Leitsatz (amtlich)

Zum Pflichtenkreis der GEMA im Verhältnis zum Berechtigten im Rahmen von Berechtigungsverträgen.

 

Normenkette

pVV; UrhG § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 14.05.2008; Aktenzeichen 21 O 10556/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 01.12.2010; Aktenzeichen I ZR 70/09)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 14.5.2008 aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Die Kläger, zwei Komponisten, haben mit der Beklagten, der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, Berechtigungsverträge geschlossen. Sie sind der Auffassung, die Beklagte habe ihre Interessen im Zusammenhang mit Musikkompositionen, die auf einer von der A. B. GmbH & Co. KG (im Folgenden: A.) produzierten und vertriebenen Gratis-CD-ROM (vgl. Anlage B 9) enthalten waren, nur unzureichend wahrgenommen; die Beklagte habe sich nämlich im Wege einer Einigung mit A. mit einer Gesamtsumme von 1.383.214,30 DM [= 707.226,24 EUR] begnügt, während den Klägern tatsächlich eine weitere Forderung i.H.v. 3.698.692,63 EUR zustünde. Hiervon machen die Kläger im Wege einer Teilklage einen Teilbetrag i.H.v. 1.000.000 EUR geltend.

Die Kläger haben in erster Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 1.000.000 EUR nebst 8 % Zinsen hieraus seit dem 1.1.2001 zu bezahlen.

Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen und das Verfahren zwecks Anrufung der Schiedsstelle auszusetzen.

Das LG hat mit Urteil vom 14.5.2008, berichtigt durch Beschluss vom 25.8.2008, gemäß dem Klageantrag entschieden.

Auf die in diesem Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, das LG habe den Klägern zu Unrecht einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 1.000.000 EUR zzgl. Nebenforderungen zugesprochen. Hinsichtlich des Berufungsvorbringens im Einzelnen wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 17.9.2008 (Bl. 144/170) und vom 9.2.2009 (Bl. 191/204) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des LG München I vom 14.5.2008 die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen in der Berufungsinstanz, die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil und tragen unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor, die Beklagte hafte den Klägern sowohl wegen Verletzung der zwischen den Parteien bestehenden Berechtigungsverträge als auch gem. § 97 UrhG nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie. Hinsichtlich des Vorbringens der Kläger im Berufungsverfahren im Einzelnen wird auf die Schriftsätze der Kläger vom 1.12.2008 (Bl. 175/189) und vom 25.3.2009 (Bl. 205/220) Bezug genommen.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

I. Den Klägern steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch gegen die Beklagte nicht aufgrund einer Verletzung der mit den Klägern geschlossenen Berechtigungsverträge nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung zu.

1. Allerdings kann die Beklagte mit ihrer Rüge, das LG habe gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen, weil es einen Schadensersatzanspruch ausgeurteilt habe, den die Kläger zu keiner Zeit geltend gemacht hätten, nicht durchdringen. Zum einen haben sich die Kläger durch den Antrag auf Zurückweisung der Berufung den vom LG ausgeurteilten Schadensersatzanspruch zu Eigen gemacht. Zum anderen haben die Kläger, wie sich aus einer Auslegung der Klageschrift ergibt, bereits in erster Instanz einen Schadensersatzanspruch geltend gemacht. Dies ergibt sich insbesondere aus S. 15 und aus S. 22 der Klageschrift. Auf S. 15 der Klageschrift wird den Beklagten eine grobfahrlässige Verletzung des zwischen den Parteien bestehenden Treuhandverhältnisses angelastet. Auf S. 22 wird ausgeführt, dass nur ein Teilbetrag geltend gemacht werde und dass die Geltendmachung des darüber hinausgehenden Schadens ausdrücklich vorbehalten bleibe; dem ist zu entnehmen, dass auch der genannte Teilbetrag als zu ersetzender Schaden geltend gemacht wird.

2. Der Beklagten kann nach dem Sach- und Streitstand indes keine einen Schadensersatzanspruch begründende schuldhafte Verletzung der mit den Klägern geschlossenen Berechtigungsverträge angelastet werden. Allerdings ist die Beklagte aufgrund ihrer Treuhänderstellung nach dem Berechtigungsvertrag ggü. dem Berechtigten grundsätzlich verpflichtet, im Falle der bekannt gewordenen Verletzung von ihr wahrgenommener Vervielfältigungs- oder Verbreitungsrechte seitens eines Dritten von einem solchen Verletzer Schadensersatz in Höhe einer angemessenen Lizenzgeb...

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