei ein ausreichendes Mittel für den Erblasser gegeben, um zu reagieren. Auch nach § 2295 BGB müsse die Verpflichtung als solche weggefallen sein, was aber auch für den Eintritt einer auflösenden Bedingung zu fordern sei.
Im Übrigen habe die Erblasserin bis zu ihrem Tod in dem Anwesen gewohnt. Angesichts der Umstände sei eine Schlechterfüllung der Unterhalts- und Erhaltungspflicht durch den Erben unwahrscheinlich.
Das Grundbuchamt ...