Leitsatz (amtlich)
Zum Ausgleichsanspruch eines Kfz-Vertragshändlers analog § 89b HGB.
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 14 HKO 7839/04) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 260.265,62 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.3.2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits, mit Ausnahme der Kosten des Revisionsverfahrens, tragen der Kläger 27 % und die Beklagte 73 Prozent.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter der H. P. GmbH & Co. KG in Lübeck (im Folgenden: Gemeinschuldnerin) von der Beklagten eine Ausgleichszahlung nach Beendigung eines Vertragshändlervertrags. Die Gemeinschuldnerin und die Beklagte standen seit 1960/1961 in Geschäftsbeziehungen. Zuletzt bestimmte sich das Vertragsverhältnis nach dem Händlervertrag vom 1.7.1996 (Anlage K 1).
Mit Schreiben vom 10.1.2001 erklärte die Beklagte ggü. der Gemeinschuldnerin die ordentliche Kündigung des Händlervertrags mit Wirkung zum 31.1.2003 (Anlage K 2).
Am 28.1.2002 stellte die Gemeinschuldnerin Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Schreiben gleichen Datums (Anlage K 3) erklärte die Beklagte nunmehr die fristlose Kündigung des Händlervertrags unter Bezugnahme auf Ziff. 11.4 Buchst. a) des Händlervertrags, der ein Kündigungsrecht der Beklagten u.a. für den Fall vorsah, dass Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Händlers gestellt wird. Mit Schreiben vom 11.2.2002 (Anlage K 4) und seiner anwaltlichen Vertreter vom 7.3.2002 (Anlage K 5) machte der Kläger Ausgleichsansprüche geltend. Mit Schreiben vom 18.2.2002 (Anlage K 15) lehnte die Beklagte die Zahlung eines Ausgleichs ab und verwies dazu auf § 89b Abs. 3 HGB sowie die ihrer Ansicht nach nicht gegebene Anwendbarkeit des § 89b HGB auf BMW-Händlerverträge.
Mit Grundurteil vom 26.4.2006 hat der Senat unter Aufhebung des klageabweisenden Ersturteils erkannt, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, dem Kläger aufgrund des bis zum 28.1.2002 bestehenden Vertragshändlerverhältnisses in entsprechender Anwendung des § 89b HGB einen angemessenen Ausgleich zu bezahlen. Die Revision gegen dieses Urteil wurde nicht zugelassen. Die von der Beklagten hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss des BGH vom 16.10.2007 zurückgewiesen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass sich die Höhe des Ausgleichsanspruchs auf mindestens 357.904,32 EUR belaufe, da die Beklagte diesen Betrag (700.000 DM) der Gemeinschuldnerin anlässlich der ordentlichen Kündigung vom 10.1.2001 für die Überlassung der Kundenkartei geboten habe. In mindestens dieser Höhe ergebe sich der Ausgleichsbetrag auch nach allen gängigen Berechnungsmethoden.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 357.904,32 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2003 zu zahlen, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 357.904,32 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2003 Zug um Zug gegen Herausgabe der Kundendaten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Gegen die vom Kläger errechnete Höhe des Ausgleichsanspruch hat die Beklagte u.a. eingewandt, der Kläger habe mangels Vorlage der Kaufvertragsunterlagen die Berechnungsgrundlagen nicht schlüssig dargelegt, zu Unrecht habe er die von der Gemeinschuldnerin ihren Kunden in Rechnung gestellten Transportkosten rohertragserhöhend berücksichtigt, der Rohertrag sei um die den Kunden der Gemeinschuldnerin gewährten "verdeckten Nachlässe" zu reduzieren, die der Gemeinschuldnerin von der Beklagten gewährten Boni müssten als Entgelt für handelsvertreteruntypische Leistungen angesehen werden und daher unberücksichtigt bleiben, 47,21 % der von der Gemeinschuldnerin erzielten "Provisionen" seien als Entgelt für "verwaltende" Leistungen nicht ausgleichspflichtig und aufgrund des erheblichen Anteils an gewerblichen Kunden und Leasingkunden sei der Berechnung des Ausgleichs ein Prognosezeitraum von nur vier Jahren zugrunde zu legen. Ferner macht die Beklagte höhere Abwanderungsquoten geltend als die vom Kläger angenommenem Quoten und beruft sich im Rahmen des Billigkeitsabschlags nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB auf die besondere Sogwirkung der Marke BMW.
Im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschriften der mündlichen Verhandlungen vom 26.4.2006 und 23.1.2008 Bezug genommen.
B. Der dem Kläger durch das rechtskräftige Urteil vom 26.4.2006 dem Grunde nach bereits zuerkannte Ausgleichsanspruch nach § 89...