Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 31.05.2016; Aktenzeichen 33 O 6198/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.06.2022; Aktenzeichen I ZR 55/17)

 

Tenor

I. Die Berufungen der Klägerinnen und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des LG München I vom 31.05.2016 werden zurückgewiesen.

II. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten im Berufungsverfahren haben die Beklagte 7/10 und die Klägerinnen jeweils 1/10 zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen haben die Beklagte jeweils 7/10 und die Klägerinnen jeweils 3/10 zu tragen.

III. Dieses Urteil und das Urteil des LG sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziffer 1. des landgerichtlichen Urteils in Bezug auf jede der Klägerinnen durch Sicherheitsleistung in Höhe von je 90.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Im Übrigen können die Parteien die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerinnen machen gegen die Beklagte urheberrechtliche Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsansprüche im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Sharehostingdienstes geltend.

Bei den Klägerinnen handelt es sich um bekannte deutsche Musikunternehmen.

Die Klägerin zu 1) ist an den in der Anlage 1a aufgeführten Musikaufnahmen der Interpretin Andrea Berg, die Klägerin zu 2) ist an den in Anlage K 1b aufgeführten Musikaufnahmen der Interpretin Volbeat und die Klägerin zu 3) ist an den in Anlage K 1c aufgeführten Musikaufnahmen der Interpretin Frida Gold Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung.

Die Beklagte betreibt über die Webseiten u.net, u.to und u[x].to den Dienst "u.". Es handelt sich dabei um einen so genannten Sharehoster. Dieser Dienst bietet Speicherplatz für den Upload von Dateien beliebigen Inhalts. Sobald der Upload-Prozess abgeschlossen ist, erstellt die Beklagte automatisch einen elektronischen Verweis (Download-Link) auf den Dateispeicherplatz und teilt diesen dem Nutzer automatisch mit. Jeder, der diesen Link kennt, kann direkt auf die gespeicherten Daten zugreifen. Die Beklagte bietet für die bei ihr abgespeicherten Dateien weder ein Inhaltsverzeichnis an noch eine entsprechende Suchfunktion. Allerdings können Nutzer die Download-Links in so genannte Linksammlungen im Internet einstellen. Diese werden von Dritten angeboten und enthalten Informationen zum Inhalt der auf dem Dienst der Beklagten gespeicherten Dateien. Innerhalb dieser Linksammlungen können Internetnutzer gezielt nach bestimmten, sie interessierenden Dateien suchen. Über die Download-Links im Suchergebnis der Linksammlungen erhalten Nutzer dann Zugriff auf die auf den Servern der Beklagten abgespeicherten Dateien.

Der Download von Dateien von der Plattform der Beklagten ist kostenlos möglich. Der Downloadtraffic wird hierbei für die Nutzer beschränkt, und zwar für nicht registrierte Nutzer auf täglich 0,5 GB und für Nutzer mit einem Free-Account auf täglich 0,75 GB. Zahlende Nutzer, so genannte Premium-User, bekommen dagegen täglich ein Downloadtraffic-Kontingent von 30 GB, maximal sammelbar bis zu 500 GB. Bei ihnen wird die Downloadgeschwindigkeit nicht gedrosselt, sie können beliebig viele Downloads parallel tätigen und müssen zwischen einzelnen Downloads keine Wartezeit in Kauf nehmen. Der Preis für einen Premium-Account liegt zwischen 4,99 EUR für zwei Tage und 99,99 EUR für zwei Jahre.

Im Rahmen ihres sog. "Affiliate Program" vergütet die Beklagte die Uploader. Diese erhalten einen Teil der Einnahmen, die die Beklagte für Neukunden eines Premium-Accounts erzielt, wenn dieser Neukunde über einen durch den betreffenden Uploader erzeugten Link angeworben wurde. Auch bei einer Verlängerung von Premium - Accounts des Downloaders wird der Uploader an den Einnahmen beteiligt. Daneben zahlt die Beklagte den Uploadern Downloadvergütungen. So kann der Nutzer für 1.000 erfolgte Downloads bis zu 40,00 EUR erhalten.

Der Dienst der Beklagten wird sowohl für legale Anwendungen genutzt als auch für solche, die Urheberrechte verletzen. Die Beklagte erhält und erhielt bereits in der Vergangenheit im großen Umfang "Abusemitteilungen". Der Beklagten sind jedenfalls über 9.500 Werke gemeldet worden, zu denen urheberrechtsverletzende Links auf ca. 800 der Beklagten bekannten Webseiten (Linksammlungen, Blogs, Foren etc.) eingestellt worden waren, deren Zahl ständig wächst.

In ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen untersagt es die Beklagte ihren Nutzern, Urheberrechtsverstöße über ihre Plattform zu begehen.

Auf der Grundlage von Recherchen im Zeitraum vom 11.12.2013 bis zum 19.12.2013 zeigten die Klägerinnen jeweils mit Schreiben vom...

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