Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz, Prospekt, Schadensersatzanspruch, Prospekthaftung, Emissionsprospekt, Berufung, Beteiligung, Anleger, Vertragsschluss, Annahmeverzug, Abtretung, Fondsgesellschaft, Anlageentscheidung, Agio, Zug um Zug, Ergebnis der Beweisaufnahme, Aussage des Zeugen
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 03.06.2022; Aktenzeichen 40 O 4308/22) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Schlussurteil des Landgerichts München I vom 03.06.2022, Az. 40 O 4308/22 in Ziffer 1 seines Tenors wie folgt abgeändert und neu gefasst:
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 26.015,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus einem Betrag von 24.883,12 EUR seit 30.10.2018 sowie aus einem weiteren Betrag von 1.131,94 EUR seit 26.10.2021 zu zahlen Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte und Pflichten an und aus der Beteiligung der Klägerin an der Beklagten zu 2) (Beteiligungsnummer SI-KG-...21) an die Beklagte zu 1).
2. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das in Ziffer 1 bezeichnete Schlussurteil des Landgerichts München I in Ziffern 2 und 3 seines Tenors aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen.
3. Das in Ziffer 1 bezeichnete Schlussurteil des Landgerichts wird in Ziffer 4 seines Tenors klarstellend wie folgt gefasst:
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Annahme der Gegenleistung gemäß Ziffer 1. in Annahmeverzug befindet.
4. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zu 1) zurückgewiesen.
5. Die Beklagte zu 1) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
6. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 bezeichnete Schlussurteil des Landgerichts München I, soweit es noch Bestand hat, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
7. Die Revision gegen dieses Urteil zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
Gründe
A. Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung einer Gesellschaftsbeteiligung.
Die Klägerin beteiligte sich durch Beitrittserklärung vom 17.03.2009 laut Anl. K 1 über einen Treuhänder an der Beklagten zu 2), deren Gründungsgesellschafterin und Komplementärin die Beklagte zu 1) (damals noch in der Form einer AG) war, mit einer Einlage von nominal 80.000,- EUR zuzüglich 6% Agio. Die Beteiligung hatte Herr T. vermittelt.
Die Klägerin zahlte auf ihre Beteiligung 56.150,00 EUR an die Beklagte zu 2).
Zum Zeitpunkt des Beitritts der Klägerin zur Beklagten zu 2) war Herr T. E. sowohl Alleinvorstand der Beklagten zu 1) als auch Geschäftsführer der M. E. GmbH (im Folgenden als M. bezeichnet) und an beiden Gesellschaften kapitalmäßig beteiligt. Er war darüber hinaus auch Geschäftsführer der O. Management GmbH, die von der Beklagten zu 1) mit dem Untervertrieb der Beteiligungen an der Beklagten zu 2) beauftragt war. Die Eigenschaft der Beklagten zu 1) sowohl als Komplementärin der Beklagten zu 2) als auch als Kapitalvermittlerin und die Rolle des Herrn E. in diesen Gesellschaften sind in dem Emissionsprospekt vom 10.07.2007 laut Anl. K 2 (dort S. 42 unter Nr. 12.1 Abs. 5), der am 09.08.2007 veröffentlicht wurde, angegeben; nicht erwähnt sind hingegen die M. und die O. Management GmbH sowie die Bezüge des Herrn E. zu diesen beiden Gesellschaften.
Mit Schreiben der Klägervertreter vom 05.06.2018 (Anl. K 3), das per Fax am selben Tag bei der Beklagten zu 1) einging, kündigte die Klägerin ihre Beteiligung an der Beklagten zu 2) außerordentlich fristlos.
Die Beklagte zu 2) erstellte unter dem 09.01.2021 zum Stichtag 06.06.2018 eine Auseinandersetzungsbilanz (Bl. zu 250 d.A.) und ermittelte ein Auseinandersetzungsguthaben der Klägerin in Höhe von 31.266,88 EUR, das sie in der Folge an die Klägerin auszahlte.
Mit Einkommensteuerbescheid vom 21.06.2021 für den Veranlagungszeitraum 2010 (Anl. K 1a, geheftet als Bl. zu 295/299 d.A.) setzte das Finanzamt Fürstenfeldbruck in Abänderung des Einkommensteuerbescheids vom 12.09.2011 gegen die Klägerin ausschließlich aufgrund ihrer Beteiligung an der Beklagten zu 2) eine Einkommensteuernachzahlung in Höhe von 1.131,94 EUR fest. Diese beglich die Klägerin am 21.07.2021 (Anl. K 1b, geheftet als Bl. zu 295/299 d.A.).
Die Klägerin behauptete, die Beteiligung sei von der M. aufgrund eines Untervertriebsvertrages mit der Beklagten zu 1) vermittelt worden. Der Vermittler T. habe für die Medius gehandelt, jedenfalls habe die Klägerin diesen Eindruck gewinnen müssen.
Vor der Zeichnung sei die Klägerin nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Den Emissionsprospekt laut Anl. K 2 habe sie erst nach der Zeichnung ausgehändigt bekommen und im Vertrauen auf die durchgeführte Beratung abgeheftet, ohne ihn zu lesen (vgl. Schriftsatz des Klägervertreters vom 16.01.2...