Leitsatz (amtlich)
Zur Berechnung des Rückgewähranspruches nach Schenkungsanfechtung von Auszahlungen der nachmaligen Schuldnerin bei Schneeballsystem.
Normenkette
InsO §§ 134, 143 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 19.03.2009; Aktenzeichen 24 O 3473/08) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG Landshut vom 19.3.2009 aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckbaren Betrags leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 11.3.2005 am 1.7.2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der P. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Er macht im vorliegenden Verfahren den zweitrangigen Teil eines Rückgewähranspruches nach Insolvenzanfechtung geltend.
Die Schuldnerin bot unter der Produktbezeichnung "P. M. A." (nachfolgend: PMA) ihren Kunden die Möglichkeit an, am Erfolg oder Misserfolg von Optionsgeschäften teilzunehmen. Sie warb mit jährlich zu erzielenden Renditen zwischen 8,7 % und 14,07 %. Der Beklagte erklärte am 26.2.1996 seinen Beitritt. Im Zeitraum seiner Beteiligung erlitt die Schuldnerin tatsächlich Verluste. Um diese zu verschleiern, leitete sie den Anlegern Kontoauszüge zu, in denen frei erfundene Gewinne ausgewiesen waren. Die Gelder der Anleger wurden nur zu einem geringen Teil und später überhaupt nicht mehr in Termingeschäften angelegt. Die Einlagen von Neukunden verwendete die Schuldnerin in der Art eines "Schneeballsystems" für Aus- und Rückzahlungen an Altkunden.
Der Beklagte leistete am 1.3.1996 eine Einlage von umgerechnet EUR 15.338,76 (30.000 DM) zzgl. eines Agios von umgerechnet EUR 997,02 (1.950 DM), insgesamt EUR 16.335,78 (31.950 DM). Er erhielt am 31.12.2001 eine Auszahlung von umgerechnet EUR 14.316,17 (28.000 DM) und am 31.10.2002 eine solche von EUR 5.000,00.
Mit seiner vor dem AG Landshut unter dem Aktenzeichen 2 C 1317/08 rechtshängigen Klage verlangt der Kläger als erstrangigen Teil des Anspruches aus Insolvenzanfechtung den Differenzbetrag zwischen den an den Beklagten geleisteten Auszahlungen und seiner Einlage ( EUR 3.977,41).
Die Höhe seines Rückgewähranspruches aus Insolvenzanfechtung beziffert der Kläger, gestützt auf die Darstellung über die "Verteilung des realen Handelsergebnisses und Neuberechnung der Gebühren für Managed-Account-Konten" des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters O. L. vom 9.3.2007 (Anlage K 10), auf insgesamt EUR 13.100,40 (Anlage K 11). Als zweitrangigen Teil dieses Anspruches fordert der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit den den Klageantrag im amtsgerichtlichen Verfahren überschießenden Betrag von EUR 9.122,99 zzgl. Zinsen hieraus. Der Berechnung liegt die Annahme zugrunde, dass nach Anfechtung des ausbezahlten Scheingewinnes alles zurückzugewähren sei, was den Betrag übersteigt, der sich als Einlagenrückzahlungsanspruch des Anlegers unter Zugrundelegung der Vertragsbedingungen der PMA-Anlage errechnen würde. Demgemäß hat der Kläger die nach seiner Darstellung real erlittenen Handelsverluste im PMA-Segment auf die Einlagen der Anleger umgelegt und auf der Grundlage des so ermittelten "bereinigten" Kontostandes die vertragliche Bestandsprovision berechnet und dem Anlegerkonto belastet. Die Differenz zwischen dem so berechneten Aus- und Rückzahlungsanspruch des Anlegers und den tatsächlich geleisteten Auszahlung(en) stellt nach Ansicht des Klägers den Rückgewähranspruch aus Insolvenzanfechtung dar.
Der Beklagte bestreitet die Richtigkeit der der Berechnung zugrunde gelegten Tatsachen und hält die Rechtsansicht des Klägers zum Umfang des Anspruches aus Anfechtung für unzutreffend.
Das LG hat am 19.3.2009 die Klage in vollem Umfang zugesprochen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten mit dem Ziel der Klageabweisung.
Im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 4.8.2009 Bezug genommen.
II. Die Berufung des Beklagten erweist sich als begründet und führt zur Abweisung der Klage.
Der Insolvenzverwalter kann die Auszahlung von im sog. Schneeballsystem erzielten Scheingewinnen durch die spätere Insolvenzschuldnerin als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten mit der Folge der Rückgewähr in das Vermögen der Insolvenzschuldnerin im Umfang des § 143 Abs. 2 InsO (BGH, Urt. v. 11.12.2008 - IX ZR 195/07, NJW 2009, 363; v. 25.6.2009 - IX ZR 157/08).
Danach hat der Empfänger, der - wie vorliegend - nicht weiß und nach den Umständen auch nicht wissen muss, dass die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt, die erlangte unentgeltliche Leistung gemäß d...